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Fulda: Von Morschen nach Hann. Münden

19 April 2019

Von St. Goar nach Koblenz

Heute durchqueren wir die zweite Hälfte des Oberen Mittelrheintals. Zeit für die nächste Ladung Burgen!
Burg Sterrenberg und Burg Liebenstein werden auch die Feindlichen Brüder genannt, weil sie aus unbekannten Gründen von einer Mauer getrennt werden.

Der nächste größere Ort ist Boppard. Dort setzten wir mit einer Fähre ans rechte Ufer über. Nur eine unserer Mitreisenden fuhr versehentlich an der Fähre vorbei und blieb bis Koblenz links. Der hatte die besseren Radwege, verpasste aber ein Highlight.

Zunächst führen aber auch rechts schöne Radwege durch die Bopparder Rheinschleife. Bei Filsen befinden sich schöne Wiesen und Badestellen. Dort liegt das Rüdiger-Nehberg-Ufer. Hier stehen die angeblich längste Bank am Rhein (sie ist noch länger und passt nicht komplett auf ein Foto), eine alte Weinpresse (die Dinger stehen überall rum) und ein doppelter (Rh)Einbaum. Mit dem hat der Abenteurer Rüdiger Nehberg an dieser Stelle den Rhein überquert.

Doch nach einige Kilometern sahen wir dann, warum der rechtsrheinische Weg nur als Variante in der Karte eingetragen ist. Innerorts radelten wir auf einer stark frequentierten Straße.
Die Berge werden links niedriger, rechts rücken sie für einige Kilometer weiter vom Rhein weg.

Dann sind wir in den Ort Braubach hineingefahren. Dort stehen große Schornsteine, die zu Blei- und Silberhütten gehören. In den Minen wurden Blei und Silber abgebaut, die Hütten wurden bis in die 1950er Jahre betrieben. Irgendwann errichtete man neue Schornsteine auf dem Berg und leitete die Emissionen so zum Nachbarort um - zumindest, wenn der Wind günstig wehte.

Braubach war nicht schön. Es hat zwar auch historische Häuser mit witzigen Sprüchen an den Wänden. Aber solch historisches Fachwerk gibt es hier fast überall, da sind unsere Anforderungen schon höher. Und leider hat Braubach auch unfreundliche Menschen, Baustellen, extrem stark befahrene und ganz viele gesperrte Straßen.

Warum haben wir das alles auf uns genommen? Für eine Burg. Und das, obwohl Burgen ja an beiden Ufern nicht gerade Mangelware sind. Was an dieser Burg so besonders ist, steht auf allen Plakaten und Eintrittskarten: Es ist, ich zitiere, die einzige nie zerstörte Höhenburg am Rhein.
Die Burg wurde wegen ihrer Lage auf einem besonders steilen Berg nie angegriffen und zudem kaum umgebaut. Deshalb erhält man dort einen viel besseren Eindruck davon, wie so ein Ding im Mittelalter wirklich aussah, als bei all den anderen Steinhaufen. Das fängt schon mit der Fassade an. Eine typische Burgruine besteht heute aus grauen rohen Steinen, dabei haben Archäologen längst anhand von Rückständen herausgefunden, dass die Burgen meist verputzt oder zumindest geschlämmt waren, oft sogar bunt angemalt. Also eher wie die rot-weiße Marksburg.

Vier Mauern sind zu überwinden, bevor der Besucher das Herz der Burg erreicht. Zwei davon dürfen wir nur im Rahmen einer Führung passieren. Ein gut gelaunter Führer hält einen großen Schlüssel in der Hand und bittet ein Kind, das Portal aufzuschließen. Auch sonst ging er so gut wie möglich auf die Bedürfnisse und Fragen der minderjährigen Gäste ein. ("Kann man damit jemanden töten?"- "Ja, aber die Waffen sind nicht zum Ausprobieren da, wir lassen die mal lieber stehen.")

Weiter drinnen wird es dann ein wenig enger. Die Burg gehörte zunächst einem Adelshaus namens Eppstein, aber bald schon ging sie an die Katzenelnbogens (wir erinnern uns, die mit Burg Katz und Burg Maus). Die machten sie zu ihrem Hauptsitz und bauten sie aus.
Zunächst hieß die Burg nur Burg Braubach, doch als im selben Ort noch die kleinere Philippsburg errichtet wurde, wählte man den heiligen Markus als individuellen Namenspatron.

"Ein Highlight ist die Toilette", versprach der Führer zu Beginn der Führung. Naja, dachte ich, dass die Burgtoiletten durch aus einem Loch mit Holzdeckel bestanden, das in den Graben führt, weiß ich schon. Doch weit gefehlt, auch ich hatte noch etwas zu lernen. Die Klonische befand sich nämlich direkt am Speisesaal und die Adligen ließen die Tür offen, wenn sie sich beim Essen dorthin zurückzogen. Zum einen wollten sie beim Tischgespräch nichts verpassen, zum anderen war so ein schickes hölzernes Erkerklo durchaus ein Prestigeobjekt zum Angeben. Wenn der Graf fertig war, verriegelte er die Tür von außen, falls Feinde im Stil von Johnny English durch das Klo eindringen sollten.
Was ich auch noch gelernt habe: Im Mittelalter schlief man sitzend, weil man im Liegen in einer todesähnlichen Position war, und das bringt Unglück. Dieser Aberglaube wird heute nur noch von Menschen praktiziert, die mit dem Nachtbus fahren.

