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Fulda: Von Morschen nach Hann. Münden

05 November 2019

Harz: Von Seesen nach Bad Harzburg

Harz III: Der Nordwesten

Dieses eigentümliche Gebilde signalisiert uns, dass wir den Weg um den Harz ab jetzt nicht mehr querfeldein suchen müssen. Das Ding sieht aus wie eine moderne Bushaltestelle, ist aber eine Radstätte des Radwegs Deutsche Einheit von Bonn nach Berlin. Unter diesen Metallbögen kann man angeblich rasten, E-Bikes aufladen, Zeug im Spind einschließen und Infos über Seesen auf dem Touchscreen finden. Der Touchscreen zeigte irgendeine Error-Meldung. Damit funktionierte er immerhin besser der komplett schwarze, gesplitterte Bildschirm in der Radstätte an der Fulda.

Ich habe eine Karte vom Radweg Deutsche Einheit günstig ersteigert, der Radweg deckt den gesamten Nordrand vom Harz ab. Der Europa-Radweg R 1 verkehrt auf derselben Strecke. Also folgen diesem Radweg jetzt erst einmal... nicht. Auf den langen Schlenker nach Bornhausen und zum Staatsforst Lutter (hinten links) hatten wir keine Lust, wo doch der Radweg so bequem an der Straße weiterführt.


Wir sehen heute mehr als genug Wald, und zwar am Harzrand. Heute fanden wir einen Weg über die Bahngleise und konnten direkt neben den Bergen radeln. Anfangs ist der Weg noch direkt neben der Bahn und dementsprechend flach. Auch wenn die schizophrene Mischung aus kleinen Pflastersteinen und Asphaltinseln eher gewöhnungsbedürftig ist, hat uns die Strecke gut gefallen. Der Wald ist so richtig zugewuchert und verwildert, sodass mein Blick maximal einen Meter weit in den Harz vordringt. Aber immerhin ein sehr grüner Meter!

Hier sollte keine Baustelle, sondern eine Brücke sein. Mist, dann eben außenrum.


Auf der Landstraße ist mir aufgefallen, wie die niedrigen Westharz-Hügel langsam in die Höhe wachsen. Wir nähern uns dem Nordharz, der ein wenig anders aussieht.


Langelsheim ist ein bisschen gemein, langweilig und verursacht einen langen Hals. Irgendwelche Pflanzenteile schwebten in der Luft, hüpfen in meine Kehle und verursachen tierischen Husten. Hinter der niedrigen Stadtmauer ducken sich stille Fachwerkbauten. Das gastronomische Angebot beschränkt sich auf zwei Dönerbuden.


Hier kommt die Innerste aus dem Harz. Sie fließt über Hildesheim zur Leine.

In Juliushütte weisen die Wegweiser zum Granestausee. Mann, gibt es hier viele Staumauern. Ein Harzfluss muss einfach nur existieren, schon haben die Menschen ein Stauwehr hingebaut.

Unten führt der Weser-Harz-Heide-Radweg an der Straße durch den Vorort Astfeld. Oben führt der Radweg Deutsche Einheit und R1 auf einem Kiesweg durchs Feld - sicherlich die schöne Route, allzu steil ist die auch nicht. Der Radfahrer hat die Wahl - es sei denn, ein gesperrter Bahnübergang zwingt ihn, den oberen Weg zu nehmen.


Und damit wären wir in der möglicherweise bekanntesten und schönsten Harzstadt. Goslar hat einige richtig dicke, beindruckende Bauten, zum Beispiel den Zwinger, der Ferienwohnungen enthält. Um die Stadt zieht sich ein grüner Wall mit noch grüneren Teichen. Die Verteidigungsstrategie der Stadt bestand wohl darin, alle Feinde mittels Entengrütze abzuwehren.

Goslar wird von zahlreichen Menschen und Tieren bewohnt. Wir entdeckten unter anderem freilaufende Hühner am Stadttor. Offenbar werden hier Eier aus Freistadthaltung produziert.

Diese Ziegen werden mit Bratwurst gefüttert.

