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Fulda: Von Morschen nach Hann. Münden

13 April 2019

Von Mannheim nach Worms

Die dritte Staffel unserer Rheinreise wird uns am Mittelrhein zu klassisch deutschen Städten und Sehenswürdigkeiten führen, von denen man viele mal gesehen haben sollte. Wir haben bisher noch keine davon gesehen. Deshalb nehmen wir uns etwas mehr Zeit. Unsere Tagesetappen sind meistens ganz kurz, etwa 30 Kilometer.
Als ich morgens erwachte, herrschte das perfekte Wetter für einen Urlaub. Allerdings für einen Skiurlaub. Dichter Schnee fiel und blieb liegen. Dennoch stiegen wir in einen der ICEs, wo die Deutsche Bahn kürzlich ein kurzes Stückchen eines Wagens für Fahrräder freigegeben hat. Bei einer Großfamilie wird der Einstiegsprozess so zum Tetris-Spiel. Aber immerhin konnten wir diesmal tatsächlich mit Rädern in einem ICE fahren - bei der letzten Rheintour vor zwei Jahren war das noch unmöglich!


So sahen wir bei der Abfahrt aus (Originalaufnahme).


In Mannheim schlugen wir uns zunächst quer durch die Innenstadt zum Fluss durch und lernten dabei ungefähr jede einzelne rote Ampel der Stadt kennen. Das war so, als würden wir durch dicken Sirup fahren.
Am Wasser entdeckten wir aber einen hübschen Radweg vorbei an Parks und hohen Häusern. Ein bisschen hat mich das an das Viertel Linden in Hannover erinnert. "Oh, der Rhein ist aber schmal geworden, diese Dürre ist ja echt schlimm.", sagte die Mutter.
"Nein, Mama, das ist der Neckar!" Dieser Nebenfluss entspringt im Schwarzwald und fließt lange parallel zum Rhein, unter anderem durch Stuttgart und Heidelberg.



Am Neckarspitz bei Mannheim mündet er dann in den Rhein. Dort stehen überall Containerhäfen und Chemiewerke. Am anderen Ufer ist Ludwigshafen zu sehen, wo die Badische Sodafabrik (BASF) Soda fabriziert. Wen der liebe Gott will strafen, den schickt er nach Ludwigshafen, schrieb ein anonymer Dichter.



Nach einer Weile sollten wir rechts vom Ufer abbiegen. Auf einmal erklangen Schüsse. Hinter der Betonmauer übte der lokale Jägerverein oder so.



Oh, was für ein Nebenfluss blockiert denn nun unseren Weg? Das ist nur ein alter Rheinarm, auf dem Schiffe zum Bonadieshafen und zum Neckar tuckern. Hier können wir wieder mal einen neuen Fährentyp zu unserer Sammlung kurioser Flussfähren hinzufügen. Die historische Altrheinfähre klappert extrem langsam an einer Kette übers Wasser. Auf dem Kahn sitzen mehre faule Enten, die sich mitnehmen lassen. Das einzig Schnelle auf diesem Flussarm sind die Kajakfahrer, die vorbeizischen (so schnell, dass sie auf diesem Foto nicht zu erkennen sind).
Der Fährmann erklärte uns, dass die Erde sehr trocken sei und sich der Rhein noch nicht ganz vom Niedrigwasser im letzten Sommer erholt habe. "Wir sind auch selber schuld. Wir wollten den Fluss ganz schnell machen, schnell, schnell, und dann ist das ganze Wasser so schnell in Holland."



Die Radwege wurden aber auch für Zeiten des Hochwassers gebaut, deswegen halten sie viel Abstand zum Wasser. Das fließt auf dem Bild irgendwo ganz hinten, wo die imposante Brücke nicht mehr aus Stein, sondern Stahl besteht.



