NEU! Das Bergparkleuchten - leuchtende Wasserfälle in Wilhelmshöhe

Fulda: Von Morschen nach Hann. Münden

01 August 2015

Von Stein nach Neuhausen

Über Nacht ist der Himmel noch etwas grauer geworden, sodass wir die nächste Tagesetappe an einem richtig trüben Regentag zurückgelegt haben. Was gerade für die modebewussten Familienmitglieder ungünstig ist, denn im Radfahrer-Regenponcho sieht man nun mal ziemlich lächerlich aus. 
Noch nasser (Ja, das geht!) wird man, wenn man schon wieder von so einem Feld-Rasensprenger geduscht wird. Die Dinger laufen auch bei strömendem Regen.
Kein Wunder, dass die Waldwege sehr matschig waren. Aber immerhin hatten sie ein Hexenhäuschen als Unterstand.

Zeit für Regenpause mit Tee und Tütensuppe! Als die Hexe uns auf ihrem Grundstück entdeckte, kam es zu folgendem Dialog:
Knusper, knupser, knäuschen! Wer kocht in meinem Häuschen?
Die Familie Kaplan, mit Propan und Butan!

Wir überquerten wieder einmal ein paar Grenzen: Von der Schweiz in eine deutsche Enklave (also ein Stück Deutschland, das von der Schweiz umschlossen ist) und wieder in die Schweiz. Die Enklave ist aus Versehen entstanden, als ein deutscher Herzog die Nachbargemeinden der Ortschaft Büsingen an die Schweiz verhökerte, sodass ein Teil seines Herzogtums plötzlich keine Verbindungen zum Restland hatte. Und so blieben die Grenzen jahrhundertelang, Büsingen war deutsch oder österreichisch. 1918 entschieden die Büsinger bei einem Referendum, dass sie lieber zur Schweiz gehören wollen, aber die Schweiz hatte kein entsprechendes Austauschgebiet für Deutschland. Auch bei Verhandlungen 1956 wollte der Landkreis Konstanz Büsingen nicht hergeben - im Gegenteil, er forderte sogar einen Verbindungskorridor nach Deutschland. So leben die Leute dort bis heute mit zwei Währungen und leiden unter dem Kurs des Franken und den deutschen Steuern - eine wirtschaftlich echt blöde Kombination. Die jungen Leute wandern deshalb alle aus Büsingen ab.

Nach weniger als 20 Kilometern haben wir es auch schon nach Schaffhausen geschafft. Schaffhausen hat ebenfalls schöne alte Häuser, aber ohne die Fassadenbilder von Stein am Rhein. Dafür ist Schaffhausen größer.

Diese hohe Treppe führt durch einen Weinberg...

...und zur Festung Munot - unsere erste Burg am Rhein. Sie enthält eine eine Open-Air Bühne, die beste Aussicht auf die Stadt und einem düster-gruseligen Keller (eigentlich ist das bloß das Erdgeschoss, aber die Atmosphäre ist eindeutig die eines Kellers). Entworfen hat das Ding der Künstler Albrecht Dürer. Der Name Munot bedeutet "ohne Not", die Festung wurde nämlich noch nie belagert.

Außerdem gibt es in Schaffhausen eine auffällige eiserne Eisenbahnbrücke...

...und keine Haie.

Was außerdem fehlt, ist der Rheinfall. Die Stadt nennt sich zwar gerne Schaffhausen am Rheinfall, aber zu sehen oder hören ist noch nichts davon. Das Wasser sieht sogar ziemlich ruhig aus.
Erst einige Kilometer hinter dem Stadtzentrum wird der Fluss spannender. Hier führt ein Fußweg am Wasser entlang.

Das Wasser wird wilder...

...und wilder...

...und stürzt dann ganz spontan nach unten. Am beeindruckendsten ist das aus direkter Nähe, wenn man auch etwas Gischt abkriegt und alles viel größer aussieht.

