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Fulda: Von Morschen nach Hann. Münden

09 November 2019

Harz: Von Bad Sachsa nach Niedersachswerfen

Harz VIII: Der Südosten

Zwei Wälder liegen an der südöstlichen Schwelle zum Harz. Der eine ist himmlisch schön, der andere höllisch gruselig. Finde ich jedenfalls. Das könnte auch daran liegen, dass ich beide bei ganz unterschiedlichem Wetter besucht habe - aber ich bin sicher, es liegt nicht nur daran.

Der himmlische Wald erstreckt sich zwischen Bad Sachsa und Walkenried. Um ihn zu erreichen, mussten wir erst einmal einen Schlenker nach Norden machen, über einen Bach namens Uffe.


Der himmlische Wald ist voller grünblauer Teiche, und die mussten wir zunächst einmal umfahren. Dann entschieden wir uns, nicht den direkten Weg zu nehmen, sondern mehr vom Wald zu erkunden. Zum Glück! Das war der schönste Teil dieser Radtour. Um die Pfade leuchtete es hellgrün und frühlingshaft, und dazu waren die Wege gut befahrbar. Hier leben viele Baby-Nacktschnecken.

Einer der Teiche heißt Priorteich. Das verrät uns, wer die Dinger ausgebuddelt hat: Mönche. Angeblich legten sie 365 Fischteiche an, um jeden Tag Fisch zu essen (außer an Schaltjahren). Fisch hatte für den Prior des Klosters ganz klar Priorität.

In diesem Wald entdeckten wir die Burgruine Sachsenstein. Es handelt sich um die Art Ruine, bei der nicht überall zu erkennen ist, ob das jetzt ein Felsen ist oder eine sehr stark verwitterte Mauer. Kaiser Heinrich IV. ließ solche wehrhaften Burgen bauen und setzte Ministeriale da rein, um den Harz zu kontrollieren. Klappte aber nicht so richtig, und nach ein paar Aufständen musste er sich zum Rückbau der Burgen verpflichten (oder wie man damals etwas dramatischer sagte: die Burgen schleifen).

Die Form des Turms ist immerhin noch erahnen, und sogar einige dekorative Muster sind an der Innenseite eingeritzt. Die Feuerstelle in der Mitte ist neueren Ursprungs.
Zum Glück haben wir den Abstecher zur Burg gemacht, sonst hätten wir was verpasst! Und damit meine ich jetzt nicht die Burg.

Denn hier oben entdeckten wir eine grandiose Gipskarstlandschaft. Mittendurch fährt die Bahn. Weil ein Grundwasserstrom direkt unter der Erde fließt und am Gips herumlutscht, senkt sich der Boden bis zu 18 Zentimeter im Jahr ab. Die Schienen müssen regelmäßig erneuert werden.
Die graue Klippe gegenüber konnten wir nur über die Gleise hinweg bewundern.

Auf unserer Seite hingegen konnten wir sogar am Rand der Klippe entlangspazieren und den herrlichen Blick über einen Teich und Bad Sachsa genießen.
Der Gips strahlt in der Sonne so weiß wie die Kreidefelsen auf Rügen. Aus der Nähe sieht er körnig und bröselig aus, ist aber überraschend fest. Wäre ja auch mehr als beunruhigend, wenn jederzeit was abbrechen könnte und da weder eine Absperrung noch ein Schild steht.

Dieser tolle Kletterbaum an der Klippe dürfte für Kinder ein Traum, für Eltern hingegen ein Albtraum sein. Dabei besteht doch kein Grund zur Sorge, falls ein Kind in den Abgrund stürzen sollte: Vor Ort gibt's genug Gips für alle gebrochenen Körperteile.

Hinter dem himmlischen Wald liegt das kleine, feine WaldenriedWalkenried, wo wir auf unseren Harzreisen aus irgendeinem Grund immer wieder durchkommen. Der Ortskern besteht im Prinzip nur aus einem kleinen Straßenkreis. Stadtmauer und Stadttor wurden aus Platzgründen direkt in die Fachwerkhäuser integriert.

