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Fulda: Von Morschen nach Hann. Münden

26 Oktober 2023

Nidda: Von Ulrichstein nach Frankfurt

Der ehrliche Reiseführer zum Nidda-Radweg

1. Steigen Sie an der Haltestelle Ulrichstein Wiesenhof aus dem Bus. Keine Sorge, der Bus ist meist leer und der Fahrer sagt nichts, wenn Sie ihr Rad reinstopfen.
Falls Sie dennoch nicht unerlaubt Bus fahren möchten, starten Sie am Bahnhof Nieder-Ohmen auf der Ohmtaltour nach Ulrichstein. In dem Fall müssen Sie sich aber so richtig ins Zeug legen, wenn Sie an dem Tag noch die Nidda schaffen wollen.

2. Holpern Sie einen Feldweg schräg runter und zack, schon sind Sie mitten auf dem korrekten Radweg. Mit der Wiesenhof-Haltestelle haben Sie nochmal ein paar Kilometer gespart, auch wenn Sie dafür Ulrichstein nicht besichtigen konnten.

3. Nutzen Sie mapy.cz oder andere Onlinekarten, einen Reiseführer gibt es noch nicht. Oder folgen Sie einfach dieser roten Pfeilspitze. Ein cleveres Logo, das gleichzeitig die richtige Richtung verrät.
Oft verraten die Wegweiser auch, wie weit es noch zur Mündung ist. Noch 97,1 Kilometer, ui... aber lassen Sie sich ruhig von der stetig schrumpfenden Zahl motivieren.

Folgen Sie dem Kiesweg ganz intuitiv durch all seine Knicks, Kurven und sanften Anstiege. Bezwingen Sie schließlich ohne große Anstrengungen die Spitze des Sieben Ahorn, immerhin der drittgrößte Gipfel im Vogelsberg. Vorsicht, die Meinungen gehen auseinander, wo genau der liegt: Zuerst behauptet das Holzschild, Sie seien schon oben, aber die Karte sagt, noch ein Stück weiter, Sie hätten es geschafft. Die zweite Stelle scheint auf jeden Fall höher zu liegen.

4. Der Hohe Vogelsberg heißt nicht ohne Grund Land der tausend Hecken und hundert Quellen. Stoßen Sie auf eine Wiese vor und finden Sie die Ursprünge der Nidda, welche säuberlich mit Holzschildern markiert sind:

  • Hinter Ihnen kommt ein zugewachsener Bachlauf von einer anderen Wiese, in dem aber zur Zeit nichts mehr fließt.
  • Der Landgrafenborn ist die klassische Standardquelle: Ein Rohr in einer Mauer, aus dem es plätschert.

  • Ein Stück weiter unten finden Sie einen Quellfluss, der (obwohl er kürzer ist) zur offiziellen Niddaquelle ernannt wurde. Kein Wunder, es handelt sich immerhin um die schönste Quelle im ganzen Vogelsberg. In einer geschützten Waldmulde quillt das Wasser ganz sanft aus der Erde und sucht sich einen schattigen Hohlweg. Mit 720 Metern ist das die höchste Quelle in der Gegend.

5. Ignorieren Sie die Wegweiser und nehmen Sie die Abkürzung direkt an der Nidda. Die fast genauso gut zu fahren, kürzer, näher am Wasser, Sie kommen direkt an der Niddaquelle vorbei und schöne Rastplätze sind auch dabei.
Beobachten Sie, wie morgens Dampf von einer einsamen Bank aufsteigt, als würde dort ein unsichtbarer Raucher vor sich hin paffen.
Füllen Sie bitte kein Trinkwasser aus den Entwässerungsgräben im Hochmoor ab. Das Wasser ist auch so schon knapp: Das Moor entstand seit der letzten Eiszeit und hat sich vom Grundwasser getrennt. Jahrtausendelang reichte dem Moor der Regen völlig aus, um sich vollzusaugen - bis die Menschen diese lästigen Gräben reinpieksten und das Regenwasser wegschlürften. Inzwischen werden sie wieder verschlossen.


