NEU! Das Bergparkleuchten - leuchtende Wasserfälle in Wilhelmshöhe

Fulda: Von Morschen nach Hann. Münden

07 November 2023

Bode

Die Bode liefert der Elbe über die Saale eine Menge Harzwasser, auf Wunsch (oder ohne Wunsch) auch mal Hochwasser, so ähnlich, wie es die Rhume für die Weser macht. Es gibt auch einen Boderadweg, der ist aber nur 40 Kilometer lang und verläuft irgendwo außerhalb vom Harz, also ausgerechnet da, wo es weniger spannend ist.

Die berühmteste Stadt an der Bode ist wahrscheinlich die dominante Domstadt Quedlinburg.

Die Kirchtürme auf dem Schlossberg überragen die Stadt, doch eigentlich sieht selbst außerhalb des absoluten Stadtkerns jedes zweite Gebäude nach einem Palast aus.


Aber am besten gefällt mir in Quedlinburg dieses bunte, enge Tunnelgässchen mit dem Namen Schuhhof. Es grenzt direkt an die Straßen Himmel und Hölle - eine Stadt der Extreme.

Weiter südlich streift die Bode eine Felsformation namens Teufelsmauer. Der Teufel hat ein paar Felsbrocken vom Brocken geklaut und möglichst cool aufgestapelt, damit Touristen kommen. Eigentlich voll nett von ihm, was haben die Leute nur gegen den Typen?

Unter einer alten Eisenbahnbrücke steuert die Bode Thale an. Hier beginnt dann der Harz-Teil der Bode, den ich inzwischen ganz gut kenne.

Das touristische Thale wird bewacht vom Götterkönig Wotan. Zugegeben, die Stadt ist eher funktional als schön, aber als Ausgleich gibts um so mehr spektakuläre Landschaften und Attraktionen.

Thale ist ein tothal passendender Name, denn das wahre landschaftliche und touristische Zentrum der Stadt ist der Eingang ins Bodetal. Links und rechts fährt je eine Seilbahn auf die Berge (davon eine sogar mit richtig geschlossenen Gondeln), dazwischen liegt ein kleiner Freizeitpark mit mittel-einfallsreichen Namen Seilbahnen Erlebniswelt. Das einzige, was mir dort interessant erschien, war die schaukelnde Hänge-Achterbahn Boderitt. Also habe ich für drei Erlebnispunkte bezahlt, die einer Fahrt entsprechen. Ich fand den Boderitt wirklich ganz nett, vor allem der Blick auf den sprudelnden grünen Fluss.

Noch gibt es eine Straße, auf der ich ins Bodetal radeln kann. Aber sobald die richtig großen Felsen beginnen, bleibt nur noch ein einzelner Wanderweg.

Und was für einer!


Natürlich war auch Goethe mal hier. Ja, wissen wir, sagt das Schild am Goethe-Felsen präventiv und etwas verzweifelt, der war überall und das steht überall dran - aber hier war es ihm wirklich wichtig, und er war mehrmals da! Okay, er hat nicht hier den Bergbau geleitet, sondern in Ilmenau - aber bestimmt konnte er sich bei den Bergleuten hier inspirieren lassen! Und den Brocken (der ist ja quasi fast um die Ecke) hat er ja sogar im Faust eingebaut!

Bei der Einhaltung der Wanderregeln versucht es Thale zur Abwechslung mal mit Umgekehrter Psychologie.


Nach den ersten Biegungen wartet Deutschlands Biergarten mit dem besten Blick. Beim Genuss meines einfachen Mahls wusste ich gar nicht, wo ich hingucken sollte. Die steilen Felswände, die pittoreske Steinbrücke oder doch ins schäumende Wass... oh, jetzt hab ich mich bekleckert.