Die Marksburg war für unsere Familie ein absolutes Muss. Warum? Nun ja, deswegen:

Nun folgen die Vororte von Koblenz. Das hier ist eine Brücke über die Lahn in Lahnstein. Radfahrer werden schon lange vor der Brücke auf die Hauptstraßen geführt, es sind höchstens schmale Fahrradstreifen vorhanden oder nicht mal das. Aus diesem Grund ist unser Eindruck von Lahnstein nicht sehr positiv.

In Lahnstein mündet die Lahn in den Rhein, und hier durften wir dann auch endlich wieder ans Wasser.
Im Hintergrund ist das Schloss Stolzenfels zu sehen.

Die Einfahrt nach Koblenz besteht dann aus einem holprigen Radweg an einer Mauer. Links sind nun keine Berge mehr, rechts sind sie deutlich niedriger geworden. Das Obere Mittelrheintal ist zu Ende und wir verlassen Hunsrück und Taunus.
Nun müssen wir noch einmal kräftig eine Rampe hinaufschieben, um auf die hohe Brücke zu gelangen, die nach Koblenz führt. Ächz. Der Höhenunterschied zur Brücke ist wirklich nicht ohne.

In Koblenz ist zwar auch recht viel Verkehr, aber zumindest gibt es schöne breite rot gepflasterte Radwege neben dem Fußweg. Jedenfalls war die Stadt gefühlt längst nicht so stressig wie Wiesbaden oder Lahnstein.

Das Forum Confluentes ist kein Platz mit römischen Ruinen, sondern ein kahler moderner Platz.
Koblenz hat auch ein modernes, interaktives Museum über das Mittelrheintal. Aber dafür reichte die Zeit nicht mehr.

Koblenz hat im zweiten Weltkrieg ziemlich viele historische Gebäude verloren. Nun sehen die meisten Straßen eher normal und langweilig aus.
Das hier ist der Entenbrunnen.

Der Jesuidenplatz mit der Citykirche ist ganz schön.

Die Fenster der Kirche zeigen neben biblischen Szenen auch den brennenden Vorgänger dieser Kirche.

Noch mehr Szenen der Stadtgeschichte zeigt dieser geniale Brunnen. Er gliedert die Stadtgeschichte in einzelne Stockwerke, auf denen die nächste Epoche aufgebaut wird, nicht selten auf dem Rauch der brennenden Stadt. Vom Aufstieg der mittelalterlichen Handelsstadt über Sklavenhandel und Hexenwahn bis zum Zweiten Weltkrieg ist alles dabei.

Die Kirche St. Kastor steht noch. Was genau der verstörende Riesendaumen vor der Kirche bedeutet, weiß ich auch nicht.

Am anderen Rheinufer erhebt sich die Festung Ehrenbreitstein. Die gehörte zum Gebiet eines Kurfürsten, des Erzbischofs von Trier. Der war so mächtig, weil er den König mitwählen (küren) durfte. Später nutzte Preußen die Festung.
Auf die gewaltige braune militärische Anlage führt eine Seilbahn. Diesmal sind das jedoch keine Mini-Gondeln wie in Rüdesheim, sondern moderne Riesengondeln - selbst Fahrradmitnahme ist erlaubt! Für uns war es jedoch zu spät, um noch hochzufahren. Da war uns die Marksburg wichtiger. Es geht eben nur eine große Sehenswürdigkeit pro Tag.

Am bekanntesten ist Koblenz aber für das hier: Das Deutsche Eck. Ein Name, der bei Kindern erst einmal für Irritationen sorgt: "Wieso Deutsches Eck? Jedes Eck ist doch deutsch, also in Deutschland." Auch wieder wahr.
Das riesige germanische Denkmal hat eine politisch etwas weniger fragwürdige Botschaft als das Denkmal bei Rüdesheim. Das liegt auch daran, dass die Botschaft hier nicht ganz so eindeutig ist. Im Mittelalter war hier mal der Sitz des Deutschen Ordens, eines religiöser Vereins von Rittern, die karitative Aufgaben übernahmen oder in die Kreuzzüge zogen. Später errichtete man auch wieder ein Denkmal für Kaiser Wilhelm zur Gründung des Kaiserreiches, wie in Rüdesheim.
Im 20. Jahrhundert erklärte Bundespräsident Theodor Heuss das Eck zum Mahnmal der deutschen Einheit, heute steht da ein Stück der Berliner Mauer. Auf Tafeln an den hinteren Säulen hängen die Wappen der alten Bundesländer und die Namen der verlorenen Gebiete, also die neuen Bundesländer, aber auch Ostpreußen.
Das Denkmal für den deutschen Kaiser Wilhelm I. wurde im 2. Weltkrieg teils zerstört, abgebaut und später von privaten Geldern wieder aufgebaut, obwohl es Proteste dagegen gab. Beeindruckend ist es jedenfalls, mit einem Riesenkaiser, dem preußischen Adler und jeder Menge dicker Pfeiler und Treppen, zwischen denen man mehr oder weniger frei herumspazieren darf.
Rechts überspannen die Bögen der Balduinbrücke die Mosel. Die wurde nach Kurfürst Balduin benannt. Morgen früh fahren wir da rüber.

Das Deutsche Eck ist außerdem natürlich noch eine Ecke, und zwar zwischen Mosel und Rhein. Wieder einmal vergrößert einer der bekannteren Nebenflüsse unseren Strom. Die Mosel ist bekannt für ihren Wein, also ist das quasi der Zusammenfluss der beiden deutschen Weinflüsse.
Der Name Koblenz kommt vom lateinischen confluentes, was zusammenfließende bedeutet und ein Partizip Präsens Aktiv Plural ist (der Lateinunterricht zahlt sich aus).

Außergewöhnliche Ausstattung unserer Unterkunft: Die Tiefgarage mit Fahrradständer.

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