6. Überqueren Sie die kleine Nidda in einem orangefarbenen Plastikrohr unter dem Weg. Drehen Sie nun eine große Runde am Berg- und Waldrand einmal um ihr Tal - der großartigste Teil des Niddaradwegs!


Schauen Sie ein paar Meter nach links zu den kleinen Teichen in der Nidda. Sie werden wahlweise Flößerteiche oder Forellenteiche genannt - also was denn nu? Beides ist richtig: 1616 wurden die Teiche gebaut, um damit künstliche Flutwellen zu erzeugen und gefällte Bäume ins Tal zu schwemmen, was nur bei Hochwasser wirklich funktionierte. Es klingt nach ziemlich gefährlichen Methode, also probieren Sie dieses Fortbewegungsmittel lieber nicht aus! Später wurde es in den Teichen etwas ruhiger, weil darin nur noch Fische gezüchtet wurden.

7. Jetzt hat die Nidda ein tiefes Kerbtal in die Berge geschnitten. Da müssen Sie runter, aber hören Sie um Gottes Willen auf das Schild und brettern Sie möglichst vorsichtig abwärts.
Absteigen müssen Sie aber nicht (solange Ihre Bremsen funktionieren). Wenn auch nur aus dem Grund, dass den Verfassern des Warnschilds bestimmt klar war, dass kaum jemand auf Bitte-absteigen-Schilder hört.
Angeblich kann man von hier schon die Wolkenkratzer von Frankfurt sehen, aber haben Sie da bitte nicht zu hohe Erwartungen.

Direkt an der Nidda wachsen Erlen, dann folgt Weideland und weiter oben am Wegesrand stehen Kopfweiden. Sollten Sie eine Weide sehen, deren Äste fast schon so dick sind wie bei normalen Bäumen, dann rasieren Sie ihr dringend den Schädel! Sonst bricht sie unter dem Gewicht auseinander und der Schwefelporling, der Steinkauz und der Große Abendsegler sind auf einmal obdachlos. Besonders für den Eremiten wäre das eine sehr ungewohnte Situation, denn dieser Käfer hockt in seiner Baumhöhle, futtert schwarze Pflanzenreste und geht sein ganzes Leben lang nie nach draußen (der Gamer unter den Insekten).
Die Menschen haben sich nun einmal Bäume zurechtgezüchtet, die ihnen alle drei Jahre frische Ruten zum Flechten liefern, und jetzt kommen die Weiden ohne regelmäßige Rasur gar nicht mehr klar.
Biegen Sie ein auf einen perfekten Radweg im Niddatal und stellen Sie fest: Für so einen kleinen Fluss ist er echt gut ausgebaut. Ja, ich würde sogar so weit gehen und sagen: Von all den Mini-Flussradwegen, die keinen Bikeline-Radführer haben, gefällt mir der hier am besten.

8. Sagte ich, ein perfekter Radweg? Da bin ich doch etwas zu weit gegangen. Hier oben müssen Sie den Weg jedes Mal verlassen, wenn ein Örtchen kommt, und sich durch die fachwerkigen Gässchen schlängeln. An dieser Walkmühle von beginnt Schotten, der erste Ort an der Nidda.
Was haben ein britischer Barkeeper, ein Seemann und ein Getränkemarkt im Vogelsberg gemeinsam? Sie machen die Schotten dicht!

In Schotten drehten sich einst 60 Mühlsteine aus Basalt, dem typischen Gestein der Gegend. Vor der Kirche lief damals der Mühlgraben, der sie mit Wasser versorgte. Für 60 Mühlen reicht der Kirchplatz allerdings nicht.
Was also tun, wenn Sie als Künstler jede einzelne Mühle in einem Brunnen darstellen wollen? Stellen Sie einfach fünf Springbrunnen mit Mühlrad auf und behaupten Sie, jeder Brunnen repräsentiert 12 Mühlen. Damit die Zahl aber nicht ganz so willkürlich wirkt, stellen Sie außerdem klar, dass die fünf Wasserläufe die fünf Arten von Mühlen beziehungsweise die fünf Schritte zum Brot (Säuen, Wachsen, Ernten, Mahlen, Backen) darstellen. Außergewöhnlich ist, dass der Brunnen sogar noch Ende Oktober sprudelt. Andererseits liegt der Gefrierpunkt ja auch noch weit entfernt.