Kurz darauf habe ich mich dann an die Bezwingung der Schurre gewagt. Dieser Wanderweg wurde kürzlich von einem Sturm schwer verwüstet, aber mittlerweile wiederhergestellt. Mehr oder weniger. Dieser provisorische und wenig vertrauenerweckende Mischmasch besteht mal regelrecht aus Pflastersteinen und dann wieder aus etwas, das aussieht, als hätte eine Lawine eben erst frische Felsbrocken angespült. Wandern auf eigene Gefahr? Ja, das glaube ich gern! Allerdings wandert es sich bei Weitem nicht so schlimm, wie es aussieht.
Und was wollte ich eigentlich da oben? Ganz einfach, ich wollte zumindest einen der zwei berüchtigten feministischen Berge besteigen, die dieses fabelhafte Tal einrahmen. Ich hätte zwar auch eine der Seilbahnen in der Stadt nehmen können, aber meine Waden sahen sich durchaus in der Lage, über deren gesalzene Preise hinwegzusteigen.

Als Jesus in Deutschland noch keine Fanbase hatte (unter anderem, weil er noch nicht geboren war), brauchten die Sachsen einen anderen Glauben. Dazu suchten sie sich tolle Panoramaspots und vollzogen in der Walpurgisnacht nicht näher definierte heidnische Bräuche. So schrecklich barbarisch können diese Bräuche aber nicht gewesen sein, schließlich reagierten die Heiden sehr ängstlich, als sich noch heidnischerer Kram auf dem Kultort abspielte: Eines nachts kamen Gestalten mit schwarz angemalten Gesichtern (Blackfacing, nicht in Ordnung), Besen und Heugabeln und vertrieben die Nachtwächter. Seitdem kursieren Legenden, dass jedes Jahr Hexen auf Böcken und Kälbern, Besen und Heugabeln (irgendwann blieben nur noch die Besen übrig) CO2-neutral angeflogen kommen, dem Teufel ein paar Opfer bringen und die schönste Hexe mit dem Teufel verheiraten. (Damals waren Hexen in der Folklore noch nicht alt und runzlig, sondern eher von Männern erdacht, die laut Terry Pratchett mehr an die frische Luft gehen sollten.) Lange Rede, kurzer Besenstil: So kam der Hexentanzplatz zu seinem Namen. Inzwischen haben die Hexen ihr Hexenhaus kopfüber aufgestellt und eine Sommerrodelbahn, einen Tierpark und die Harz-Mystery-Show sowie ca. 666 gastronomische Einrichtungen ergänzt, um den Muggelmengen massenweise das Geld aus der Tasche zu hexen. So wurde es mir zumindest von meiner Familie berichtet, verbunden mit der Bitte, mich doch bitte im Blog über diesen Massentourismus lustig zu machen.

Na schön, sagte ich, aber dann schickt mir bitte auch ein gutes Foto. Daraufhin kam das hier.

Denn wenn man mir so vehement vom Besuch abrät, warum sollte ich dann hochgehen? Da besteige ich doch lieber den anderen feministischen Berg gegenüber. Auf der Rosstrappe geht es ruhiger zu. Sie besteht, wie so oft im Nordharz, aus einer schartigen Felskuppe mit Geländer, aber ungewöhnlich langgezogen - geht es da hinten etwa immer noch weiter? So schlägt die Plattform immer wieder neue Winkel ein und zeigt das Tal von allen möglichen Seiten.

Es war einmal eine Prinzessin namens Brunhilde (in manchen Versionen auch Emma), die begegnete Ritter Bodo dem Toxisch-Männlichen aus Böhmen. Der wollte sie unbedingt heiraten und wurde nachts dermaßen unangenehm, dass Brunhilde einfach auf ihr Pferd stieg und den Turbogang einlegte. Bodo ritt hinterher. Leider führt das Drehbuch in solch dramatischen Verfolgungsjagten praktisch unvermeidlich in eine Sackgasse an einem tiefen Abgrund. Brunhilde gab ihrem Pferd die Sporen, so hart es nur ging, und es sprang so heftig ab, dass es a) einen tiefen Hufabdruck im den Fels hinterließ und es b) tatsächlich über die Bodeschlucht schaffte. Bodo war anscheinend weniger geübt im Betätigen des tierischen Gaspedals und stürzte ab - zusammen mit Brunhildes Krone, die im Sprung abgerutscht war. Eine Gottheit, die anonym bleiben möchte, verwandelte den Ritter in einen Hund, der zur Strafe im Fluss die Krone bewachen muss. Dafür wurde immerhin die Bode nach ihm benannt. (Ganz genau, der schönste Harzfluss trägt den Namen eines mutmaßlichen Sexualstraftäters.) Ende.
Im Hufabdruck, der legendären Roßtrappe, sammelt sich seither Regenwasser und Kleingeld. Doch anders als beim Hexentanz gegenüber hat aus irgendeinem Grund niemand versucht, den Sprung zu wiederholen.

