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Fulda: Von Morschen nach Hann. Münden

16 April 2019

Von Oppenheim nach Biebrich

Die Weinberge rücken nun direkt an den Rhein heran. Auch wenn wir noch nicht im richtigen Mittelrheintal sind, ein bisschen Mittelrhein-Atmosphäre ist schon da. Es wird enger, Hauptstraße, Bahnstrecke, Fluss und Radweg rücken zusammen. Wir nähern uns dem Rheingau - oder Mittelweintal, so könnte man die Landschaft auch nennen.
Der Rhein wird durch längliche Inseln und Halbinseln geteilt, im den schmaleren Teilen befinden sich kleine Häfen.

Die Schilder führen uns neben der Hauptstraße entlang und dann durch die Gassen von Nierstein. Das Städtchen hatte wohl nicht genug Vertrauen in sein gutes Aussehen und wollte unbedingt, dass alle Radler zwangsweise durchfahren, um in seinen Cafes zu essen. Sorry, Nierstein, leider haben wir schon in Oppenheim sehr gut im Café Reuther gefrühstückt. Ein zweites Café brauchen wir erstmal nicht.

In großen weißen Buchstaben steht auf den Weinbergen der Name des Weinguts.

Zuerst führt der Radweg weiter oben durch die Weinberge.

Danach geht es direkt am Fluss entlang. Die Strecke ist sehr schön, nur der Lärm der Bundesstraße ist stets zu hören. Das lässt sich bei dem engen Tal nicht vermeiden.

Schau an, auf einmal führen auch wieder Brücken über den Rhein und nicht nur Fähren. Diese hier mussten wir umfahren.

Am anderen Ufer fließt der Main aus Bayern und Frankfurt herbei und fügt sein Wasser dem Rhein hinzu. Die Mainspitze habe ich mir aber größer vorgestellt - sie sah kaum größer aus als der Neckarspitz.
Der Rhein fließt nun nach Westen, allerdings nur für etwas mehr als eine Tagesetappe.

An unserem Ufer beginnt die rotbraune Stadt Mainz. Die Radler radeln durch das Menschengedränge am Rheinufer.

Solche Tore laden zu einem Ausflug in die Stadt ein.

Hinter den kleineren Toren steht stets noch ein größerer Turm mit Stadttor. Diese Türme wurden nach den Rohstoffen, mit denen dort gehandelt wurde, benannt. Das hier ist der Holzturm, ferner gibt es den Eisen- und Papierturm. Sie bestehen entgegen ihrer Namen aber alle aus Stein.

Mainz wurde schon im Römischen Imperium gegründet und hatte damals wie die meisten Römerstädte einen anderen, lateinischen Namen, nämlich Mogontiacum. Daran erinnert ein absolut gewöhnliches Shoppingcenter namens Römerpassage.

Ganz gewöhnlich? Nein! Zwei Museumswärterinnen bewachen tapfer den versteckten Eingang zu den Überresten eines Römertempels im Untergeschoss. Der wurde beim Bau der Passage entdeckt und war eine echte Sensation. Denn hier wurden Götter verehrt, welche die Römer von ihren eroberten Völkern aus Afrika importiert hatten: Die ägyptische Isis und die karthargische Magna Mater. (Im Römischen Reich hielt man es mit der Religion folgendermaßen: Mitnehmen, was geht, Götter kann man nie genug haben.) Vor diesem Fund wusste man nicht, dass die auch nördlich von Italien verehrt wurden.

Im erzkatholischen Mittelalter war der Mainzer Erzbischof eine extrem mächtige Figur, er war der wichtigste Vertreter des Papstes nördlich der Alpen. Entsprechend groß musste auch seine Kirche werden. In Mainz steht der dritte große romanische Kaiserdom neben Speyer und Worms. Wir haben nun also alle drei gesehen.

Im Direktvergleich ist der Dom heller als der in Worms, aber nicht so hell wie der in Speyer, und er ist angeberischer verziert als der in Speyer, aber immer noch bescheidener als der in Worms.
Auf jeden Fall ist er der am besten beheizte Kaiserdom. Aus dem Gitter im Boden steigen auch bei sommerlichen Außentemperaturen warme Winde auf.

Dieses Fenster hat wohl einen Grafikfehler.

Mainz hat in der Geschichte heftige Höhen und Tiefen erlebt, auch bei der Bevölkerungsentwicklung. Ein Hoch begann, als mit dem Heiligen Bonifatius die Bischöfe so mächtig wurden. Ein anderes Hoch begann aber auch, als die Macht der Bischöfe durch die Bürger überwunden wurde und sie auf dem Platz der Republik einen Baum pflanzten.
Heute steht da eine Säule, die vermutlich für den Dom hergestellt wurde.

Mitte des 15. Jahrhunderts hatte die Stadt gerade ein Tief. Damals lebte dieser Herr hier, der gute Johann Gensfleisch von Gutenberg. Trotz seines bescheuerten zweiten Vornamens gelang es ihm, etwas wirklich Tolles zu vollbringen: Eine Maschine zu bauen, mit der man Bücher viel schneller kopieren kann als durch Abschreiben. Und wie bei allen großen Erfindern starb er arm und die Erfindung geriert erst später so richtig ins Rollen.

