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Fulda: Von Morschen nach Hann. Münden

21 April 2019

Von Kripp nach Bonn

Das hier ist ein bekannter Vulkan aus dem Westerwald mit dem Namen Erpeler Ley. Daneben stehen zwei düstere Türme. Am gegenüberliegenden Ufer, also auf unserer Seite, standen zwei identische Türme. Was hat es damit auf sich?

Die Türme gehörten zur Ludendorff-Brücke, die heute meistens einfach Brücke von Remagen genannt wird. Hier überquerten die amerikanischen Soldaten im Zweiten Weltkrieg zum ersten Mal den Rhein, ganz ohne Probleme. Eigentlich wollte Hitler sie wie alle anderen Brücken sprengen lassen, aber man verwendete den falschen Sprengstoff. Zehn Tage nach der Überquerung stürzte die Brücke durch die Belastung und all die Bomben rundherum ein. In den Türmen auf der linken Seite befindet sich ein kleines Friedensmuseum (geschlossen).
Auf den Berghängen erheben sich Schlösser, eins davon gehörte dem Moderator Thomas Gottschalk. Das war ihm dann aber doch zu teuer und er verkaufte es wieder.
In Remagen gingen wir einkaufen. Es war allerdings der letzte Einkaufstag vor Ostern. Und so erlebten unsere Eltern ausgerechnet hier, wo ganz in der Nähe die Geburt der BRD stattfand, im Remagener Edeka zum ersten Mal wieder eine Einkaufsschlange wie in der DDR.

In Rolandseck erhebt sich über dem Bahnhof das Arp-Museum für moderne Kunst, wo sich die High Society der Künstler trifft.

Die Berge werden rechts niedriger und dann wieder ein bisschen höher. Der Westerwald wird abgelöst durch das Siebengebirge. Der Sage nach blockierten einst große Steinsbrocken den Rhein. Wohlwollende Riesen wollten den Menschen die Schifffahrt ermöglichen und räumten sie weg. Danach klopften sie sich den Matsch von den Schuhen. So entstand das Siebengebirge. Tatsächlich aber ist es ebenfalls vulkanischen Ursprungs. Es hat mehr als nur sieben Gipfel, gleich beim ersten Blick auf das Gebirge zählte ich neun. Im Siebengebirge wachsen außerdem die nördlichsten Weinreben am Rhein.
Im Rhein befindet sich eine Insel namens Nonnenwerth, wo ein Kloster gebaut wurde. Noch heute betreiben Franziskanerinnen dort eine Schule.
Die Grenze zweier Bundesländer verläuft hier kurz auf dem Rhein, dann kommt sie aus dem Wasser. Nun sind wir in Nordrhein-Westfahlen.

Und in Nordrhein-Westfahlen liegt am rechten Ufer erstmal ein Ort, der klingt wie aus einem Fantasyroman: Königswinter. Eine günstige Fähre (nur 1,70 Euro mit Fahrrad) fährt nach drüben.

Königswinter hat seltsame Bahnübergänge, die für Autos gesperrt sind und auf denen nach vielen Minuten ein Lautsprecher etwas Unverständliches krächzt, gefolgt von: "Aber der Zug kommt schon noch, ne?"
Hier startet die Drachenfelsbahn. Das ist die älteste Zahnradbahn in Deutschland. Sie hat ein ziemlich cooles Drachenlogo. Und das Drachen-Warnschild ist ja mal das beste Verkehrszeichen aller Zeiten.

