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10 September 2021

Weser: Von Bremen nach Nordenham

Weser-Tag 8: Eine leerreiche Strecke

gefahren im: Juni 2022
Start: Campingplatz Nordenham
Ziel: Bremen, Altstadthostel
Länge: 70 km
Weserquerungen: 1 (Brücke)
Ufer: links
Bundesländer: Niedersachsen, Bremen
Landschaft: Deiche mit einem Hauch von Nichts
Wegbeschaffenheit:
 asphaltierte Kegel-Radwege
Steigungen: Deich hoch, Deich runter, Deich hoch
Wetter: Regen verschiedener Art
Wind: leichter Nordwestwind
Highlight: Zu-viel-Cafe in Brake
Größte Hürde: naja, der Regen, aber eigentlich ging es trotzdem
Zitat des Tages: "Wiuwiuwiu!" - Alarmanlage im Hochofen -

1. Überqueren Sie den finsteren Radweg in der unteren Etage der Stephanibrücke. Hier liegen die letzten beiden Weserbrücken, danach ist der Fluss zu breit. Ein Tunnel kommt noch, anschließend müssen Sie sich mit Fähren begnügen.
Ihnen steht sogar die volle Breite des Radwegs zur Verfügung. Bremen hat die Hälfte jahrelang mit einem Bauzaun blockiert, um die Brücke zu entlasten - eine Spur auf der Fahrbahn wollte man nicht sperren. Es dauerte lange, bis den Verantwortlichen auffiel, dass die Bauzäune mehr wiegen als die Radler und Fußgänger, die sich sonst auf dem halben Radweg bewegen würden.


2. Wie beim Reinkommen verabschiedet sich Bremen mit Radwegen durch Industriegebiete. Der Unterschied: Diesmal folgen Sie großen Hauptstraßen, weshalb die Zick-Zack-Windungen viel länger und gradliniger sind. Unterqueren Sie den Tunnel einer Fabrik, in der anscheinend Blattschneideameisen angestellt sind. Suchen Sie vergeblich einen nicht existierenden Aussichtsturm zwischen Zäunen und grauen Mauern.


3. Dann dürfen Sie endlich zurück ans Wasser, denn Industrie und Häfen haben sich ans andere Ufer zurückgezogen. Fühlen Sie sich wie am Niederrhein. Beobachten Sie überrascht, wie aus dem rostigen Hochofen immer noch Rauch aufsteigt. Lauschen Sie dem lieblichen Heulen der Sirenen und hoffen Sie, dass gleich nichts Wichtiges explodiert.


Passieren oder parken Sie in einem erschreckend niedrigen Tierstall aus beigem Blech, der sich bei näherem Hinsehen als Fahrradgarage herausstellt.
Die kleinen Örtchen an der Unterweser haben alle ihre eigene Geschichte, in der sie sich auf irgendeine Art von Schiffahrt spezialisiert haben. In Lemwerder starteten zum Beispiel Schiffe nach Grönland, um Robben und Wale zu jagen.


Am anderen Ufer liegt der Stadtteil Vegesack. Fegende Säcke werden Sie da nicht anzutreffen, sondern nur einen Hafen mit historischen Holzschiffen, hässliche Häuser und die Mündung der Lesum, wo sich jede Menge Wasser aus der Lüneburger Heide der Weser anschließt. Dort (w)endet der Wümmeradweg.
Fahren Sie da nur mit der Fähre rüber, wenn sie ein Segelschiff-Fan sind, eine Runde an der Wümme fahren oder Bremens größtes Schwimmbad besuchen wollen.


So, das war Bremen. Wie die meisten Leute wissen, liegt nördlich von Bremen Bremerhaven. Aber was gibt es eigentlich dazwischen? Das kommt aufs Ufer an.
Bremen und Bremerhaven liegen am rechten Ufer, aber dazwischen ist... gar nichts. Der Radweg am rechten Ufer führt laut Karte durch Leere. Alle Dörfer und Städtchen liegen am linken Ufer. Ein Blick auf einen Netzplan der Bahn bestätigt dies: Rechts gibt's nur eine Bahnstation (Osterholz-Scharmbeck - und das liegt weit von der Weser entfernt), links sind es neun.
Also gut, dann nehmen Sie eben das linke Ufer, damit es nicht ganz so öde wird.
Das klappt bestimmt.
Ähm, ja.


Keine Sorge, die Strecke sieht nicht den ganzen Tag so aus. Also staunen Sie ein paar Kilometer, wie wahnsinnig breit die Weser geworden ist und wie wahnsinnig wenig eine Landschaft enthalten kann.
Betrachten Sie anschließend eine lange Grafittiwand, die unter anderem eine Karikatur der Bremer Stadtmusikanten enthält.


Erkennen Sie zum ersten Mal die Wirkung der Gezeiten. Oder warum sollten diese Segelboote sonst durch Schlamm segeln?