Das moderne, interaktive Gutenberg-Museum (im Bild rechts) widmet sich ihm. Wie alle Museen in Mainz hat es aber am Montag Ruhetag. (Warum? Ist das so schwer, sich etwas abzusprechen, dass nicht alle gleichzeitig geschlossen haben? Oder vielleicht etwas mehr Mitarbeiter einzustellen, die nicht alle gleichzeitig Ruhetag haben?) Insofern ist es erstaunlich, dass wir trotzdem so viel über die Mainzer Geschichte gelernt haben.
Rund um den Dom liegen mehrere schöne Plätze mit Eiscafés. Nachdem wir dort und im Dom eine ganze Weile geblieben waren, überlegten wir, was wir sonst noch machen sollen, da die Museen ja geschlossen waren. Wir wollten uns auch mit unseren Freunden Barbara und Christoph zum Essen treffen, doch sie standen noch im Stau.

Wir versuchten, andere Teile der Stadt zu erkunden. Das war aber eine blöde Idee. Wer sich zu weit vom Rhein und Dom entfernt, gerät nur in nervigen Großstadtverkehr und auf bescheuerte Baustellenwege.

Die Mainzer Straßenschilder zeigen alle die Position zum Rhein. Verläuft die Straße parallel zum Rhein, ist das Schild blau und die Hausnummern werden in Fließrichtung höher. Senkrecht zum Rhein verlaufende Straßen sind rot, die Hausnummern werden zum Rhein hin höher.
Jedoch gibt es noch eine zweite Möglichkeit, die Straßen einzuteilen: Straßennamen, die auf meinem Stadtplan zu sehen sind, und Straßennamen, die auf den Straßenschildern zu sehen sind. Überschneidungen gab es da leider nicht allzu viele.
Die Heinzelmännchen sind winzige Männchen mit Helfersyndrom, die in einem Märchen nachts übriggebliebene Arbeit erledigen. Mainzelmännchen hingegen sind freche Zeichentrickmännchen, die im ZDF herumwuseln. In Mainz sind sie in Souvenirshops und auf einer Ampel zu finden.

Schließlich tafelten wir doch noch ausgiebig mit Barbara und Christoph, bevor wir den Rhein auf einer großen Brücke überquerten.
Mein fieser Geographielehrer stellte einst in einem Test über die deutsche Topographie die Frage: Welche beiden Landeshauptstädte liegen sich an einem Fluss gegenüber? ("Aber Herr Schmidt, das hatten wir doch gar nicht!") Auf diesem Bild befindet sich die Antwort: Mainz (Rheinland-Pfalz) und Wiesbaden (Hessen). So ganz hundertprozentig stimmt das aber nicht. Anders als bei Mainz liegt das Zentrum von Wiesbaden nicht direkt am Rhein. Außerdem liegen Teile von Mainz auch am anderen Ufer, etwa der Stadtteil Kastel mit dem römischen Museum Catsellum (auch geschlossen).
Wie Christoph erzählte, hegen Mainzer und Wiesbadner eine gewisse Abneigung gegeneinander.

In der Mitte der Brücke verläuft die Grenze der beiden Bundesländer. In der Ferne sind die blauen Schemen der Gebirge Hunsrück und Taunus zu sehen. Morgen wollen wir bis an ihren Rand, übermorgen dann zwischen ihnen hindurch fahren.

Am anderen Ufer erstreckte sich zunächst ein Park mit Spielplatz und Villen. Doch bald schon wird es hässlicher.
Ganz typisch für die Rheinufer sind weiße Platanen mit irgendwie eckigen, gestutzten Ästen. Die haben wir zum Beispiel auch schon in Worms gesehen. Ob man das schön findet, ist Ansichtssache.

In Mainz gab es absolut keine Übernachtungsmöglichkeiten. Stattdessen übernachten wir also so halb zwischen beiden Landeshauptstädten, im Wiesbadner Vorort Biebrich. Dort soll es ein Schloss mit Schlosspark geben. Gibt es auch. Vor dem Schloss erstrecken sich verschlungene Kieswege, Bäche und Bäume mit kämpfenden Eichhörnchen.

Und weiter hinten steht eine mystische Burgruine (leider gesperrt)!

Als ich den großen Park auf der Karte sah, habe ich mir den Vorort recht schön vorgestellt, dabei ist er schon eine Straße hinter dem Park total abstoßend, industriell und verkehrsreich. Immerhin kommt man gut voran, solange man keine Straße überqueren will. Dann muss man sich auf mehrstündige Wartezeiten gefasst machen. Erst fuhren wir auf einer Fahrradstraße, dann einer Hauptstraße mit Fahrradstreifen.

Wir übernachten in der Ferienwohnung einer alten Frau. Ihre Sehfähigkeit ist schon sehr eingeschränkt. Zumindest lässt der Staub in der Unterkunft darauf schließen. Wenn beim Gang auf dem Teppich durch die Socken Krümel zu spüren sind, kriege sogar ich mit, dass die Wohnung nicht ganz sauber ist. Auf die Frage, ob es WLAN gäbe, antwortete sie, dazu müssen wir den Fernseher anschalten.
Außergewöhnliche Ausstattung unserer Unterkunft: Der Blick durch den Fußboden in die untere Etage.

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