Goslar ist für seinen Weihnachtsmarkt Weihnachtswald bekannt, der als einer der schönsten Deutschlands gilt. Deshalb haben wir ihn schon vor der Radtour besucht und Spezialitäten wie Schneebälle (aus Teig) und Nönnchen mit Haube (Zimtlikör mit Sahne) probiert. Nur Backbananen gibt es leider nirgendwo in der Region - das ist wohl ein Privileg des Nordens.
Der Aufstieg auf den rechten Kirchturm wird ebenfalls angeboten und als "Himmelsleiter" vermarktet.

Wir sind erst spät hinaufgestiegen, als die Dämmerung schon eingesetzt hatte. Doch gerade das hatte was.
Die meisten Weihnachtsmärkte haben irgendwo in der Mitte einen großen Weihnachtsbaum stehen, und vielleicht noch ein paar kleinere verteilt. Nicht so in Goslar. In Bezug auf die Bäume hat man es hier ein ganz klein wenig übertrieben und einen kompletten Platz randvoll mit riesigen Nadelbäumen zugestellt. Von oben sieht das so aus...

...und von unten so. "Falls ihr euch im Wald verlaufen solltet, haben wir da auch ein paar Buden hingestellt, damit ihr nicht verdurstet.", erklärte uns der Führer im Vistory (dazu gleich mehr).
Es sind aber wirklich nur ein paar Buden - der Großteil des Platzes wird von vielen, vielen Bäumen beansprucht. Und von vielen, vielen Menschen.

Hinter der Kirche führt eine schmale Straße entlang, die zu schmal für Autos und Fahrräder gleichzeitig ist. Nichtsdestotrotz haben die Goslarer jeden Meter mit einem Fahrradsymbol bemalt.

Und dort entdeckten wir dann unerwartet mehrere mehrdimensionale Kinos. Zum einen standen in einem Zelt einige 9D-Stühle, auf die wir uns mit VR-Brille setzten und eine virtuelle Achterbahnfahrt (inklusive plötzlich abbrechender Gleise und kurzer Flugeinlagen) machten. Dieses Zelt steht da wahrscheinlich nur während des Weihnachtsmarktes.
Ganzjährig geöffnet ist hingegen das Vistory im Obergeschoss eines Fachwerkhauses. Im Erdgeschoss befindet sich ein Restaurant. Vor dem Haus steht ein Mensch in Mönchskutte und wirbt mit "Da unten gibt's was für den Bauch, das nennt sich Ente, und da oben gibt's was für den Schädel, das nennt sich Geschichte!" Wer sich davon anlocken lässt, bekommt von diesem Mönch zunächst in einem Einführungsvortrag einige Weisheiten präsentiert: "Und denkt stets an die Devise dieser meiner Kirche: Ora et labora - beten und arbeiten sollst du! Doch ich selbst habe noch eine zweite Devise: Morgen ist auch noch ein Tag."

Nach einigen Figuren, die Hexenprozess und Ritterschlag darstellen (aus Lautsprechern kommen die entsprechenden Dialoge), wurden wir in den Kinosaal geführt, mit 3D-Brillen ausgestattet und auf bewegliche Sitze gesetzt. Und dann bekamen wir die Geschichte der Stadt komprimiert und dramaturgisch aufbereitet zu sehen.
Eines Tages schickte König Otto einen seiner Ritter los, um für ihn sein Mittagessen zu erjagen. Während der Ritter einen Hirsch erschoss, scharrte sein Pferd mit dem Huf einen Klumpen Eisenerz frei. Der Ritter brachte das Erz euphorisch zurück und vergaß den Hirsch. Wenig später war Goslar eine ultrareiche Bergbaustadt, die unter anderem den gesamten Bedarf Europas an Silber decken konnte.
Deswegen wurde die Stadt häufig angegriffen, aber die Angriffe wurden abgewehrt (mittels Entengrütze, schon verblüffend). Zwischendurch brannte sie auch mal zur großen Teilen ab, weil ein trotteliger Bäcker seine Ofentür offenließ.
Der reisende Kaiser des Heiligen Römischen Reichs verbrachte viel Zeit auf der Kaiserpfalz, die war am ehesten so etwas wie sein ständiger Wohnsitz.