Sie mögen Vögel? Dann besuchen Sie den Vogelpark Schotten.
Sie sind geizig und mögen australische Vögel? Dann gehen Sie noch vor dem Eingang links auf die Aussichtsplattform und lassen Sie sich völlig kostenlos misstrauisch anstarren von einem Vogel Strauß... ach nee, ist ein Emu. Ein Gehege mit ein paar Vogelarten ist gratis zu sehen, quasi als kostenlose Probeversion des Vogelparks. Der Zoo scheint sich bei Apps und Computerspielen Inspiration geholt zu haben.

Sie mögen Vulkane? Dann haben Sie Pech, falls Sie an einem Oktobermontag gefahren sind. Der Vulkanbrunnen im Park sprudelt nicht mehr, und das moderne Vulkaneum ist montags geschlossen. Kommen Sie für das Museum an einem anderen Wochentag. (Am besten wenden Sie diesen Tipp generell auf alle deutschen Museen an.)

Sie mögen Wasserfälle? Dann haben Sie Glück. Entdecken Sie die hinterste Ecke des Stadtparks und beobachten blicken Sie von der Brücke hinunter. Die Nidda stürzt im Stadtpark das ganze Jahr über einen zwei Meter hohen Felsen. Beziehungsweise über einen zweihundert Zentimeter hohen Felsen, wie die Website behauptet. (Soll vielleicht nach mehr klingen, für mich klingt es eher nach weniger.)

9. Umrunden Sie den strahlend blauen Nidda-Stausee und entspannen Sie auf einer bequemen Bank.

Überqueren Sie schließlich die graue Staumauer und werfen Sie einen Blick in den Betontrichter, soweit möglich. Markierungen zeigen an, dass das Wasser anscheinend nur selten überläuft. Der Turm ist so hoch, wenn das Wasser wirklich bis dahin reicht, wären grob geschätzt schon die ganzen Wiesen ringsherum überflutet.

Überraschung: Gevatter Tod hat endlich geheiratet. Gratulieren Sie ihm ruhig. Aber schütteln Sie ihm nicht die Knochenhand. Die Halloweendeko darf nicht berührt werden.

Fahren Sie an zwei Hohlkellern vorbei. Die wurden in die Erde gebaut, um Kartoffeln und Getränke schön kühl zu halten - wann genau, weiß niemand. Falls Sie also im 18. Jahrhundert einen hessischen Apfelwein bestellen sollten und sich wundern, wo der Kellner bleibt - er muss erst mal bis hierher radeln. Mal eben zum Kühlschrank laufen war damals mangels Kühlschrank keine Option.

Natürlich kommt auch auch die Nidda nicht ohne die üblichen grauen Dorfmauern aus, in die der Fluss innerorts reingepackt wird. Auf diesem Bild ist das gemauerte Flussbett ungewöhnlich großzügig geraten.

10. Der Radweg wird immer lückenloser, ab jetzt dürfen Sie endlich an den Ortschaften vorbeiradeln. Sausen Sie hindurch zwischen einem See und dem Flutgraben, der die Stadt Nidda vor der Nidda beschützt.

Natürlich können Sie die Orte trotzdem angucken. Nidda, der erste Ort an der Nidda mit Bahnhof, hat zum Beispiel einen hübschen Brunnen und eine schiefe Fachwerkstraße.

Nanu, ist das ein Bahntrassenradweg? Dabei gibt es hier doch eine richtige Bahn im Tal? Studieren Sie irritiert das Schild, das verdächtig nach einem Bahnhof aussieht.
Um auf andere Gedanken zu kommen, wandern Sie über den Barfußpfad ins Kneippbecken. Wenn Sie nicht mal das im Herbst auf andere Gedanken bringt, dann weiß ich auch nicht.