Zurück nach unten: Über die bequeme Teufelsbrücke bin ich noch tiefer in die Schlucht eingetaucht. Das Wasser wird immer wilder und schaumiger, zwängt sich zwischen engen Felswänden hindurch.
Zugegeben, die Pflanzen verdecken das auf meinen Fotos meistens - das menschliche Auge ist einfach besser darin, Zweige und Blätter auszublenden, um sich auf alles dahinter zu fokussieren. Live sieht es anders aus!


Das muss der brutale Bodekessel sein: Eine Engstelle folgt auf die andere, nur einmal bildet der Fels plötzlich einen Kreis und das Wasser wird schwarz und fast vollkommen ruhig. Von der Form her ähnelt dieser Ruhepol am meisten einem Kessel, doch laut der Karte sind mit dem Bodekessel trotzdem die engsten, schaumigsten Stellen weiter oben gemeint. Vielleicht, weil das Wasser darin zu kochen scheint. Das Gestein hat immer mehr vom Grund des Flusses weggeschmirgelt und sogenannte Kolke geschaffen. Eigentlich war hier auch ein Wasserfall, aber den haben die Flößer gesprengt, damit sie das Harzholz auf diesem nicht wirklich sicheren Verkehrsweg transportieren konnten.
Es mag unfair sein, Vergleiche mit den Alpen zu ziehen, trotzdem: Von allen Harzschluchten kommt diese hier einem Hochgebirge am nächsten. Als ich unten den ersten Felswänden folgte, wähnte ich mich wirklich kurz in einer mittelgroßen Schlucht im Tirol.

Nach dem Herzstück der Schlucht steigt der Wanderweg steil an und zeigt den Kessel noch einmal von oben, bevor er in ein weniger felsiges Waldstück übergeht.

So viel zu meiner Wanderung. Auf meiner ersten Bode-Tour hatte ich einen festen Termin für eine besondere Erfahrung gebucht, und ich brauchte mein Fahrrad, um rechtzeitig dort anzukommen. Damit war der berühmte Wanderweg keine Option. Während sich die Wanderer unten im Bodekessel nasspritzen ließen, keuchte und schwitzte ich also eine atemberaubende (wortwörtlich, nicht wegen der Aussicht) Straße rauf. Der tolle Blick aufs Harzvorland verschwand bald zwischen den Bäumen. Ein Haufen Motorräder donnerte vorbei, betäubte meine Ohren und meine Nase. Nach weniger als fünf Kilometern fühlte ich mich, als hätte ich schon meine komplette Kraft verbraucht, und ich war noch nicht mal ansatzweise da. In wenigen Stunden hatte ich einen Termin gebucht. Hm. Nicht optimal.

Zum Glück wurde die Straße irgendwann beinahe waagerecht. Auch die Landschaft gab sich wieder richtig Mühe und präsentierte am Straßenrand als natürliche Leitplanke eine Felswand, von der Schlingpflanzen wie ein Wasserfall runterfielen. Ein Tunnel führte hinein. Neugierig stellte ich das Rad ab.


Nach fünf Minuten Tunnelbücken und Treppensteigen erreichte ich einen Aussichtspunkt. Das Bodetal schlängelte sich in einer engen Schlinge um den Berg, auf dem ich stand - egal, wohin ich sah, die Bode war da unten am Boden, versteckt von dichten Wäldern. Der Ausblick erinnerte mich sehr an den Fluss Tarn. Wer hätte gedacht, dass Sachsen Anhalt so sehr nach Südfrankreich aussehen kann?