Der Rammelsberg, in dem das Silber verborgen lag, ist in Nebel gehüllt.


Bevor es Elektrik und Dampfmaschinen gab, wurde fast alles per Hand oder mit Pferden gemacht – außer man war im Harz und sehr clever.
Im Bergbaumuseum, pardon, ich meine natürlich im „Weltkulturerbe Rammelsberg“ (Museum klingt wohl einfach nicht spannend genug) lief das (wortwörtlich) folgendermaßen: 

Aus einem Teich rauscht das Wasser durch verschiedene Gänge, die Bergmänner mussten obendrüber auf Brettern laufen. Es holte mit vier riesigen Wasserrädern das Erz aus der Tiefe, bevor es wieder aus dem Berg rauslief und unten auch noch die Mühlen der Stadt drehte. In Goslar ging lief es wirklich rund! Bei der Führung im Roederstollen haben wir zwei der großen Räder gesehen. Wasserrad Nr. 1 ist nachgebaut und wird für die Besucher immer noch bewässert und gedreht. Wasserrad Nr. 2 dreht sich nicht mehr, ist aber dafür ein über 100 Jahre altes Original – aus Holz? Wie ist das möglich, wo doch bei uns zu Hause der Holzboden nicht mal ein Zehntel so lange durchhält? Auf das Rad tropfte ganz zufällig eine Schutzschicht aus Vitriolen. Das sind bunte Salznasen mit Metallen drin, die hier und da die Wände des Bergwerks verschönern und das Rad retteten.

Auf der zweiten Führung durch den Rammelsberg wurde uns gezeigt, wie im 20. Jahrhundert das Erz abgebaut wurde, nämlich a) anders und b) sehr viel lauter als im 19. Jahrhundert. Dazu brachte uns eine sehr enge und sehr gelbe Grubenbahn, durch die wir kaum nach draußen gucken konnten, extrem weit hinein in den Berg, nämlich 500 Meter. Dazu brauchte die Bahn gefühlt 15 Minuten.

Dann führte man uns die merkwürdigsten Maschinen vor:
-vibrierende Bohrstangen, die bei regelmäßiger Benutzung Arthritis verursachten (was erklärt, warum unser Führer sie nur so kurz vorführte)
-einen Schrapper (Das ist eine Schaufel an einem Stahlseil, die durch einen Vorläufer der Playstation gesteuert wird, die Steine von allein aufsammelt und dabei in der Tat über den Boden schrappt.)
-eine Sprengung, die überraschenderweise von allen vorgeführten Sachen am leisesten war (was eventuell daran lag, dass sie nur mit Lichtern und einem sanften „Bumm!“ aus dem Lautsprecher simuliert wurde)
Definitiv nicht an leisesten waren die drei kleinen Jungs, die vor lauter Begeisterung über all die Technik kaum im Zaum zu halten waren, sich stritten, wer zuerst was bedienen durfte und versehentlich peinliche Geheimnisse ihrer Eltern preisgaben. Dies wertete das Unterhaltungspotential der ohnehin schon tollen Führung noch einmal enorm auf.


Es lohnt sich auch, noch höher als bis zum Museum zu steigen.

Wir wollten auf den Gipfel und sind hinter der Straße zum Museum auf sehr steile Waldpfade gewechselt. In diesem Wald befindet sich ein Restaurant, das sehr kreativ mit Rauchern umgeht.

Das Highlight des Rammelsbergs ist die Klippe, die neben festen Felsen auch aus einer Menge grauem Geröll besteht. Sie bietet eine großartige Aussicht auf das in Herbstfarben strahlende Harzvorland, und höher muss man eigentlich gar nicht wandern. Darüber ist der Rammelsberg gesperrt.