Überqueren Sie den Limes, von dem aber nicht mehr wirklich was zu erkennen ist, ebenso wie von der einstigen Insel in der Nidda und der Burg, die an den Gestaden (also Ufern) der Insel stand. Im Namen der Stadt Staden verbergen sich noch die Ufer des Flusses.

Doch nun ist es Zeit, die typische Sehenswürdigkeit der Nidda kennenzulernen: Mineralwasserquellen. An diesem Fluss müssen Sie sich keine Sorgen machen, dass Ihnen das Trinkwasser ausgeht. Ihre Flaschen sind leer? Biegen Sie ab in den Herrengarten und stellen Sie Ihre Flasche unter eins der drei Rohre. Eine Pumpe oder irgendwas brummt im Innern der Holzhütte vor sich hin, und außen plätschern (mit kurzen Kunstpausen) drei Wasserstrahlen ans Tageslicht. Der Sauerbrunnen benutzt ganz natürlichen Kohlensäuredruck, um Mineralwasser an die Erdoberfläche zu holen. Und tatsächlich - was da in ihrer Flasche landet, ist ebenso klar und voller kitzliger Bläschen wie eine Flasche aus dem Supermarkt.
Seien Sie nicht sauer, wenn es ganz leicht säuerlich schmeckt - laut Schild ist es trotzdem "bekömmlich", und an den Eigengeschmack werden Sie sich schnell gewöhnen.

Die Hälfte haben Sie geschafft. Folgen Sie der breiten Nidda in Richtung Westen. Das Tal wird immer breiter und flacher, dafür taucht am fernen Horizont ein neues Gebirge auf, der Taunus. Sie fahren direkt am Ufer und profitieren damit (im Gegensatz zur Natur) von dem, was hier in den 1930ern und 1970ern fabriziert wurde.

Der Fluss wurde so stark begradigt, dass sich seine Länge halbiert hat. Jetzt ähnelt sie einem schmalen Kanal.
Falls Sie sich eine bessere Vorstellung davon machen möchten, begutachten Sie einen Nidda-Altarm bei Staden (sieht gar nicht so anders aus, hat aber mehr Bäume).
Den Wassertieren fehlt seitdem das Geröll und unterschiedliche Strömung. Noch viel gefährlicher waren damals aber mysteriöse Abwässer, von denen bis heute nicht klar ist, wer sie da reingeleitet hat.
Seit 1989 wird wieder renaturiert, dabei geht es jedoch weniger um die Altarme, sondern darum, dass nicht noch mehr Auen trockengelegt werden.

Speisen Sie in Florstadt in einem Imbiss, der anscheinend in eine ehemalige kleine Tankstelle eingezogen ist.

Unterqueren Sie die Eisenbahnbrücke von Assenheim. Die Nidda wird immer moderner: Hier entwickelte sich eine kleine mittelalterliche Wassermühle zur industriellen Walzenmühle. Weil die Nidda das nicht mehr alleine schaffte, griff ihr die Dampfmaschine unter die Arme. Kanadischer Weizen wurde zu Qualitätsmehl plattgemacht, das hauptsächlich an eine nahe Zwiebackfabrik ging.

Sie mögen Kunst? Drehen Sie eine Runde durch den Skulpturenpark in Karben und lassen Sie sich völlig kostenlos misstrauisch anstarren von der metallenen Version des Emus aus dem Vogelpark Schotten... ach nee, ist ein Strauß.
Alle Kunstwerke haben einen Naturbezug mit philosophischen Aspekten. Welchen genau, wird aber nicht erklärt. Warten Sie nicht, bis Sie die philosophischen Aspekte aus jeder Skulptur gezogen haben, sonst schaffen Sie die Strecke heute nicht mehr.