Kurz darauf ging die Straße wieder steil runter, was einerseits toll war, aber andererseits nicht, denn es hieß, ich würde den ganzen Mist nochmal hochächzen. Mir blieb keine andere Wahl, als noch mal ganz bis zum Boden und zur Bode runterzufahren. Da gab es sogar eine Ortschaft, so richtig mit Häusern und so. Die erste Straßenkreuzung von Treseburg sah nach nichts aus, aber als ich der Bode folgte, wurde das Örtchen immer hübscher. Das malerisch abgewrackte Schloss am anderen Ufer wird offenbar als Hotel genutzt.
Inzwischen hatte mein Körper eine Betriebstemperatur von etwa 50 Grad Celsius erreicht, was der Gesundheit vielleicht nicht direkt förderlich ist. Ohne auf irritierte Blicke zu achten, zog ich mein Shirt aus, lief über einen steinernen Steg und schmiss mich in die Bode. Naja, genauer gesagt legte ich mich vorsichtig rein. Bei so vielen spitzen Steinen wäre Reinschmeißen der Gesundheit vermutlich auch nicht förderlich. Neben einem Hund war ich der einzige, der im flachen Fluss baden ging.

Zum Glück hatte ich die Route online sorgfältig erkundet und wechselte rechtzeitig das Ufer, bevor die Straße auf der anderen Seite das Tal verließ. Deshalb durfte ich eine ganze Weile direkt an der Bode radeln, die wieder etwas wilder und steiniger schäumte. Ich sauste durch herrlich grünen Waldschatten und unter einer rostigen Bahnbrücke und irgendwelchen alten Röhren durch, die so gar nicht in die Landschaft passten. 

So hatte ich genug Kraft getankt, um den nächsten Anstieg... zu bewältigen? Joa, das schon. Ihn zu bewältigen, ohne abzusteigen? Definitiv nicht. Ihn würdevoll zu bewältigen? Der war gut.
Diesmal radelte ich auf einer viel dickeren Hauptstraße neben endlosen Autokolonnen und wurde dabei auch noch von einer Sportradlerin mit einem deutlich teureren Rad überholt. Naja, ich wollte ja eh gerade anhalten - selbstverständlich nur um eine Trinkpause zu machen, nicht um zu schieben, ähm, jedenfalls nicht bis sie außer Sichtweite ist.
An der nächsten Kreuzung wurde es sogar noch verkehrsreicher, aber wenigstens nicht so steil. Ich kam an einem Pumpspeicherwerk vorbei und erreichte endlich mein Ziel, die beiden Stauseen. Der obere Stausee gehört zum Nebenfluss Rappbode, der untere zur Bode. Der obere versteckte sich hinter einem monströsen Deich, der mit grellgrünem Gras überwachsen war und aus irgendeinem Grund selbst für einen Deich total künstlich aussah.


Erst, als ich die Staumauer überquerte, konnte ich so richtig schön beide Stauseen erkennen. Was für ein Anblick! Anschließend verschluckte ein grauer Tunneleingang die Straße. Der erschien mir irgendwie beunruhigend, also schloss ich mein Rad lieber an und legte die restlichen Meter zu Fuß auf einem Pfad zurück. Das war eh kürzer. Oben suchte ich erstmal eine Weile die Kasse am Parkplatz und checkte mich ein.

"Die Rappbodetalsperre ist ein Großbau des Sozialismus", behauptet eine graue (Stal)Inschrift am Tunnel. Von wegen! Die Talsperre im Harz ist längst ein Großbau des Kapitalismus, genau genommen der Harzdrenalin GmbH. Und das macht die Staumauer möglicherweise zur spannendsten in Europa.

Die Harzdrenalin GmbH bietet hier folgende Möglichkeiten, sein Geld auszugeben, sortiert nach Adrenalinlevel von Uiuiui! bis AAAAAHH!