Wir haben versucht, irgendwie hintenrum auf den Gipfel zu gelangen, wo es keine Verbotsschilder mehr gab. Während sich der Pfad immer mehr im Dickicht verlor, sind wir irgendwann auf dieser steilen Wiese herausgekommen, die möglicherweise der Gipfel ist oder zumindest in dessen Nähe. Oder auch nicht.
Gegenüber liegt der Herzberg, der unbekannter Gipfel von Goslar.


Der Herzberg liegt nicht bei der Stadt namens Herzberg am Harz. Möglicherweise wurde er absichtlich so genannt, um Reisende zu verwirren. Auf diesem Berg wachsen spitze graue Felsen, Moose und Blaubeeren.

Das ist der erste Wanderweg, den wir aus einem Buch namens Vergessene Pfade ausprobiert haben, und er wird dem Titel definitiv gerecht.
Dass dieser Weg vergessen ist, konnten wir auch daran erkennen, dass offizielle Wege, die in analogen und auch digitalen Karten zu finden sind, im wahrsten Sinne des Wortes abrupt abbrechen.

Auf dem grasbewachsenen Gipfel werden gelegentlich Bäume gefällt, Wanderer waren aber keine unterwegs. An einem Sonntag hatten wir den ganzen Berg für uns. Um eine Aussicht zu haben, mussten wir auf der anderen Seite wieder ein paar Meter abwärts laufen, bis die Berge wieder durch die ausgedünnten Reihen der Bäume schimmerten.

Hinter Goslar ist etwas ganz und gar Ungewöhnliches zu sehen: Ein See, der rund und nicht länglich ist, am und nicht im Harz liegt und kein Stausee ist. Unharziger geht es gar nicht!


Hier wagt sich ein asphaltierter Radweg deutlich höher in die Berge hinauf. Es wird steiler auf dem Weg nach Oker.

Oker ist ein Stadtteil von Goslar. Das Auffälligste an Oker sind die weißen Klippen, die in einer Reihe vor dem eigentlichen Gebirge aufragen, und direkt daneben ein paar große Tagebaudinger mit Schornsteinen, wo vermutlich Teile der Klippen abgebaut werden.

Es wird immer felsiger. Das hier sieht definitiv aus, als würde man an einem Mittelgebirge entlangfahren! Der Waldradweg führt uns ein Stück hinein ins Tal der Oker.

Auf der Hauptstraße geht es dann wieder raus. Die war zum Glück nicht so stark befahren.

Die Oker ist ein richtig großer Harzfluss und mündet bei Müden in die Aller. Laut einer NDR-Doku bietet die Oker einen Stausee mit der höchsten Schiffsrundfahrt Niedersachsens, Wildwasser-Kajak-Studenten, Stadtrundfahrten per Stand-Up-Paddling durch Wolfenbüttel, Stadtrundfahrten per Floß durch Braunschweig und ausgewilderte Lachse. Also ein Fluss für so ziemlich jedes Fortbewegungsmittel außer dem Fahrrad.
Nachtrag: Nachdem ich selbst ein längeres Stück durchs Okertal gefahren bin, weiß ich, was der NDR alles weggelassen hat - dass die Oker ebenso viele wilde Felsbrocken wie Bauampeln aufweist, dass an der Seite der durchaus große Römkerhaller Wasserfall schüchtern reinrieselt und dass die Staumauern rund um den Okerstausee wie ein verdammter Hochsicherheitsbunker eines Superschurken aussehen.

An der Stelle jedoch, wo die Oker den Harz verlässt, ist von all dem nix zu sehen, nur schwarze schwache Stromschnellen und ein kleines Wehr. Deswegen hat der NDR diesen Bereich auch nur kurz per Satellitenbild gezeigt.

Wir sind am Wald- und Gebirgsrand weitergefahren, obwohl der Weg jetzt aus schwarzem Schlamm bestand, der durch die regenreichen letzten Tage anhänglich geworden war und unsere Schuhe gar nicht mehr loslassen wollte.
Dieser Bach hier wird von Felsen eingerahmt, die eigentlich Schlacke sind, also unbrauchbares Zeug, das unten aus dem Hochofen raustropft.