11. Vorsicht an den Mündungen! Die Horloff schließt sich der Nidda noch ganz unauffällig an, aber an der Wetter laufen Sie Gefahr, in die Landspitze und in eine Sackgasse zu fahren, wenn Sie nicht rechtzeitig rechts abbiegen.
An der nächsten Mündung dagegen besteht Verwechslungsgefahr, weil die Nidder in die Nidda mündet. Welcher Witzbold hat sich denn diesen Namen ausgedacht? "Och, lass einfach den Namen vom Fluss aus dem Nachbartal nehmen und eine Endung ranhängen, die fast gleich klingt. Dann werden ständig Leute ins falsche Tal fahren, das wird voll witzig!"

Die Nidder kommt vom Bahnradweg Hessen, der ihr eine Weile gefolgt ist.

Ignorieren können Sie die Schilder zur Niddasperrung, da geht es offenbar nur um den Grünstreifen direkt am Ufer - oder? Ja, die werden ja wohl nicht so einen aufwendigen Radweg bauen, um ihn dann von März bis September zu verbieten. Außerdem sind auf dem Schild ein Hund, ein Fußgänger und ein Paddler durchgestrichen, aber kein Radler.

Tanken Sie nach in Bad Vilbel, der ultimativen Burg- und Brunnenstadt. Den Schiffen wurden hier saftige Zölle abkassiert, was die Frankfurter Händler so stinksauer machte, dass sie irgendwann die Burgen und Zollhäuschen dem Erdboden gleichmachten.

Gleich am Ortseingang ragt ein rostiges Rohr aus einem Häuschen, welches großzügig Heilwasser in Richtung Fluss rotzt. Das ist der Römerbrunnen, die ergiebigste Quelle der Stadt. 220 000 Kubikmeter laufen raus. Weil sich das alles gar nicht so schnell in Flaschen füllen lässt, bekommt die Nidda einen Teil davon ab.
Über den Römerbrunnen-Steg müssen Sie nicht gehen, der führt nur ins Nirgendwo. Warum ist da dann überhaupt eine Brücke? Tja, dieses Nirgendwo gehörte einst zu Preußen, während die andere Seite hessisch war. Auf der preußischen Seite waren Bohrungen nur bis 15 Meter Tiefe erlaubt. Falls Ihnen die vielen Brunnen von Bad Vilbel also nicht reichen, um ihre (vermutlich gigantische) Trinkflasche zu füllen, und Sie einen neuen bohren wollen - tun Sie das nur auf hessischer Seite!
Das Heilwasser ist 287 Meter unter der Erde versteckt und damit nach preußischem Recht unerreichbar. Die Lösung: Wir bohren in Hessen, bauen den Römerbrunnen-Steg nach drüben und leiten das Wasser dann in die Kohlensäurescheideanlage auf preußischem Boden.

Brunnen, Brunnen, nichts als Brunnen, manche zugänglich, andere sprudeln dekorativ, aber unerreichbar unter Glashauben vor sich hin. Mitten in der Stadt tritt der Hassia-Sprudel ans Licht und wird prompt zu einem der beliebtesten deutschen Mineralwässer abgefüllt.

Und zwar in solche bunt bemalte Mineralwasserflaschen, welche mit unterschiedlichen Motiven in der Stadt herumstehen, offenbar das Pendant zum Berliner Bären/Rostocker Greifen.

Schon die Römer liebten ja bekanntlich Bäder, Quellen und Wasser. Bad Vilbel war also eine Stadt ganz nach ihrem Geschmack, wie man sich denken kann. Aber erst 1849 folgte der Beweis: Als der Südbahnhof gebaut wurde, entdeckten die Arbeiter das Mosaik einer römischen Villa. Es liegt nun in einem Glashaus unter einer dekorativen Schicht aus... Wasser? Nanu, ich dachte, das sei nur ein Boden und kein Schwimmbecken gewesen? Hält das etwa die uralten Fliesen frisch? Ach so, das ist bloß eine Kopie, das Original liegt in Darmstadt.

12. Durchqueren Sie eine Art Park, der sich auch zwischen den Städten am Fluss weiterzieht.
Ha, witzig, die haben da die Statue einer Gans auf die Bank gestellt - ach nee, warte, die ist echt! Fast bewegungslos wacht der stoische Vogel über seine Familie, während die Küken zurück zum Wasser trippeln.