Im Zisterzienserkloster von Walkenried lebten die fischsüchtigen Mönche. Die noch existierenden Mauern sind hoch genug, um sich vorzustellen, wie die Klosterkirche einst aussah.

Am südlichen Rand vom Harz steuert eine kleine rote Regionalbahn eine Kette kleiner Bahnhöfe mit geradezu winzigen Bahnhofsgebäuden an, wie zum Beispiel das in Walkenried. ("Liebe Gäste, dieser Fahrkartenschalter ist seit 2017 geschlossen, weil hier eh keine Sau vorbeikommt. Vielen Dank für Ihr Verständnis.") Dorthin hat es uns nun schon mehrmals verschlagen, denn hier befindet sich laut Internet der günstigste Punkt, um von der Bahn in einen Bus umzusteigen, der in den Harz hineinfährt. Heißt: Die Umsteigezeit beträgt nur 45 Minuten. Toll!

An Walkenried fließt ein Bach namens Wieda vorbei. Als wir einmal zu früh abbogen, entdeckten wir einen schönen Spazierweg an ihrem Ufer. Er wurde nach irgendeinem Professor oder Forstmeister benannt, dessen Name mir allerdings entfallen ist.

Der höllische Wald erstreckt sich zwischen Walkenried und Ellrich. Den habe ich bereits auf einer Radtour auf dem Iron Curtain Trail durchquert, bei Gewitter, einbrechender Dunkelheit, auf immer schlechtereren Wegen (weil ich falsch abgebogen war), mit Wildschweinen und wachsender Panik, ob ich den letzten Zug noch schaffe.
Aber der Wald ist auch ganz unabhängig von dieser Situation damals höllisch, denn er beinhaltet das komprimierte Grauen der deutschen Geschichte: Hier befanden sich auf demselben Gebiet die Außenstelle eines Konzentrationslagers und die Grenzanlagen der DDR. Von ersterem sind nur verfallene Grundmauern übrig, von letzterem gar nichts. Selbst die wunderschönen Gipsklippen wurden Teil dieses Grauens: Die Häftlinge der Nazis mussten den Gips abbauen.

Bei schönem Wetter sieht der höllische Wald trotz seiner Vergangenheit sicher netter aus. Dennoch hatte ich keinerlei Lust auf ein Wiedersehen, also nahmen wir den direkten Weg auf der Straße durch Rapsfelder. Mittendrin überquerten wir die Grenze von Niedersachsen nach Thüringen, zu erkennen wie üblich am braunen Schild ("Hier waren Deutschland und Europa geteilt bis zum...").

Dann kommt die erste Stadt Thüringens: Ellrich. Im Vergleich zu anderen Harzstädten wirkt Ellrich etwas schäbig. (Nein, das gilt nicht für alle Städte in Thüringen, weiter unten sehen Sie den Beweis.) Wohlgemerkt: Im Vergleich zu den anderen Harzstädten, das ist ja auch ein hoher Maßstab.
Weiterhin sind die Ellricher nicht imstande, ein Schild aufzustellen, das in Richtung Bahnhof weist. Ob Feuerwehrmuseum oder Infozentrum, alles haben sie ausgeschildert, nur nicht den Bahnhof.

Die Kirche scheint zwar restauriert zu sein, aber das eine Ende wurde trotzdem als Steinhaufen liegengelassen und nur mit einem metallenen Schutzdach versehen. Vielleicht wollten die das aus historischen Gründen so lassen, damit die quasi ihre eigene Gedächtniskirche haben und mit Berlin konkurrieren können. Vielleicht dachten die aber auch nur, dass es so am besten zum Ortsbild passt.

Durch Ellrich fließt die Zorge. Die große Straße und die Bahn entfernen sich nun vom Harz und folgen der Zorge durch ein kleines Tal in die nächste größere Stadt.

Wir aber nicht - diese Tour ist eh nur 23 Kilometer lang, da müssen wir nun echt nicht noch mehr abkürzen. Wir sind weiter am knallgelben Rapsrand vom Harz geblieben, die grünen Gipfel stets im Blick.