Die Drachenfelsbahn hat sehr freundliche Verkäufer, bei denen ich meine Fahrradtaschen abstellen konnte, und witzige Zugführer, neben denen man auch sitzen kann.
Was habe ich nicht alles Negatives gelesen über den Drachenfels. Überfüllt, massentouristisch, gar nicht mehr romantisch soll er sein und extrem laut. Tja, das Osterwochenende hatte begonnen, es war warm und voll. Diesmal stimmte alles. Hier waren die Menschenmassen, die wir an der Loreley vermisst hatten.
Der Zug fasst 140 Personen und die Warteschlange war immerhin so lang, dass ich erst im übernächsten Zug Platz nehmen konnte. Ich setzte mich auf alte gepolsterte Bänke, und schließlich setzte sich die Bahn knirschend, quietschend, aber doch ziemlich schnell in Bewegung.
Die Drachenfelsbahn fährt im 15-Minuten-Takt steile Schienen hinauf und zwischen gräsernen Wällen und steinernen Mauern entlang. Die Steigung beträgt bis zu 200 Prozent. Ab und zu bieten sich auch tolle Ausblicke auf das Rheintal.
Hier hält die Bahn an der Mittelstation beim Schloss Drachenburg.

Das Schloss Drachenburg befindet sich auf der halben Höhe des Berges. Der reiche, etwas exzentrische Finanzfachmann Stephan von Sarter ließ es sich 1882 bauen, um einen tollen Wohnsitz zu haben. Vor seinem Tod wohnte er aber gar nicht mehr darin. Eine richtiges mittelalterliches Schloss ist das also nicht, nur ein Nachbau. Sarfters Neffe nutzte das Schloss zum ersten Mal touristisch als Museum mit Restaurant. Dann diente es als Katholische Heimschule, Adolf-Hitler-Schule für Nazi-Führungskräfte, Flüchtlingsheim und Schule der Reichsbahn. Zwischendurch stand es lange leer, bis ein anderer exzentrischer Privatmann namens Paul Spinat es restaurierte und bewohnte. Er baute zum Beispiel eine Fake-Orgel ein, auf der er gern mit den Händen klimperte, während ein Tonbandgerät die Musik spielte. (Seine Frau hielt ihn bis zu seinem Tod für einen großen Organisten.) Heute ist im Schloss eine Ausstellung mit alten Möbeln.
Ganz oben liegt die Ruine Drachenfels.

Die ist wirklich alt, aber schon sehr kaputt. Sie besteht aus mehr oder weniger zusammenhanglosen Steinmauern, zwischen denen sich Betonwege mit Eisengeländern hindurchschlängeln. Und an vielen Stellen erheben sich Baugerüste.

Was haben die beiden Burgen jetzt aber mit Drachen zu tun? Also, der Sage nach lebte auf dem Berg ein Drache, welcher artgerechtes Futter in Form von Jungfrauen erhielt. Eines Tages hatte eine der Jungfrauen eine Kette mit Kreuz um den Hals (die anderen waren wohl noch heidnisch gewesen). Der Drache erschrak vor dem christlichen Symbol so sehr, dass er in den Rhein plumpste und nicht mehr auftauchte. Ende.
Die Sage war dem Volksmund aber ein bisschen zu banal, deshalb legte man später einfach fest, dass hier in einer Höhle der Drache gehaust hatte, den Siegfried erschlagen hatte. So steht es ja im Nibelungenlied:

Der Drachenfels ist wegen Siegfrieden so bekannt.
Einen Linddrachen schlug des Helden Hand;
als er im Blut sich badete, ward hörnern seine Haut.
So wird der Felsen heute von Touristen angeschaut.

An der Mittelstation stehen eine Nibelungenhalle mit nachgestellten Sachen aus der Geschichte, eine Drachenhöhle mit einem 13 Meter langen Steindrachen und ein Reptilienzoo. Aber ohne echten Drachen kommt mir das irgendwie trotzdem witzlos vor. So als gäbe es in Andernach nur die Sage von einem Geysir und einen nachgebauten Geysir aus Glas, der sich nicht bewegt.
Ich bin aber trotzdem gern hochgefahren, weil ich Bergbahnen mag und das so ziemlich die letzte Chance war, noch einmal von einem Berg auf den Rhein zu schauen. Im Süden erheben sich noch viele Berge, die Koblenz & Co. verdecken.