Wir hätten auf der Brücke schon ans linke Ufer wechseln können, aber wir blieben noch ein Weilchen rechts. Dort folgt nun die Landschaft des Lamperheimer Altrheins. Dieser große Rheinarm wurde bei einer Begradigung amputiert. Nun gehört er der Natur.
In der Ferne waren die blauen Schemen von Bergen zu erkennen - ist das schon der Taunus?
Auf allen Radwegen steht in weißen Buchstaben das Wort Radnetz. Zum Glück verfingen wir uns in diesem Netz nicht. Stattdessen überquerten wir die Grenze von Baden-Württemberg nach Hessen. Damit haben wir Baden-Württemberg endlich hinter uns gelassen! Dieses hartnäckige Bundesland begleitet uns nun schon seit Konstanz am Bodensee.
Es gibt einen Radweg, der einmal komplett an der Grenze von Hessen entlangführt. Da sind wir jetzt unterwegs, denn der Rhein ist diese Grenze.
Auch in Hessen wurde ein Integriertes Rheinprogramm durchgeführt. Die Deiche wurden dabei nach hinten versetzt, sodass der Fluss mehr Platz hat. Die Natur am Lampertheimer Altrhein besteht aus diversen dünnen Bäumen von blassgrüner Farbe.



Später tauchen dann auch Häuser, Schiffe und der Rheinarm selbst auf.



Trotzdem bin ich nicht sicher, ob sich er Umweg am rechten Ufer lohnt. So sensationell ist die Natur da auch nicht, und der Weg ist halt einige Kilometer länger. Außerdem mussten wir uns eine Weile auf großen Straßen von LKWs überholen lassen.
Dieser negative Eindruck könnte teilweise auch daher rühren, dass wir ziemlich froren und nur schnell ans Ziel wollten.



Ein wenig erinnerte die Landschaft an die Pfälzer Deichwege hinter Karlsruhe. Nur die Deichwachhäuschen sehen anders aus. Sie wurden an die Architektur der Stadt angepasst, die wir gleich erreichen werden.



An einer Kreuzung orientierten wir uns anhand der Eisernen Hand. Das ist ein historischer Wegweiser. Hier zweigte der Bannweg von der Wormser Landstraße ab. Einst durften ihn nur Wormser Bürger benutzen, aber heute dürfen wir da auch fahren (und zwar ohne auf sozialen Medien gebannt zu werden).



Die grünen Deiche bestehen übrigens nicht nur aus Gras und Erde. Darin verbergen sich Betonmauern und blaue Röhren. Manchmal gucken die raus.
So, nach knapp 30 Kilometern sind wir nun an der Nibelungenbrücke von Worms. Jetzt wechseln wir aber nach links.



Das ist eine moderne, normale Brücke - außer, dass auf ihr ein altes historisches Stadttor steht, das Nibelungentor. Welch ein ein bizarrer Anblick! Durch die meisten alten Tore kann nicht einmal ein einzelnes Auto fahren, aber hier ist Platz für gleich zwei Spuren.



Wir haben das Tor in einem grauen Durchgang an der Seite passiert.



Über den Barbarossaplatz geht es rein in die Stadt. Der Platz heißt so, weil Kaiser Friedrich Barbarossa Worms die Stadtrechte verliehen hat.
Googelt man nach worms, erhält man Bilder von Regenwürmern. Etwas mehr hat Worms aber schon zu  bieten.



Die Brücke ist im Grund eine komprimierte Darstellung von Worms. Ab und zu stehen graubraune historische Bauwerke herum. Doch der Rest der Stadt wurde im Krieg zerstört und ist nun... hässlich, scheußlich, solche unschönen Worte habe ich über Worms gelesen. Ich weiß nicht, ob ich das so sagen würde. Die anderen Häuser von Worms sind halt einfach nur Häuser, weder hässlich noch schön, nur zweckmäßig. Doch während die Häuser in Mannheim einfach nicht so gut zu den historischen Bauwerken passen, beißen sie sich in Worms so richtig mit dem alten Zeug.



Es existieren auch ein paar Ecken, wo man fast nur von alten Bauwerken und Bäumen umringt ist, etwa an der Stadtmauer. Und da ist Worms dann richtig schön. Es sei denn, da steht dann zufällig eine Baustelle.



Worms ist eine Nibelungenstadt. Und im Gegensatz zu den Möchtegern-Nibelungenstädten am Donauradweg in Österreich passiert hier wirklich eine Menge von den Sachen, die in dem alten Epos drinstehen. Im Prinzip ist das die Hauptstadt der Geschichte, hier passiert alles, was nicht woanders passiert. Die Stadt konzentriert sich bei der Darstellung vor allem auf den Streit der Königinnen Krimhild und Brünhild.