Im Dorf Werna leben extrem viele exotische Papageien in einer möglicherweise zu engen Voliere.

Die Nebenstraße wird immer schmaler und anstrengender. Sie zwängt sich durch Hügel und einen kleinen Wald hindurch. Da haben wir einen weiteren Waldspaziergang eingeschoben.

Dieser Wald ist weder himmlisch noch höllisch, sondern einfach ein bisschen seltsam. Niemand scheint dort hinzugehen, außer ein paar Leuten, die unten im Tal irgendwann mal ein paar Bäume gefällt haben. Die Pfade sind zugewuchert, riesige Waldameisen und verdammt viele Spinnen krabbeln aus altem Baumstümpfen und am Waldrand schweben schwarze Wolken merkwürdiger großer Fliegen.
Wäre dies eine Fantasygeschichte, wären das beunruhigende Anzeichen, die zweifelsfrei auf ein paar sprechende Riesenspinnen in 500 Metern rechts schließen lassen. Aber in der Realität sieht so nun mal ein Wald aus, in dem sich wenige Menschen aufhalten.

Kurz darauf folgt auch schon das Dorf Ilfeld. Es gehört zur Gemeinde Harztor. Wie ein Wächter thront vor dem Tor ein Hügel mit der Burgruine Ilfeld obendrauf (wieder nur ein paar verfallene Mauern).

Dies ist die einzige Stelle im Südharz, wo die Harzer Schmalspurbahn in die Berge eintaucht. Die Dampfloks sind so teuer, dass ich lieber ein paar Jahre gewartet habe, bis sie im 9-Euro-Ticket inkludiert sind. Dann stieg ich ein und stellte fest:
Das Harztor ist kein richtiges Tor. Die Bahn taucht ganz allmählich ins Tal ein, sodass ich nicht wirklich sagen konnte, wo genau die Berge beginnen. Was aber egal ist, denn wow! Sobald die Bahn im engen Tal drinsteckt, wird die Fahrt großartig. Die beste Sicht gibt's auf dem Podest des ersten Wagens, direkt hinter der Lok... nanu, regnet es etwa? Nein, die Lok hat mich mit Wasser vollgesprüht, und jetzt kommt Dampf, na so waah, was brennt da in meinen Augen? Vielleicht gehe ich doch lieber rein.
Wer schön sehen will, muss leiden.
Alle paar Stationen muss Wasser nachgepumpt werden, was gerade für die Kinder ein großes Spektakel darstellt.
Manchmal fahren aber nur winzige, uralte Dieselzüge, in denen es nur einen einzigen Raum gibt. Die einzige Tür führt direkt neben dem Fahrersitz nach draußen.

Wem das zu lange dauert, der kann auch eine Stunde warten und einen winzigkleinen Dieselzug nehmen, in dem man dem Fahrer praktisch über die Schulter schaut. Laut Schild darf man den Fahrerraum nicht betreten, aber dort befindet sich die einzige Tür - wer sich an die Regeln hält, bleibt für immer und ewig im Zug gefangen.

Ansonsten besteht Ilfeld aus Einfamilienhäusern und Solaranlagen.

Bei den Preisen der Schmalspurbahn sind wir aber lieber noch ein Stück nach Süden geradelt, bis das schmale Gleis auf das normale Gleis der Regionalbahn trifft (das aus Ellrich kommt). Dazu mussten wir nach Niedersachswerfen. Für diese Strecke haben wir auf andere Weise bezahlt: Wir wurden patschnass.
Hier wird der Gips übrigens ganz professionell in großen Stufen abgebaut (im Hintergrund).

So ein Örtchen wie Niedersachswerfen ist natürlich nicht das Ziel der beiden Bahnen. Die wollen noch eine Station weiter nach Nordhausen. Das ist die mal eine richtige Stadt in Thüringen, und auch noch eine richtig schöne!
Nordhausen ist von einer Stadtmauer umgeben. Die kann man auf Stahltreppen erklimmen, um oben herumzuspazieren.