Deshalb fahren verschiedene Boote unterhalb des Wasserfalls herum.

Bei der Felsenfahrt setzt einen das Boot auf dem Felsen in der Mitte ab, wo man auf einer Treppe in einer langen, langsamen Schlange steht, um nach oben auf die Aussichtsplattform zu kommen. Auf der oberen Hälfte der Treppe sieht man beim Warten aber auch viel. Man wird quasi gezwungen, das Bild auf sich wirken zu lassen.

Der Rheinfall ist zwar im Prinzip gar nicht so hoch, dafür aber sehr breit, sehr laut, sehr spritzig und extrem selbstbewusst.

Gegenüber vom Wasserfall liegt ein Kletterpark. Zunächst überredete der Kassierer unseren eher unmotivierten Vater, mitzuklettern. Dazu benötigte er ungefähr eine Minute. Als nächstes bekamen wir einen Gurt mit zwei Karabinerhaken und einer Rolle und sollten den auf einer kurzen Übungsstrecke testen. Mit dem Gurt hangelten wir uns auf schwankenden Konstruktionen aus Stahlseilen und Holz von Baum zu Baum, ohne jemals ausgehakt zu sein. Und flogen wir einfach mit der Rolle an einem Seil entlang, eine Seilbahn. Während der ganzen Zeit darf man nie ausgehakt sein. Dieses Prinzip kannten wir grundsätzlich von unserem Kletterwald von zu Hause. Während wir aber zu Hause nur scharf zurechtgewiesen wurden, wenn wir beide Haken gleichzeitig öffneten, ließen uns die modernen Karabinerhaken am Rheinfall keine Wahl - es ist unmöglich, völlig ausgehakt zu sein und herunterzufallen.
So ein Kletterpark hat einfachere...

...und schwierigere Strecken.

Habe ich gesagt, es ist unmöglich, herunterzufallen? Das stimmt nicht ganz. An manchen Stellen ist es sogar erwünscht. Hier hakt man sich in ein langes Seil ein, zögert noch ungefähr eine Stunde, macht einen Schritt ins Leere - und fällt. Diese Horrorteile heißen Big Swing oder Power Fan. Die Mitarbeiter sparen sich durch die morgendliche Nutzung dieser Dinger nach eigener Aussage den Kaffee.
Was diesen Park aber wirklich außergewöhnlich macht, ist die Lage. Zwei der Kletterstrecken bieten einen direkten Blick auf den Wasserfall, eine davon besteht einfach nur aus einer ewig langen Seilbahn. Hoch über dem Boden an einem Seil zu schweben, links der Wald, rechts der Wasserfall, unter sich Baumwipfel oder eine Bahnstrecke... da vergisst man sogar die unverschämten Eintrittspreise für eine Minute.

Ein schönes Freibad gibt es auch in der Nähe. Im Rhein zu baden ist in der Gegend wahrscheinlich eher nicht erlaubt.

Die Stadt, die die Bezeichnung "...am Rheinfall" zu Recht trägt, heißt übrigens Neuhausen. Diese Stadt hat eindeutig viel zu steile Straßen und erstaunlich weiche Poller.

Abgesehen von den Pflanzen und Pollern besteht Neuhausen aus Beton: die Garagen, Brücken, Tunnel (mit den steilen Straßen) und Supermärkte erstrahlen in ödem Grau. Da ist Schaffhausen wirklich schöner - aber was solls, dafür hat Neuhausen den Rheinfall!
Wir haben in der sehr geräumigen Ferienwohnung "Rheinfall BNB" übernachtet. Und zwar zwei Nächte, dann konnten wir uns alles genau anschauen.

1 Kommentar:

  1. So, also ich habe bis jetzt den gesamten Blog gelesen und ich finde, dass ist wirklich gut geschrieben.^^ Das liest man wirklich gerne.

    LG Laruna

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