1. Der Titan RT (was auch immer das RT bedeuten soll) ist eine Hängebrücke aus Stahl, die von ca. 19 Millionen Kilometern Stahlseil gehalten wird. Sie schwankt leicht und durch den Gitterboden konnte ich direkt nach unten gucken. Das gab mir schon ein mulmiges Gefühl, aber im Vergleich zum Rest ist die Brücke vollkommen harmlos.


2. Die Megazipline ist so eine Art Seilbahn, bei der man an einem Stahlseil hängt, wie man sie aus Kletterparks kennt - aber viel länger, höher und mit mehr Sicherheitsvorkehrungen. Sie startet deutlich höher als die Staumauer von einem Stahlturm und überquert den unteren Stausee. Beim Besteigen des Turms musste ich ein komplexes Ritual an Ausrüstung und Sicherheitsanweisungen durchlaufen und meine eigene Rolle und alles mit hochschleppen. So kann man die Wartezeit natürlich auch rumkriegen.

Das Ding ist zwar richtig hoch und schnell, aber zumindest fällt man da nicht wirklich, sondern saust vorwärts, und spürt die ganze Zeit, wie man am sicheren Seil hängt. Deshalb erlauben sich die Mitarbeiter auch viele Späße (was okay ist) und verspotten Angsthasen, die umkehren wollen (was eher fragwürdig ist). Mich haben sie beim Einklinken darauf hingewiesen, ich solle meine Schuhe neu besohlen lassen. Ich fand es beeindruckend, wie sie stundenlang auf der sehr schrägen Startplattform am Abgrund arbeiten können.
Dann machte es klick, und ich flog rasend schnell über den Harz. Der Fahrtwind war so stark, dass ich meinen eigenen Schrei nicht hören konnte. Und das Ganze dauerte so lange, dass ich den Blick und das Gefühl ausgiebig genießen konnte.
Meinem Nebenmann vom anderen Stahlseil dauerte es aber nicht lang genug. "Gleich noch mal!", rief er aus.

3. Das Wallrunning ist noch einen Zacken schärfer, und deshalb war die Mitarbeiterin den Angsthasen (zu denen ich diesmal eindeutig zähle) gegenüber auch viel einfühlsamer. Selbst, wenn ich den Gurt vor lauter Nervosität falschrum anzog und ihr auf die Hand trat. Ich war vermutlich auch nicht der einfachste Kunde.
An der Staumauer der Rappbode ist Wallrunning wohl nicht möglich, deshalb findet es unten an der kleineren Staumauer der Bode statt. Die ist immerhin noch 43 Meter hoch, und diese 43 Meter "läuft" man runter. Das Fiese daran sind die ersten zwei Minuten. Da stieß die Frau mit unheilverkündendem Quietschen eine Tür im Zaun auf. Ich musste mich da hinstellen, gaanz langsam über die Mauer beugen und Senkrecht und Waagerecht aktiv vertauschen. Als ich es endlich durch diese Pforte des Grauens geschafft hatte, konnte ich das Seil im Rücken spüren und ab da wurde es richtig cool. Mein Körper begriff, dass er nicht fiel, und akzeptierte das neue Waagerecht überraschend schnell.
Ein richtiges "Running" ist das eigentlich nicht. Vorwärts kommt man, indem man das Seil durch die Hände gleiten lässt, und was man dabei mit den Füßen macht, ist lediglich eine Stilfrage. Im besten Fall ist das ein Wallaustronautenwalking oder Wallrutsching (letzteres bei mir), im schlimmsten Fall ein Wallstrampling und Walltrippling (bei einem meiner Vorgänger), bei dem man nur selten Kontakt zur Mauer herstellen kann. Darüber hinaus veranstalten die Mitarbeiter durch Rufen eine Art Antimationsprogramm, zu dem auf Wunsch ein kurzes Wallfalling und im unteren Bereich Walljumping gehören. Ein bisschen albern, aber es ist echt ein einzigartiges Gefühl, auf dieser grauen Riesenmauer rumzuhampeln.
(Nachtrag: Inzwischen wurde das Wallrunning auf die Wand eines neuen Turms am Seilbahn-Startpunkt verlegt. Im Turm kann man sich auch von irgend so einem Katapult in die Höhe schießen lassen.)

