Raus
aus dem Dorf und auf zum nächsten Streckenabschnitt!
Heute ist Ostersonntag. Beim Frühstück im Gasthaus wurde dieser Feiertag nicht etwa mit liebevoller Dekoration gewürdigt, sondern eher nach dem Motto: Ach ja, is ja Ostern, nehmt euch ein paar Eier aus dieser Plastikverpackung.
Also mussten wir uns selbst einige Ostersachen suchen, die während einer Pause ganz plötzlich im Wald aufgetaucht sind.
Also mussten wir uns selbst einige Ostersachen suchen, die während einer Pause ganz plötzlich im Wald aufgetaucht sind.
Vorbei an sehr einladenden Orten...
...und mit
idyllischer Aussicht auf das Kernkraftwerk Philippsburg…
...führte
uns die nächste Tagesetappe gerade mal 18 Kilometer weit. Nicht
besonders lang, aber dafür wollten wir uns in der nächsten Stadt ja
viel ansehen, Freunde besuchen und mit ihnen ausgiebig tafeln.
Willkommen
in Speyer!
Durch
diese Stadt verläuft eine wunderhübsche Fußgängerzone. Sie ist
folgendermaßen aufgebaut: eine Apotheke, eine gläserne
Telefonzelle, ein Eisladen, ein gläserner Brezelstand, die nächste
Apotheke, die nächste Telefonzelle und so weiter…
Die
Straße ist sehr breit, doch Bäume gibt es nicht. Das liegt daran,
dass hier fast alles unterkellert ist. Es gibt sogar einen
unterirdischen Geheimgang vom Dom zur Stadtmauer.
Am Ende der Fußgängerzone kann man in einen Park oder die niedliche Altstadt aus gut erhaltenen Fachwerkhäusern spazieren. Hier führten uns unsere Gastgeber in ein rustikal-regionales Restaurant. Dort probierte ich als mutiger Norddeutscher einen pfälzischen Saumagen – immerhin das Lieblingsessen von Helmut Kohl, der hier begraben ist. („War das ein Koch?“, fragt die Elfjährige.)
Außerdem
ragt am Ende der Fußgängerzone der mächtige Kaiserdom auf.
Vor
dem Dom steht eine gigantische steinerne Schale. Bei einer
Bischofsweihe wird sie mit Wein gefüllt, und alle Menschen dürfen
daraus trinken. Damit das nicht komplett unhygienisch wird, kommt
vorher eine Metallschüssel in die Steinschüssel.
Und
noch eine verrückte Geschichte: Früher galt in der Schüssel die
kirchliche, auf dem Platz rundherum aber die weltliche
Gerichtsbarkeit. Wer also auf der Flucht vor dem Gesetz war, konnte
sich durch einen Sprung in die Schüssel vorläufig retten.
Der
Dom ist eines der am besten erhaltenen Gebäude aus der Romanik,
einem ganz alten Baustil aus dem Mittelalter. Typisch romanisch sind
dicke Mauern, runde Bögen und kleine Fenster – die Kirchen sind
wehrhaft und ein bisschen düster, fast wie Burgen.
Erstaunlich,
dass der Dom von Speyer trotzdem so hell und freundlich ist – denn
theoretisch erfüllt er alle wehrhaften Baumerkmale.
Die
Orgel wurde kürzlich mit allem möglichen technischen Schnickschnack
ausgerüstet, man kann die gespielte Musik mit einem Computer
aufnehmen, speichern und wieder abspielen. Nur der Kerzentisch ist
nicht so modern und wurde noch nicht durch elektrische Lampen
ersetzt.
In
der Krypta liegen die Reliquien von Heiligen, Knochen und so was. Zu
besonderen Anlässen werden sie entnommen und von Gläubigen geküsst.
Lecker.
In
Speyer gibt es aber noch etwas ganz anderes: Das Technikmuseum.
Bereits der Eingang sieht ganz schön spektakulär aus.
Das
Museum hat einen Innen- und Außenbereich. Innen, in der
Liller-Halle, stehen auf säuberlich geharkten Flächen aus weißem
Kies unzählige historische Exponate: Autos, Motorräder, Fahrräder,
Torpedos, alte Spielorgeln und ein Karussell. Große Dampflokomotiven
schnaufen auf Schienen, Modelleisenbahnen fahren auf Tischen,
kleinere Flugzeuge hängen von der Decke. Natürlich alles Originale.