In dieser Mauer liegt eine vielfältige und freundliche Stadt. Zwar ist Nordhausen längst nicht so groß wie Berlin, aber in einer Hinsicht kann diese Stadt absolut mit der Hauptstadt konkurrieren: Pfefferminzlikör. Denn das grüne Zeug, das zuverlässig Hemmungslosigkeit und Kopfschmerzen verursacht und auf den meisten Partys einfach "Pfeffi" genannt wird, wird hier hergestellt und ist der Spirituose namens Berliner Luft hinsichtlich des Konsums unter jungen Leuten eigentlich sogar überlegen.
Die Nordhäuser Brennereien überstanden sämtliche Erdbeben der Geschichte, ganz egal, ob Weltkriege, kommunistische Verstaatlichung, die Treuhandanstalt oder (das schlimmste) wenn man keine Söhne kriegt deswegen den Betrieb an den Schwiegersohn vererben muss. Alkohol wird einfach immer nachgefragt! Genau genommen sind Weltkriege oder die Treuhand ja sogar ein Grund, noch mehr zu trinken.

Vor der Kirche läuft ein Mönch herum.

Die hinteren Straßen der Altstadt bestehen aus Fachwerk und vielen Eisdielen.
Napoleon lieferte sich mit Preußen ein Katz-und-Mausspiel in den Straßen von Nordhausen. Die Franzosen schafften es zwar in die Stadt, aber nicht, die deutsche Armee richtig einzukreisen und auszuschalten, es blieb ihnen nur Frustplündern. Eine Art Unentschieden quasi, also außer für die Zivilisten.

Nordhausen hat außerdem einen großen Park mit alten Mauern, die unter Tonnen von Schlingpflanzen ächzen.

Und was verbirgt sich in diesem schicken Haus? Etwa ein Museum? Nein, eine Schwimmhalle - oder besser gesagt, ein Badehaus. Es wurde im Jahr 1907 gebaut, und im alten Teil des Gebäudes bekommt man heute noch einen Eindruck, wie die Vorfahren unserer Schwimmbäder vor hundert Jahren ausgesehen haben. Damals gab es rechteckige, warme Becken ohne eingezeichnete Schwimmerbahnen, dafür aber mit schöner Jugendstil-Architektur und einem plätschernden Brunnen. Ob die Whirlpools und Solarien neben dem Becken da 1907 auch schon standen, wage ich zu bezweifeln.

Weniger schick sind diese Ruinen an der Zorge.

08 November 2019

Harz: Von Herzberg nach Bad Sachsa

Harz IX: Der Süden

Diesen Abschnitt vom Harz sind wir in die entgegengesetzte Richtung gefahren, um Rückenwind zu haben. Also sind wir abermals in Herzberg gestartet. Ein Kiesweg führt dort durch ein Gewerbegebiet aus der Stadt hinaus und hält dann schnurgerade auf die Berge zu.

Dann überquert er eine Autobahn und führt gleich darauf nach rechts, neben der Autobahn entlang. Diese Autobahn sollte uns an jenem Tag ein hartnäckiger Begleiter sein: Sie tauchte einfach immer wieder auf.

Auf den drei Harzhügeln zwischen Scharzfeld und Barbis befinden sich drei besondere Sehenswürdigkeiten. Von der Straße ist es ein kurzer Fußmarsch auf die Hügel, wir haben aber alle drei Hügel zu einer längeren Wanderung verbunden. Zwischen den Hügeln führen Pfade aus raschelndem Laub auf und ab.

Scharzfelder Harzhügel Nr. 1 beinhaltet die Steinkirche. Dieser Hügel ist springt direkt ins Auge, weil fast keine Bäume darauf wachsen. Sehr ungewöhnlich im Harz.

Aus dem Gras schauen nämlich große Felsgebilde heraus, auf denen kein Baum Halt findet. Die Felsen bilden hohe Wände, Spalten, Löcher und kleine Höhlen zum Klettern und Erkunden.

Weiter hinten am Waldrand befindet sich die größte Höhle, die irgendwann zu einer Kirche ausgebaut wurde. Das ist die eigentliche Steinkirche. Als Kirche wird sie offenbar schon länger nicht mehr genutzt. Nur ein Kreuz und eine Kerze weisen auf die religiöse Bedeutung hin.