4. Der Gigaswing ist so was Ähnliches wie ein Bungeesprung von der Titan-Hängebrücke, bloß dass man dann unten hin-  und herpendelt. Das habe ich nicht gemacht, aber für furchtsame Menschen dürfte schon das Zusehen aus sicherer Entfernung einen lebensbedrohlich hohen Adrenalinausstoß verursachen.

Das Harzdrenalin ist wirklich klasse für alle Verrückten, die so was mögen (und wie ich festgestellt habe, bin ich da bei Weitem nicht der einzige, sehr beruhigend). Aber: Wenn Leute sagen, solche Anlagen würden die Berge verschandeln, lässt sich das leider kaum von der Hand weisen - etwas mehr Mühe hätten die sich wirklich geben können, den ganzen Stahl und die hässlichen Kieswege in die Landschaft einzupassen.

Die richtige Bode (also nicht die Rappbode) teilt sich immer weiter. Zunächst einmal gibt es da die Warme und Kalte Bode. Ein Teil der Kalten fällt am Königshütter Wasserfall nach unten. Dieser Wasserfall wurde zwar von Menschen geschaffen, aber anders als seine künstlichen Kollegen im Harz sollte er keine Touristen anlocken. Er war nur ein Nebenprodukt, als Bergarbeiter die Kalte Bode stauten und Wasserläufe veränderten. Hier fließt zwar nur ein schmales Bächlein, aber es fällt von einer zauberhaften grünen Klippe, und zwar ziemlich tief.


Zwischen Elend und Schierke rauscht die Kalte Bode durch ein hübsches Tal am Brocken vorbei.


Die Warme Bode entsteht am Wurmberg aus der Großen und Kleinen Bode. Der Bach rauscht durch ein ebenso steiniges wie blättriges Tal. Am Rande des Stadtgebiets rumpelten früher Güterzüge über ein steinernes Brücklein.

Hier sollen sich Wasserfälle befinden. Aber weder die Oberen noch die Unteren Bodefälle fallen so richtig auf. Und wieso eigentlich die Mehrzahl? Wenn, dann ist das höchstens jeweils eine Stelle zwischen den Felsbrocken, die man Wasserfall nennen könnte... aber eigentlich nicht mal die. Das ist einfach nur ein idyllischer Wildbach. Aber vermutlich muss man dem einen angeberischen Namen geben, damit die Leute aus den benachbarten Hotels in Braunlage da hinspazieren.

Damit die Warme Bode schön warm bleibt, versteckt sie sich bei Torfhaus unter Schnee, Gräsern und Ästen...

...und Holzbohlen. Die Warme Bode ist selbst Ende März nicht warm genug, um den Schnee zu schmelzen. Wenn sich frühe Wanderer und späte Skifahrer entgegenkommen, macht das die rutschige Wanderung auch nicht gerade sicherer.

Eine kleine Aussichtsplattform zeigte mir, wo die Bode entspringt: In einem Moor namens Bodebruch, welches anscheinend aus Tannenbäumchen und Schnee besteht. Auch die Kalte Bode entspringt nur wenige Meter entfernt. Mit der hätte ich hier auch am ehesten gerechnet.

In der Nähe befindet sich die Achtermannshöhe, der viertgrößte Harzgipfel. Wer die steile, eisglatte Treppe (zumindest im März, im Sommer geht's wahrscheinlich) bezwingt, wird reich belohnt: Der Gipfel ist eine riesige, schartige Kuppe aus Felsgestein. Auf diesem Stein findet jeder sein passendes Plätzchen, egal ob er in erster Linie Wert auf Platz, Panorama oder Windschatten legt. Nur wer weich sitzen will, ist hier eventuell nicht ganz richtig. Oder muss ein dickes Kissen mitbringen.
Die Umgebung liegt zwar hoch oben, ist aber überraschend flach. Erst am Rande der Hochebene erhebt sich die Landschaft zu weiteren Berggipfeln, die an gigantische Sprungschanzen erinnern.

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