Doch im Norden hören die Berge schon bald auf. Der Westerwald und das Siebengebirge sind da hinten zu Ende, die flache Kölner Bucht beginnt. Ganz hinten konnte ich tatsächlich schon Köln erkennen.

Naja, zurück ans andere Ufer. Erst einmal wollen wir nach Bonn. Wir sind schon längst in den Vororten von Bonn angekommen. Das hier ist das Villenviertel Bad Godesberg. (Villenviertel steht sogar auf dem Ortseingangsschild, und es trifft den Nagel ja wirklich auf den Kopf.) Hier lebten und wirkten viele der Politiker, die sich die Bundesrepublik Deutschland ausgedacht haben.
Dank Fahrradstraßen und Fahrradwegen lässt sich Bad Godesberg auf der Rheinallee gut durchqueren. Der Uferweg am Rhein geht zwar noch weiter, aber wir hatten ihn verlassen, um ein besonderes Geschäft zu besuchen.

Dass der Name Haribo für den Erfinder der Süßigkeit, Hans Riegel aus Bonn, steht, ist ja mittlerweile recht bekannt. Weniger bekannt ist, dass Haribo in der Nähe seiner Fabrik in einem unscheinbaren, niedrigen grauen Gebäude hinter Godesberg einen Fabrikverkauf anbietet. Das ist nicht weniger als ein kompletter Haribo-Supermarkt. Ein Paradies für Kinder, und für Erwachsene auch - dank der günstigen Preise.
Es gibt einige Merchandise-Produkte, vor allem jedoch Naschware, zum Beispiel große Überraschungspakete ("Bitte nicht hier öffnen") oder günstige fehlerhafte Bruchware in großen Tüten. (Wo die Fehler bei der Ware sind, haben wir bislang noch nicht entdeckt.) Aber auch die nicht fehlerhaften Produkte sind viel günstiger. Wenn man sich bei uns zu Hause auf dem Weihnachtsmarkt selbst so eine Tüte mit Haribo-Zeug zusammenstellt, kostet das immer ein Vermögen. Hier gab es dasselbe zum Spottpreis von 59 Cent pro 100 Gramm, und zudem mit viel größerer Auswahl.

Weil da gerade ein schöner Radweg war, haben wir die nächsten Kilometer nicht am Rhein, sondern hinter Bad Godesberg zurückgelegt. So gelangten wir hinein in die ehemalige Hauptstadt der Hälfte Deutschlands. Denn nachdem der Zweite Weltkrieg (unter Mitwirkung der Brücke von Remagen) beendet war, ernannte man in Westdeutschland nach Art der Amerikaner nicht die größte Stadt zur Hauptstadt, sondern mit Bonn eine relativ kleine.
Bonn ist eine Stadt mit merkwürdigen Kontrasten. In dieser Stadt können rechts weiße moderne Villen stehen und links einfache Kleingärten mit schiefen Holzhütten. Hier entspannen sich die einfachen Bürger hinter der Godesberger Elite.

Oder: Hinter dir steht eine futuristische Straßenbahnhaltestelle, vor dir ein schmuddeliges Stadtviertel mit Menschenmassen und über dir auf dem Berg eine mittelalterliche Burgruine. (Leider ist es nicht möglich, das alles auf ein Foto zu bekommen. Das hier ist eine andere futuristische Straßenbahnhaltestelle als die beschriebene, da gibt's keine Burg.)


Die Godesburg ist die letzte Höhenburg am Rhein. Dann hören die Berge endgültig auf.

Tschüß, Siebengebirge! Das Mittelrheintal ist nun vorbei. Wir haben den Niederrhein erreicht.
Am Rhein führt der Radweg durch den schönen Park Rheinaue.

Als nächstes folgt die Bonner Museumsmeile. Hier stehen noch Bundesbehörden, die in der ehemaligen Hauptstadt geblieben sind, und ein UNO-Campus mit Einrichtungen der Vereinten Nationen.