Machen Sie Pause im Melkhus und essen Sie ein Eis - aber nur wenn Sie einen trockenen Sitzplatz unterm Vordach finden, bei dem die Wand in Windrichtung steht. Ein Melkhus ist eigentlich bloß eine grüne Hütte, in der Landwirte ihre regionalen Produkte gegen Kasse des Vertrauens verkaufen. Dieses Hus wurde aber zum Cafe ausgebaut. Es steht in einem Ort namens, ähm, Ohrt.

4. Falls demnächst die volle Stunde beginnt und Sie nicht unbedingt im Schifffahrtsmuseum Schiffssimulator fahren wollen, verzichten Sie auf das Städtchen Elsfleth und fahren Sie weiter geradeaus. Dadurch sparen Sie etwa 10 Kilometer. Überqueren Sie einen schmalen Graben und betreten Sie, ohne es richtig zu bemerken, die Insel Elsflether Sand. Ihre Wäldchen und Deiche sehen etwas natürlicher aus, aber auch nicht völlig anders als auf dem Festland. Passend zum Namen haben sie einen leichten Stich ins Gelbliche.


Passen Sie das richtige Zeitfenster ab und überqueren Sie das Huntesperrwerk - das einzige Sperrwerk, über das ich je mehrere Memes gemacht habe. Es öffnet sich für Fußgänger und Radler "zur vollen Stunde", so steht es überall. Das bedeutet: Von 11:57 bis 12:07 oder halt irgendwie gerade so lange, wie der Brückenwärter Bock hat oder bis ein Schiff die Hunte entlangfährt, dessen Mast nicht unten durchpasst, keine Ahnung, seien Sie einfach zur vollen Stunde da, dann passt das. Außer das Sperrwerk ist wegen einer Baustelle gesperrt.
Wenn Ihnen kurz darauf Radler entgegenkommen und die Brücke wieder hochgeklappt ist, verraten Sie es ihnen ruhig. Sie werden nur mittelmäßig enttäuscht sein, weil sie schon damit gerechnet haben.

 

5. Der Rest der Strecke sieht folgendermaßen aus: Deiche, Schafe und eine Schranke, an der grundsätzlich und generell ein Kegel hängen muss. Kegeln können Sie auf diesem Radweg trotzdem nicht.


6. So, jetzt schauen Sie sich doch noch zwei größere Weser-Städtchen an. Das erste besteht aus bunten Häuschen und einem Bahnhof, der wie eine goldene Kirche aussieht. Brake war eine Zeitlang ein erfolgreicher Hafen, weil die Weser ab 1700 immer flacher wurde und die Schiffe nicht weiter durchkamen. Die Herzöge von Oldenburg bekamen die ganze Waren und die Bremer Kaufleute knirschten mit den Zähnen. Am Ende fand Bremen eine Lösung, welche die Landkarte der Wesermündung völlig veränderte.
Legen Sie eine Pause in einem Café ein, in dem von allem zu viel serviert und sich dafür auch noch entschuldigt wird. Zu viel Kakaopulver auf dem Kakao? Zu viel Karamellsirup im Karamell-Macchiato? Als ob so was geht! Antworten Sie am besten, dass es vielleicht ein bisschen mehr als üblich ist, das aber überhaupt nichts macht. So sind Sie maximal höflich, bekommen aber trotzdem ein zweites Getränk.


Wenn Sie Rentner sind, nehmen Sie das Schiff zum Naturschutzgebiet Harriersand. Zu bestimmten Ausflugsfahrten bringt es die Gäste auf die Insel, wo sie zum einzigen Cafe der Insel latschen und anschließend wieder zurück.

7. Nordenham besteht aus weißen Häusern, roten Ampeln und überdurchschnittlich vielen Bäumen. In den Abendstunden sind nur wenige Spaziergänger unterwegs, dann können Sie ruhig den schöneren Uferweg an der Weser nehmen. Beobachten Sie, wie ein Mann zwei Enten in die Weser verfolgt und lautstark seine Absicht verkündet, diese zum Abendessen zu verspeisen. Rätseln Sie, ob die Bierflasche in seiner Hand oder die Belustigung seiner zwei Kinder die Ursache für diese Handlung darstellen.
Die Stadt Nordenham entstand hauptsächlich aus dem Ochsenpier, von dem erfolgreich Rinder nach England verschifft wurden. Schon damals hatten die Briten wohl Probleme mit ihren eigenen Rindviechern.


Wenn Sie auf dem Campingplatz übernachten, stellen Sie Ihr Zelt lieber nicht vorne in die Mitte der ersten Busch-Bucht von rechts hinter den Sanitäranlagen. Andernfalls zelten Sie unter einem Ast, welcher bei den Nordenhamer Campingtauben in Ermangelung von Statuen als Sanitäranlage dient.
Sollten Sie diesen Hinweis missachten, denken Sie daran, vor dem Einpacken den frischen Vogelkot von ihrem Vorzelt zu wischen.
Wischen Sie vor dem Abendessen Vogelkot unterschiedlichen Alters vom Plastiktisch.
Wischen Sie anschließend erneut den Vogelkot von Ihrem Zelt.

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