Oh, ist das etwa einer dieser Haustierfriedhöfe? Nein, belehrte uns das Schild, es ist ein Abschiedswald. Das heißt, die Haustiere werden beigesetzt, Schild und Dekoration aufgestellt und dann übernimmt die Natur die Grabpflege, damit der Wald wild und unversehrt bleiben soll. Was dem Wald sicherlich schwerer fällt, wenn die Deko für den geliebten Hund aus Plastikblumen besteht. Die Tiernamen reichen von Tonks bis BeHappy.

Ebenfalls direkt am Weg und noch sehenswerter ist das Café Goldberg. Die Aussicht ist wirklich umwerfend, der Kuchen selbstgemacht und die hiesige Wurst scheint, wenn man den Senioren am Nachbartisch glaubt, fast schon legendär zu sein.
Die Spendendose vom Harzverein für die Instandhaltung der Waldwege quillt über. So etwas habe ich auch noch nicht gesehen.

Irgendwann reicht es auch mit dem Wald: Die ganz starken Steigungen an den Waldrändern der Städte Goslar und Harzburg haben wir umfahren.
Bad Harzburg naht, also runter zur Straße! Dabei bin ich das erste Mal in meinem Leben durch eine Pferderennbahn geradelt. Wenn ein Rennen stattfindet, wird die Straße offenbar mit Zäunen gesperrt und in die Bahn integriert. Gerade war aber kein einziges Pferd unterwegs, nur jede Menge weiße Zäune (das universelle Symbol für Hier sind viele Pferde).
Auch die anderen Sportler von Bad Harzburg frönen in diesem Sportviertel ihren Sportarten. Radfahrer werden mal wieder stiefmütterlich behandelt, der Radweg an der großen Straße ist in einem miesen Zustand.

Bad Harzburg ist fast so groß wie Goslar, aber nicht so historisch, sondern eher eine Stadt der Kurparks und weißen Wellnesshotels, in denen seit Jahrhunderten wohlhabende Braunschweiger entspannen. Nicht ganz so entspannt war die Atmosphäre 1931, als sich vor dem Bahnhof diverse rechte Gruppierungen zur Harzburger Front vereinten. Die fanden Harzburg als Treffpunkt ganz gemütlich, wegen der schicken Hotels und weil die NSDAP im Braunschweiger Land schon an der Regierung war.

Mit den vielen Bäumen ist es aber auch gemütlich. Durch Harzburg fließt die Radau. Sie rauscht tatsächlich relativ laut und macht ganz schön Radau.

Hat Harzburg denn eigentlich auch eine Harzburg? Wenn ich so auf die Karte schaue, lautet die Antwort: Sogar zwei! Die kleine Harzburg auf dem Kleinen Burgberg und die große Harzburg auf dem (sie haben es erraten) Großen Burgberg.
Nun ja, die Wirklichkeit sieht doch etwas anders aus. Zuerst sind wir auf den Kleinen Burgberg gewandert, unter anderem durch die Ultimative Birkenschlucht (ja, ich habe ihr diesen Namen gegeben). Dort haben wir so ungefähr überhaupt keine Burg gefunden, nur ein Schild, das verriet, wo früher mal welcher Teil der Burg stand. 

Aber: Der Gipfel des Kleinen Burgbergs ist richtig toll.
Eine Regel im Harz lautet: Wenn du keine rundlichen Berge willst, sondern so richtige felsige Bergspitzen mit Gipfelkreuz (oder so was ähnlichem, hier ist es so ein Windmessding), dann wirst du am ehesten am Nordrand vom Harz fündig. Der Ilsestein bei Ilsenburg soll ja zum Beispiel auch so sein.

Der große Burgberg hat statt einer Felsspitze so eine große Gedenksäule. Die erinnert an den Gang nach Canossa. (Da hatte der deutsche König Heinrich IV. 1076 im Machtkampf mit dem Papst eine Niederlage kassiert und musste gedemütigt barfuß vor der Burg von Canossa betteln, um wieder in die Kirche aufgenommen zu werden.) Als das deutsche Kaiserreich gegründet wurde, wollten Bismarck & Co. 1876 folgendes klarstellen: Nach Canossa gehen wir nicht (nochmal)!

