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Fulda: Von Morschen nach Hann. Münden

18 April 2017

Von Lingenfeld nach Speyer

Raus aus dem Dorf und auf zum nächsten Streckenabschnitt!

Heute ist Ostersonntag. Beim Frühstück im Gasthaus wurde dieser Feiertag nicht etwa mit liebevoller Dekoration gewürdigt, sondern eher nach dem Motto: Ach ja, is ja Ostern, nehmt euch ein paar Eier aus dieser Plastikverpackung.
Also mussten wir uns selbst einige Ostersachen suchen, die während einer Pause ganz plötzlich im Wald aufgetaucht sind.




Vorbei an sehr einladenden Orten...

...und mit idyllischer Aussicht auf das Kernkraftwerk Philippsburg…

...führte uns die nächste Tagesetappe gerade mal 18 Kilometer weit. Nicht besonders lang, aber dafür wollten wir uns in der nächsten Stadt ja viel ansehen, Freunde besuchen und mit ihnen ausgiebig tafeln.

Willkommen in Speyer!

Durch diese Stadt verläuft eine wunderhübsche Fußgängerzone. Sie ist folgendermaßen aufgebaut: eine Apotheke, eine gläserne Telefonzelle, ein Eisladen, ein gläserner Brezelstand, die nächste Apotheke, die nächste Telefonzelle und so weiter…
Die Straße ist sehr breit, doch Bäume gibt es nicht. Das liegt daran, dass hier fast alles unterkellert ist. Es gibt sogar einen unterirdischen Geheimgang vom Dom zur Stadtmauer.


Am Ende der Fußgängerzone kann man in einen Park oder die niedliche Altstadt aus gut erhaltenen Fachwerkhäusern spazieren. Hier führten uns unsere Gastgeber in ein rustikal-regionales Restaurant. Dort probierte ich als mutiger Norddeutscher einen pfälzischen Saumagen – immerhin das Lieblingsessen von Helmut Kohl, der hier begraben ist. („War das ein Koch?“, fragt die Elfjährige.)

Außerdem ragt am Ende der Fußgängerzone der mächtige Kaiserdom auf.
Vor dem Dom steht eine gigantische steinerne Schale. Bei einer Bischofsweihe wird sie mit Wein gefüllt, und alle Menschen dürfen daraus trinken. Damit das nicht komplett unhygienisch wird, kommt vorher eine Metallschüssel in die Steinschüssel.
Und noch eine verrückte Geschichte: Früher galt in der Schüssel die kirchliche, auf dem Platz rundherum aber die weltliche Gerichtsbarkeit. Wer also auf der Flucht vor dem Gesetz war, konnte sich durch einen Sprung in die Schüssel vorläufig retten.

Der Dom ist eines der am besten erhaltenen Gebäude aus der Romanik, einem ganz alten Baustil aus dem Mittelalter. Typisch romanisch sind dicke Mauern, runde Bögen und kleine Fenster – die Kirchen sind wehrhaft und ein bisschen düster, fast wie Burgen.
Erstaunlich, dass der Dom von Speyer trotzdem so hell und freundlich ist – denn theoretisch erfüllt er alle wehrhaften Baumerkmale.

Die Orgel wurde kürzlich mit allem möglichen technischen Schnickschnack ausgerüstet, man kann die gespielte Musik mit einem Computer aufnehmen, speichern und wieder abspielen. Nur der Kerzentisch ist nicht so modern und wurde noch nicht durch elektrische Lampen ersetzt.

In der Krypta liegen die Reliquien von Heiligen, Knochen und so was. Zu besonderen Anlässen werden sie entnommen und von Gläubigen geküsst. Lecker.

In Speyer gibt es aber noch etwas ganz anderes: Das Technikmuseum. Bereits der Eingang sieht ganz schön spektakulär aus.