Scharzfelder Harzhügel beinhaltet die Einhornhöhle. Dort fand man einst Tierschädel, welche angeblich Einhörnern gehören sollten - tatsächlich handelte es sich jedoch um eine Bärenart. Führungen durch die Tropfsteinhöhle wurden leider gerade nicht angeboten.

Scharzfelder Harzhügel Nr. 3 beinhaltet die Burgruine Scharzfels. Sie scheint tatsächlich direkt aus dem Felsen gewachsen zu sein. Leider war die große, breite Treppe nach oben gesperrt.

Der Harzrundweg ist mit einer Hexe auf einem Fahrrad beschildert. Die Beschilderung ist allerdings relativ lückenhaft - außer in Scharzfeld auf dieser verhexten Kreuzung, da ist es eher zu viel des Guten. Hier hängen gleich drei Hexenschilder, die alle in verschiedene Richtungen weisen. Dennoch gelang es uns zunächst, den richtigen Weg zu finden.

Und dann geschah es, dass wir zum ersten Mal vom richtigen Weg abkamen. Zuerst führte der Radweg an einem Fluss namens Oder (der über die Ruhme in die Leine fließt) entlang und wurde immer wilder und schmaler...

...und dann war auf einmal Ende Gelände. Meine veraltete Karte stellte diese Ecke irgendwie ganz anders dar, als sie war. Zum einen zeigte sie ein abzweigendes Bahngleis, das gar nicht existierte. Vor allem sollte es aber einen Radweg unter den Gleisen hindurch geben. Davon war nichts zu sehen.
Vor uns: Wasser. Rechts: Wasser. Links: Mehrere Bahngleise, im Hintergrund der Turm eines Stellwerks, aus dem uns jemand misstrauisch beäugte. Die Gleise illegal überqueren war also definitiv keine Option.

Notgedrungen quetschten wir uns unter dieser Brücke durch. Auf der anderen Seite fanden wir nach wenigen Metern den richtigen Radweg. Leider blieb es nicht der einzige Verfahrensfehler an diesem Tag.

Doch zunächst einmal erreichten wir Barbis und schoben die Räder an der gesperrten Brücke am DämonenDomänenweg vorbei. Nach wenigen Sekunden erkannte ich: Hier war ich schon mal. Damals stieg ich am Bahnhof Barbis aus, um die Stadt Bad Lauterberg im Harz zu erkunden. Allerdings sagte mir Google Maps, bis nach Bad Lauterberg wäre es noch über eine Stunde Fußmarsch.
Bei den meisten Harzstädten kann man relativ eindeutig sagen, ob sie im oder nur am Harz liegen. Bad Lauterberg kann sich da aber nicht so richtig entscheiden und liegt so halb im Harz. Der Vorort Barbis mit dem Bahnhof liegt noch außerhalb der Berge, das Zentrum jedoch verbirgt sich schon in einem Tal, wo keine Bahn mehr hinfährt.

Nur meine alte Karte behauptet steif und fest, ein abzweigendes Bahngleis würde bis ins Ortszentrum im Tal fahren. Diese Bahnstrecke sieht inzwischen so aus.

Damals dachte ich mir: Naja, dann geh ich mal los. Oh, und Google schlägt eine Alternativstrecke vor, an irgendeiner blauen Linie, also einem Bach, das ist sicher schöner als an der großen Hauptstraße. Was soll ich sagen: Es war schöner. Wesentlich schöner. Der sogenannte Philosophenweg ist eigentlich sogar das Beste an Lauterberg. Das Flüsschen Oder, das uns Radfahrern den Weg abgeschnitten hat, zeigt sich hier für Wanderer von einer freundlicheren Seite.

Für Radfahrer ist der Philosophenweg allerdings nicht geeignet. Bei unserer Radtour sind wir also auf dem gepflasterten Radweg an der Hauptstraße entlanggesaust. Huhu, Autobahn! (Das ist nicht das letzte Mal, dass wir uns sehen!)