So viele Museen, da sollten wir uns zumindest eines angucken. Die Wahl fiel auf das Museum Alexander Koenig. Das war ein Privatdozent an der Universität, der viele zoologische Forschungsreisen auf der Welt unternahm und begeistert von den Wundern der Schöpfung war.
Er plante ein Museum, das erst 1934 eröffnet werden konnte.

Darin stehen präparierte Tiere, die lebensecht hergerichtet wurden. Wüste, Regenwald und Arktis wurden aufwändig gestaltet. Es gibt vielleicht noch größere Naturkundemuseen, aber die sind dann auch entsprechend teurer. Für den fairen Preis bekamen hier wirklich eine Menge zu sehen.
Doch das Museum hat auch einen historischen Hintergrund. Wo heute Affen und Giraffen stehen, versammelte sich 1948 der Parlamentarische Rat, um sich ein Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland auszudenken. Es gab nach dem Krieg eben keine umfangreiche Auswahl an großen, unbeschädigten Gebäuden.
Der Konvent in Herrenchiemsee/Bayern hatte zwar schon vieles vorgearbeitet (im Auftrag der Ministerpräsidenten, damit die Bundesländer schön viel Geld und Einfluss kriegen), aber einiges kam noch dazu: Elisabeth Seibert (SPD), eine der vier Frauen, kontaktierte zum Beispiel die Ehefrauen der Abgeordneten und setzte so durch, dass die Gleichberechtigung von Mann und Frau in Artikel 3 reinkam.

Der Halsbandsittich ist aus Käfigen ausgebrochen und kommt heute rund um Köln nicht nur ausgestopft im Museum, sondern auch lebend in der Natur vor.

Nun war es schon 18 Uhr. Zeit, dass wir uns auch noch die Stadt Bonn selbst anschauen.
Am Rheinufer in Bonn stehen zurechtgestutzte Bäume in Reih und Glied.

Auch der Zugang zum Rhein wurde schick hergerichtet, aber danach leider ziemlich verdreckt.

Die Altstadt hingegen ist erstaunlich sauber und setzt sich zusammen aus alten und neuen Häusern sowie witzigen Straßennamen. Wobei viele Altstädte, die wir auf dieser Tour gesehen haben, noch mehr alte Häuser zu bieten haben.

Bemerkenswert ist die Breite Straße, in der extrem viele Kirschbäume blühen. Die Straße sollte eher Kirschselfiestraße heißen. Theoretisch ist es eine Fahrradstraße, aber praktisch wird sie von vielen asiatischen Touristen mittels einer undurchdringlichen Barriere aus Selfiesticks blockiert.

Ebenfalls bemerkenswert ist das ganz alte Sterntor, das einfach mal so zwischen nicht sehr alten Häusern herumsteht.

Das Bonner Schloss war wieder mal der Sitz eines Kurfürsten, diesmal des Erzbischofs von Köln. Später ging es an Preußen und wurde zu einer Universität, in der alle preußischen Prinzen unterrichtet wurden.

Das Bonner Münster hat seinen größten Turm in der Mitte.

Vor der Kirche liegen große verstörende steinerne Köpfe herum. Sie gehören zwei römischen Offizieren, Cassius und Florentius. Sie konvertierten zum Christentum und wurden dafür geköpft, nun verehrt man sie als Stadtpatrone. Die erste Kirche der Stadt wurde auf ihrem Grab gebaut.

Auf dem Platz daneben steht Ludwig van Beethoven herum, denn der kommt auch aus Bonn.

Der Komponist begegnet dem kulturell interessierten Verkehrsteilnehmer auch auf grünen Ampeln. Irgendwie guckt er nicht ganz so freundlich wie die Mainzelmännchen.

Außergewöhnliche Ausstattung unserer Unterkunft: Der Heizstrahler im Badezimmer.

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