Das Museum hat einen Innen- und Außenbereich. Innen, in der Liller-Halle, stehen auf säuberlich geharkten Flächen aus weißem Kies unzählige historische Exponate: Autos, Motorräder, Fahrräder, Torpedos, alte Spielorgeln und ein Karussell. Große Dampflokomotiven schnaufen auf Schienen, Modelleisenbahnen fahren auf Tischen, kleinere Flugzeuge hängen von der Decke. Natürlich alles Originale.
Zusätzlich zum (happigen) Eintritt sollte man einen Beutel voller Euromünzen mitbringen, denn überall gibt es irgendwelche Schlitze, in die man Geld werfen kann, damit sich irgendetwas bewegt, dreht, rattert, pfeift und tutet. Die Kinder quengeln konsequent weiter, bis sie wirklich alle Maschinen mit Geld füttern durften.
Mit diesem Einbaum-Segelboot (links im Bild) ist der Abenteurer Rüdiger Nehberg übers Meer geschippert.
Im Hintergrund hängt ein kaputtes Flugzeug, mit dem die Nazis einst auf einem gefrorenen See in Norwegen notlandeten. Nach der Schmelze sank es auf den Grund und wurde erst Jahrzehnte später geborgen.

Das Mefistofeles Mobile ist eine verrückte Maschine aus Gießkannen und anderem Gerümpel, die nichts kann, außer nervtötend zu klappern und zu tröten. Ein gewisser Herr Bartsch wollte einfach mal absichtlich ein Gerät bauen, das keinen praktischen Nutzen hat.

Draußen stehen dann die größeren Fahrzeuge: Panzer, Planierraupen, ein DDR-Regierungsflugzeug,...

...amerikanische und russische Kriegsmaschinerie, ein altes Boot der Deutschen Seenotrettung und ein dickes U-Boot.

Oft kann man reingehen und durch Glasscheiben in die Räume gucken, wo manchmal auch nachgestellte Figuren sitzen oder stehen. Sich selbst ans Cockpit setzen kann man hingegen nicht.

Gelegentlich gibt es aber Hebel und Knöpfe zum Anfassen, an denen sich technikbegeisterte kleine Jungs verlustieren können.

Am auffälligsten ist die riesige Boeing 747. Es kam tatsächlich schon vor, dass neu Zugezogene in Speyer aus dem Fenster sahen und kreischten: „Da stürzt ein Flugzeug ab!“ - bis ihnen auffiel, dass sich die riesige, leicht schräge Maschine (deren Stützpfeiler von Bäumen verdeckt wurden) gar nicht bewegt. Für die alteingesessenen Einwohner ist das sehr amüsant.
Und so durchstreiften wir das Außengelände und stiegen immer mal wieder eine Treppe hinauf zu einem der Fahrzeuge. Technik-Freaks können sich auf Schildern Sätze wie „Auch der Sporn unter dem Heckträger ist schwimmartig ausgebildet.“ durchlesen. Alle anderen denken sich einfach nur: „Boah, ist das groß. Und man kann da rein!“ Wo sonst kann man schließlich auf einem Flugzeugflügel spazieren gehen, mit einer Spielplatzrutsche von einem Flugzeug herunterrutschen…

...oder durch den Fußboden in den Gepäckraum hinunterklettern?

In der Raumfahrt-Halle gibt es ein echtes Space Shuttle. Dort kann man aber nicht besonders weit reingehen.

Ein Roboter bedient die Kunden auf Knopfdruck am Souvenirshop.

Und noch eine Besonderheit: Das Imax-Dome-Kino. Dort saßen wir unter einer riesigen, 800 Quadratmeter großen Kuppel und betrachteten eine bildgewaltige Dokumentation über die Mond-Missionen. Ganz schön schwindelerregend. Vielleicht werden irgendwann in einer ähnlichen Kuppel ja auch mal die üblichen, langen Kinofilme gezeigt - das wäre doch was.


Diesmal haben wir bei unseren Freunden Barbara und Christoph übernachtet, die zufälligerweise in Speyer wohnen. Auf einer Radtour bei Freunden zu übernachten hat nicht nur den Vorteil, dass man Geld spart, sondern vor allem, dass man einen so persönlichen und gastfreundlichen Aufenthalt genießen darf, dass eine Airbnb-Wohnung im Vergleich dazu fast schon anonym erscheint. (Der Nachteil ist, dass man abends plaudernd mit Weingläsern herumsitzt, es irgendwie ganz schön schnell ganz schön spät wird und man am nächsten Morgen nur schwer aus den Federn kommt).

1 Kommentar:

  1. Wir haben den gesamten Blog gelesen und können uns sehr gut Eure Erlebnisse vorstellen. Dein Schreibstil gefällt uns sehr gut und wir hatten viel Spaß beim Lesen (gestern bei strömendem Regen, während wir an Euch Armen dachten, die in der Kälte bis nach Mannheim mußten....)
    Viel Spaß beim nächsten Abschnitt!!!
    Barbara und Christoph

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