Doch trotz dieser schönen Momente wird der schöne Radweg leider, leider kurz vor dem Schluss noch ein bisschen versaut. Verlassen Sie den Fluss wieder öfter, weil eine Brücke, ein Supermarkt oder einfach ein Stück weglose Natur im Weg sind.
Die Wehre müssen offenbar erneuert werden, und zu diesem Zweck bedecken braune Baggerberge kilometerweit das Ufer. Daher auch mein allerwichtigster Rat: Fahren Sie diesen eigentlich tollen Radweg erst, wenn hier alles fertig gebaut ist. Was hoffentlich bald der Fall sein wird. Irgendwann. Bestimmt.

Oder radeln Sie ein Stück hinauf und bewältigen Sie eine Umleitung mit Autobahnblick. Die ersten Wohnblocks von Frankfurt ragen in die Höhe, und dahinter die blaugrauen Bergrücken des Taunus. Einige sind mit Funktürmen besetzt, und der vorderste sieht mir ganz so aus, als sei er so was wie der Hausberg von Frankfurt.

Ziehen Sie den Kopf ein, oder besser den gesamten Oberkörper, wenn Sie unter der Autobahn durchhuschen. Oder steigen Sie gleich ab, wie es das Schild verlangt. Wenn auch nur aus dem Grund, dass den Verfassern des Warnschilds wohl nicht klar war, dass kaum jemand auf Bitte-absteigen-Schilder hört.
Irren Sie planlos durch ewig lange Umleitungen, vertrauen Sie den gelben Schildern und überqueren Sie die Nidda auf einer dieser Autobahnbrücken (die einen Fußweg an der Seite hat), in der Hoffnung, dass es am anderen Ufer besser aussieht (tut es nicht wirklich).

13. Rechts tauchen Gartenlauben auf, links richtige Häuser, und Sie tauchen unmerklich in die Metropole Frankfurt (m)ein.
Fahren Sie den letzte Kilometer am linken Ufer in einem Trauerweiden-Park. Wechseln Sie dann kurz vor Schluss doch lieber nach rechts. Bewundern Sie auf der Brücke das volle Panorama der Villen und Schlösser von Frankfurt-Höchst. Eine beeindruckende Umgebung für die Mündung.

Die Spitze zwischen Main und Nidda ist eine Sackgasse und nur zu Fuß gut erreichbar. Da müssen Sie nicht unbedingt hin, bewundern können Sie sie ja auch vom anderen Ufer. Auch wenn das eine oder andere Schiff vor Anker liegt und den Blick blockiert.

Höchst ist ein ganz besonderer Stadtteil und sieht noch viel mittelalterlicher aus als der historische Teil des Frankfurter Zentrums. Rund um die hohen Türme und dicken Mauern der Burg erstreckt sich ein extrabreiter Graben. (Ich meine, ernsthaft, so viel Platz nur für einen Graben, in dem niemand lebt, aber auch niemand im Grün spazieren gehen kann? Das würden heutige Städteplaner doch nie zulassen.) Und außenherum lehnen sich Fachwerkhäuser in allen Farben aneinander und laden ein, noch ihren Biergarten zu besuchen, ehe die schiefen Wände endgültig umkippen. Mit anderen Worten: Einfach toll. Wer hätte gedacht, dass so etwas Uriges in die Stadt der Wolkenkratzer gebaut wurde?
Wurde es auch nicht, denn als das hier entstand, gehörte es nicht zu Frankfurt, sondern zum Erzbistum Mainz. Der Bischof zockte Zölle ab, und genau wie in Vilbel reagierten die Frankfurter mit einer aggressiven Abrissverfügung für die erste Version der Burg.
Ach ja, Bürger im Kampf für Geld Freiheit vs. Kleriker im Kampf für Geld den rechten Glauben - ein uralter Konflikt, dem ich auf meinen Touren immer wieder begegnet bin.

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