Und das ist das Zentrum von Bad Lauterberg. Es kuschelt sich in grüne Berge, welche aus Vulkanen entstanden sind. Zum Bergbau sind die nicht so geeignet.

Deshalb ist Lauterberg schon lange eine Kurstadt, also gibt es logischerweise einen Kurpark mit Fontänen, Statuen, Bänken und Büschen.

Ganz hinten im Tal liegt das Schwimmbad Vitamar. Dieses Bad möchte nicht überfüllt sein und wünscht daher keine Berichterstattung, die zu große Publicity bringt. Aber da dieser Blog ja nun nicht von soo vielen Menschen gelesen wird, schreibe ich hier trotzdem einfach mal: Dort gibt es die beste Wasserrutsche im Harz und eine der stärksten Wellenmaschinen Deutschlands.

Hier verabschieden wir uns wieder von der Oder. Ein paar Kilometer weiter wird sie von einem grasgrünen Wall gestaut. Dieser moderne Stausee erinnert an den Sösestausee. Viel interessanter ist der zweite Stausee weiter oben.
Der Oderteich stammt von 1715, da waren Stauseen gerade erst erfunden worden. Dafür ist er ziemlich raffiniert gebaut, zum Beispiel mit Steinsäulen, die gefährliche Eisschollen rechtzeitig zerschlagen sollen. Die Staumauer erinnert eher an eine Burgruine, aber sie hält immer noch und bietet ganz nebenbei Platz für eine Bundesstraße. Der Teich ist von farbenfroher Heide umgeben und hat sogar einen Badestrand. Das Wasser schimmert rötlich, als wäre der Grund irgendwie verrostet.
Kurz dahinter entspringt die Oder im Bodebruch.

Die eigentümliche Geographie von Bad Lauterberg hat für Radler, die um den Harz herumwollen, leider gewisse Nachteile. Es führt zwar ein Radweg komfortabel in das Tal hinein, doch wenn man wieder hinaus und weiter nach Osten möchte, hat man die Wahl, zurückzufahren und die stark befahrene Hauptstraße zu nehmen - oder man überwindet einige Bergrücken auf matschigen Waldwegen. Das ist das Besondere bei einer Radtour um ein Gebirge: Manchmal lässt es sich nicht vermeiden, auch in die Berge hineinzufahren. (Bei einer Tour um einen See hingegen ist es mir bislang noch nicht passiert, dass ich in den See hineinfahren musste.)

Okay, wir müssen also einen matschigen, steilen Waldweg aus Bad Lauterberg hinaus nehmen. An sich ja nicht so schlimm. Nur: Matschiger steiler Waldweg aus Bad Lauterberg ist nicht gleich matschiger steiler Waldweg aus Bad Lauterberg. Wir wählten die Abzweigung zum komplett falschen matschigen Waldweg.

Das wurde uns jedoch erst klar, als wir viel weiter oben waren und einer alten Bekannten begegneten: Der Autobahn. Der wir laut Karte eigentlich überhaupt nicht begegnen sollten. Und die laut Karte eigentlich auch erst in Planung und noch gar nicht fertiggestellt war. Wie alt ist diese Karte bitte?

Die folgenden Kilometer waren anstrengend. Sie boten allerdings auch einige schöne Ausblicke.
Wir irrten auf und ab, die Autobahn im Blick, mal auf Radwegen, aber meist auf größeren Straßen.

Hurra, mal wieder ein Radweg! Mist, schon zu Ende. Verdammt, wie kommen wir jetzt auf die Straße zurück? Dann schieben wir halt durch den Graben.

Erst am Glasmuseum in Steina stießen wir wieder auf den regulären Radweg.

Sodann stellten wir fest, das der qualitative Unterschied zwischen unserem Irrweg und dem regulären Radweg gar nicht mal so groß ist. Auf dieser Straße überquerten wir eine weitere Hügelkette.

Dann sausten wir die Hauptstraße von Bad Sachsa hinab. Bad Sachsa kuschelt sich ähnlich wie Lauterberg halb in ein Tal, allerdings nicht ganz so tief.