Dieser Streit spielte sich vor dem gewaltigen Kaiserdom ab, dem bekanntesten Bauwerk der Stadt.
Siegfried der Drachentöter steht in Worms auch als Statue herum. Es ist ja hinlänglich bekannt, dass Drachen gern Schätze beschützen. Diese Tatsache haben sich die Banken in Worms zunutze gemacht und lassen ihre Filialen von Drachen bewachen. Die Volks- und Raiffeisenbank hat einen dunkelblauen Drachen, die Sparkasse einen roten. Bankräuber müssen den Drachen töten und in seinem Blut baden, um finanziell unabhängig zu werden (dabei sollten sie aufpassen, dass ihnen kein Kontoauszug am Rücken klebt)… oder so ähnlich.



Der Dom sieht dem in Speyer relativ ähnlich, ist aber eine Nummer größer. Dafür ist er dunkler und hat mehr angeberische Goldverzierungen. Da sah die Kirche in Speyer irgendwie freundlicher aus.



Einst befand sich rechts neben dem Dom ein großer Anbau für ein Kloster, wo auch der Kaiser während des Reichstags verweilte.



Auf der anderen Seite lag der Bürgerhof. Dort versammelte sich manchmal der Reichstag am... Reichstag (ja, damals war das wirklich noch ein Tag), um über das Reich zu tagen, bis es ihnen reichte.
Heute steht (ungefähr) dort das Rathaus.



Eines der bedeutendsten Ereignisse in Worms ist der Tag, an dem ein Herr namens Martin Luther in den Dom bestellt wurde. Er sollte seine Lehren widerrufen. Stattdessen begründete er wortreich, warum er genau das nicht machen würde. Der Kaiser konnte ihn nicht hinrichten lassen, denn dann wäre eine Revolte in der Stadt ausgebrochen. Also verhängte er nach Luthers Abreise die Reichsacht über ihn, jeder durfte ihn töten.
Die Stadt ist zwar eher katholisch, dennoch wurde Luther (mit etwas Abstand zum Dom) 1868 ein ausgesprochen großzügiges Denkmal gesetzt. Um ihn herum stehen andere Reformatoren und Unterstützer. Die Zinnen ringsherum tragen die Wappen der Städte, die sich der Reformation angeschlossen haben. Zusammen bilden sie eine Burg, die Luther beschützt, wie in seinem Lied "Ein feste Burg ist unser Gott". Einige weibliche Statuen symbolisieren Städte wie die Protestierende Speyer oder die Weinende Magdeburg, die im Dreißigjährigen Krieg schwer verwüstet wurde.
Am Lutherdenkmal begegneten wir einem Wormser Stadtführer mit großem Mitteilungsbedürfnis, der uns das Denkmal erklärte und Wortgefechte mit bayrischen Gästen wiedergab, in denen es darum ging, wer die krassere Region hat: "Der Bayrische Wald? Wir haben hier das größte zusammenhängende Waldgebiet Deutschlands. Der hat gesagt, die Isar ist ein Fluss. Ich sag: Die Isar ist ein Bach!"


In Worms lebten aber nicht nur Christen. Hier steht auch die älteste Synagoge Deutschlands und der größte jüdische Friedhof Europas. Der liegt neben den Bahngleisen und ist wirklich, wirklich groß. Die Grabsteine stehen kreuz und quer herum und haben keinen Schmuck, aber auf einige wurden Steine gelegt. Die neueren Steine sind eher hoch als breit und haben nicht nur hebräische, sondern auch deutsche Inschriften. Der jüngste, den wir gesehen haben, stammt von 1931.



Wir schlafen im Hotel Krimhild mit Blick auf den Dom. (Wirklich lustig wäre, wenn gleich nebenan ein Hotel Brünhild stünde und der schärfste Konkurrent unseres Hotels wäre).
Am Mittelrhein hatte jede unserer Unterkünfte ein einzigartiges Alleinstellungsmerkmal, das wir vorher nie zuvor gesehen oder gehört haben. Um das zu beweisen, habe ich eine Liste geführt.
Außergewöhnliche Ausstattung unserer Unterkunft: Der Wecker in Form der zahlreichen Domglocken, unüberhörbar und effektiver als jeder Handywecker.

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