Zusätzlich
zum (happigen) Eintritt sollte man einen Beutel voller Euromünzen
mitbringen, denn überall gibt es irgendwelche Schlitze, in die man
Geld werfen kann, damit sich irgendetwas bewegt, dreht, rattert,
pfeift und tutet. Die Kinder quengeln konsequent weiter, bis sie
wirklich alle Maschinen mit Geld füttern durften.
Mit
diesem Einbaum-Segelboot (links im Bild) ist der Abenteurer Rüdiger
Nehberg übers Meer geschippert.
Im
Hintergrund hängt ein kaputtes Flugzeug, mit dem die Nazis einst auf
einem gefrorenen See in Norwegen notlandeten. Nach der Schmelze sank
es auf den Grund und wurde erst Jahrzehnte später geborgen.
Das
Mefistofeles Mobile ist eine verrückte Maschine aus
Gießkannen und anderem Gerümpel, die nichts kann, außer nervtötend
zu klappern und zu tröten. Ein gewisser Herr Bartsch wollte einfach
mal absichtlich ein Gerät bauen, das keinen praktischen Nutzen hat.
Draußen
stehen dann die größeren Fahrzeuge: Panzer, Planierraupen, ein
DDR-Regierungsflugzeug,...
...amerikanische
und russische Kriegsmaschinerie, ein altes Boot der Deutschen
Seenotrettung und ein dickes U-Boot.
Oft
kann man reingehen und durch Glasscheiben in die Räume gucken, wo
manchmal auch nachgestellte Figuren sitzen oder stehen. Sich selbst
ans Cockpit setzen kann man hingegen nicht.
Gelegentlich
gibt es aber Hebel und Knöpfe zum Anfassen, an denen sich
technikbegeisterte kleine Jungs verlustieren können.
Am
auffälligsten ist die riesige Boeing 747. Es kam tatsächlich schon
vor, dass neu Zugezogene in Speyer aus dem Fenster sahen und
kreischten: „Da stürzt ein Flugzeug ab!“ - bis ihnen auffiel,
dass sich die riesige, leicht schräge Maschine (deren Stützpfeiler
von Bäumen verdeckt wurden) gar nicht bewegt. Für die
alteingesessenen Einwohner ist das sehr amüsant.
Und
so durchstreiften wir das Außengelände und stiegen immer mal wieder
eine Treppe hinauf zu einem der Fahrzeuge. Technik-Freaks können
sich auf Schildern Sätze wie „Auch der Sporn unter dem Heckträger
ist schwimmartig ausgebildet.“ durchlesen. Alle anderen denken sich
einfach nur: „Boah, ist das groß. Und man kann da rein!“ Wo
sonst kann man schließlich auf einem Flugzeugflügel spazieren
gehen, mit einer Spielplatzrutsche von einem Flugzeug
herunterrutschen…
...oder
durch den Fußboden in den Gepäckraum hinunterklettern?
In
der Raumfahrt-Halle gibt es ein echtes Space Shuttle. Dort kann man
aber nicht besonders weit reingehen.
Ein
Roboter bedient die Kunden auf Knopfdruck am Souvenirshop.
Und
noch eine Besonderheit: Das Imax-Dome-Kino. Dort saßen wir unter
einer riesigen, 800 Quadratmeter großen Kuppel und betrachteten eine
bildgewaltige Dokumentation über die Mond-Missionen. Ganz schön
schwindelerregend. Vielleicht werden irgendwann in einer ähnlichen
Kuppel ja auch mal die üblichen, langen Kinofilme gezeigt - das wäre
doch was.
Diesmal haben wir bei unseren Freunden Barbara und Christoph übernachtet, die zufälligerweise in Speyer wohnen. Auf einer Radtour bei Freunden zu übernachten hat nicht nur den Vorteil, dass man Geld spart, sondern vor allem, dass man einen so persönlichen und gastfreundlichen Aufenthalt genießen darf, dass eine Airbnb-Wohnung im Vergleich dazu fast schon anonym erscheint. (Der Nachteil ist, dass man abends plaudernd mit Weingläsern herumsitzt, es irgendwie ganz schön schnell ganz schön spät wird und man am nächsten Morgen nur schwer aus den Federn kommt).
Wir haben den gesamten Blog gelesen und können uns sehr gut Eure Erlebnisse vorstellen. Dein Schreibstil gefällt uns sehr gut und wir hatten viel Spaß beim Lesen (gestern bei strömendem Regen, während wir an Euch Armen dachten, die in der Kälte bis nach Mannheim mußten....)
AntwortenLöschenViel Spaß beim nächsten Abschnitt!!!
Barbara und Christoph