Wieso aber steht dieses Denkmal ausgerechnet hier? Weil Heinrich IV. auch mal in der Harzburg gewohnt hat. Als die Sachsen während der Sachsenaufstände angriffen, entkam er über eine Wasserleitung, die fortan Sachsenrohr genannt wurde. Nein, das ist nicht diese Leitung auf dem Bild, die wäre zu eng für einen König. Dieses Sachsenrohr 2.0 baute ein cleverer Gastwirt und Unternehmer im 19. Jahrhundert an derselben Stelle in den Berg rein.

Hinter der Canossasäule stehen dann auch wirklich ein paar Reste der Harzburg: Eine Mauer, ein echt niedriger Turm, in dem die Burggeschichte als Comic dargestellt wird, und eine Brücke, die noch am beeindruckendsten ist. Vor der Brücke steht die neue Statue eines sächsischen Gottes. Das Original wurde von Karl dem Großen zerstört, der das christliche Gebot Du sollst keine komischen sächsischen Götter mit Fischen und Rädern haben neben mir mittels Sachbeschädigung umsetzte. Um den sächsischen Gott zu rehabilitieren, ist heute unter anderem ein Wanderweg nach ihm benannt.
Zu dieser Burg führt sogar eine Seilbahn hinauf.

In der am besten erhaltenen Harzburg von Harzburg befindet sich ein Gymnasium namens BURGY.

Überhaupt ist der Wald der interessanteste Teil von Harzburg. Um auf Tuchfühlung mit den Spitzen der Bäume zu gehen, habe ich hinter den drei Burgen die ultimative Baumwipfel-Runde gedreht.
  • Die vergilbten, sechseckigen Gondeln der Burgberg-Seilbahn brachten mich in drei Minuten über den Wipfeln nach oben.
  • Wenige Minuten entfernt startet die Baumschwebebahn. Auf den ersten Blick erinnert sie an eine dieser Seilbahnen aus einem Hochseilgarten. Hier schwebt man allerdings an einer dicken Stange statt an einem Stahlseil, ist viel langsamer unterwegs (6 Minuten) und das Naturerlebnis anstatt Adrenalin steht im Vordergrund. So viele hohe Zweige habe ich noch nie aus der Nähe gesehen oder gar berührt.
    • Den ersten Abschnitt fand ich deutlich schöner. Ich schwebte mehr oder weniger gerade (also in ordentlichen Schlängellinien) über einem Wanderweg dahin.
    • Plötzlich beförderte mich eine steile Spirale in den zweiten Teil, der mich seltsamerweise an die Achterbahn Euromir im Europapark erinnert hat, weil sich in jeder Kurve die Gurte verdrehten und mich rückwärts schweben ließen. Weil mir dieses Gedrehe eher unangenehm war, habe ich eine Möglichkeit gefunden, mein Gewicht in den Kurven so zu verlagern, dass es verhindert wird. So torkelte ich in engen Serpentinen über zum Teil abgeholzten Flächen hin und her.


  • Direkt daneben endet der Baumwipfelpfad. Oder er beginnt dort, sofern man unten bereits ein Ticket gekauft hat, welches man am Drehkreuz scannen kann.
    • Der hölzerne Steg schlängelt sich durch Äste und Zweige. An den Seiten stehen jede Menge Informationen, Klangschalen, Holz und Mineralien zum Anfassen. Die Texte sind anscheinend wahllos mal für Erwachsene, mal für Kinder formuliert. Die Hängebrücken-Kletterelemente sind höchstens für Fünfjährige herausfordernd.
    • Am Ende bzw. Anfang wartet dieser Spiral-Aussichtsturm, den die meisten Baumwipfelpfade haben. Ganz oben befindet sich ein gläserner Steg. Damit sich die Leute da auch drauftrauen, wurde er dermaßen mit weißen Punkten zugeklebt, dass durch das Glas kaum noch etwas zu erkennen ist. Zur Spirale gehört außerdem ein spaciger dunkler Tunnel mit Leuchtsternen.

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