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Fulda: Von Morschen nach Hann. Münden

01 April 2009

Elbe: Von Dömitz nach Lenzen

 Im Frühling 2009 haben wir eine Woche lang mit der Elbe weitergemacht. Insgesamt war das unsere kürzeste Radtour, aber dafür ging es ja nur wenige Monate später schon wieder weiter.


Wo waren wir stehengeblieben? Ach ja, an der Dömitzer Festung in Mecklenburg.

Bei Dömitz mündet ein Fluss in die Elbe, der ganz ähnlich heißt - die Elde, die Wasser aus der Mecklenburgischen Seenplatte herantransportiert.
Die folgende Landschaft nennt sich Lenzener Wische und besteht aus Auwäldern.
Im Frühling muss man sich keine Sorgen machen, dass man zu weit weg von der Elbe abschweift. Das Wasser tritt über die Ufer, prüft mal wieder nach, ob die Deiche noch halten, und bleibt einem immer dicht auf den Fersen.

Auch den Dörfern rückt es ziemlich auf die Pelle,...

...ebenso wie diesem Sensenmann.

Am Südufer liegt das Dorf Gorleben. Nach Rüterberg haben wir hier gleich den zweiten vorübergehenden Mini-Staat, diesmal aber auf der Westseite.
Bei Gorleben befindet sich ein Atomzwischenlager, das zum Endlager werden soll. Als in den 80ern zu diesem Zweck rumgebohrt wurde, besetzten Aktivisten die Bohrstelle und gründeten die Freie Republik Wendland. Sie bauten ihr Hüttendorf nach dem Vorbild der Rundlingsdörfer aus der Region, und sie stellten Pässe aus, die für das gesamte Universum gelten, solange der Besitzer lachen kann.
Der Innenminister konnte nicht darüber lachen und diagnostizierte Hochverrat. Polizei und Bundesgrenzschutz räumten die Republik nach einem Monat. Zum Glück blieb dabei alles friedlich.

Als erstes übernachteten wir in Lenzen. Dort steht eine schneeweiße Burg, eigentlich schon ein Schloss. Slawen haben sie im 12. Jahrhundert erbaut. Damals war sie vermutlich noch nicht so weiß und blitzsauber.

Wer als Kind zum ersten Mal in einem Schloss übernachtet, erlebt aufregende Dinge, an die er sich auch viele Jahre später erinnern kann. (Echt jetzt.) Dazu zählen makellos weiße Wände, aggressiv fauchende Klospülungen und eine Lampe, die angeht, wenn man nur den Sockel berührt.

Nachtrag 2022
Die Fähre von Lenzen hat drei Anlegestellen je nach Wasserstand. Sie fuhr hier über 500 Jahre lang hin und her, bis die DDR sie einstellte und ihren Grenzzaun auf dem Deich baute.

An beiden Seiten der Fähre ragt ein ungewöhnlicher Turm auf. Im Osten steht ein großer grauer Grenzturm, auf dem DDR-Soldaten auf Mitbürger schießen sollten, die über den Zaun klettern und anschließend über die Elbe schwimmen wollten.
Das Besondere: Es ist der einzige Turm an der Innerdeutschen Grenze, den man einfach so besteigen kann. (Das ging sonst nur an der Ostsee und Berliner Mauer.) Allerdings nicht von innen. An diesen Turm wurde außen eine Feuerleiter drangeschraubt, über die ich direkt aufs Dach kam. Die Grenzsoldaten hatten damals bestimmt noch keine Plattform mit schickem Glasgeländer, obwohl sie auch manchmal aufs Dach mussten, um Scheinwerfer einzusetzen.

Aber kann ich gar nicht in den Turm rein? Doch, in der obersten Etage zweigt von der Wendeltreppe ein Zugang zur Tür ab. Mal sehen, was da... ürg.
Ein Museum sollte man darin auf keinen Fall nicht erwarten, nur ein paar alte Fotos der Elbgrenze hängen an der Wand. Fragen Sie mich aber nicht, was genau da zu sehen war, denn ich habe den Raum auf der Stelle wieder verlassen. Er enthält nämlich weitaus mehr Fliegen als Fotos. Die kleinen Fruchtfliegen fanden mich anscheinend interessanter als Fotos, Fenster und Beton und begannen umgehend, ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort auf meine gesamte Körperoberfläche zu verlegen.
Was zur Hölle? Ist der Turm verschlossen, weil in den unteren Etagen alle Mauertoten verscharrt wurden, oder was?

Weniger verstörend ist der Aussichtsturm Schwedenschanze auf dem Höhbeck. Der Berg ist 200 000 Jahre älter als das Flusstal in seiner heutigen Form. Damals war der Höhbeck eine Insel, die in der letzten Eiszeit mitten in der Elbe zusammengeschoben wurde. Wer den Fluss per Boot überquerte, machte hier Pause.
Es ist schon anstrengend, auf den Berg hinaufzuholpern, aber wenigstens gibts keine Fliegen. Aus dem Wald ragen ein rot-weißer Funkturm und ein hölzerner Aussichtsturm. Warum das Ding Schwedenschanze heißt, weiß keiner so richtig. Karl der Große baute hier zwar eine Festung, vertrieb die Slawen aus ihrer Burg ans Ostufer und machte die Elbe zum ersten Mal zur Grenze. (Es sei denn, man zählt schon die Grenze zwischen grauschwarzen Nebelkrähen im Osten und schwarzen Rabenkrähen im Westen mit.) Aber wer sich in Geschichte richtig gut auskennt, weiß, dass weder Karl der Große noch die Slawen aus Schweden kamen.
Die Nazis bauten hier eine geheime militärische Sendeanlage. Die BRD errichteten stattdessen Funktürme, um Telefongespräche und das ZDF nach Westberlin rüberzufunken. Anfangs konnten nur 15 Westberliner gleichzeitig telefonieren.

Jaja, denken Sie vielleicht, wieder so ein hölzerner Aussichtsturm in einem Naturschutzgebiet, das gibts doch überall. Aber haben sie je einen so hohen Holzturm gesehen? Ich kann mich jedenfalls an keinen höheren erinnern. Die Treppe ging immer wieder hin und her, und als ich oben ankam, war ich ein bisschen aus der Puste.

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