Der ehrliche Reiseführer um den Schweriner See
Tag 1: Das verschlossene Schloss
gefahren im: Mai 2021
Start & Ziel: Rampe, Leezener Straße, Parkplatzstreifen
Länge: 32 km
Seequerungen: 1 (Brücke/Damm)
Seequerungen: 1 (Brücke/Damm)
Landschaft: Raps, Wald, Kanäle und blaue Wellen
Wegbeschaffenheit: wilde Waldwege, straßenbegleitende Radwege
Steigungen: eine große und ein paar kleinere am Ostufer
Wetter: Sonnenbrand-Sommer
Wind: leichter Gegenwind
Highlight: Schlossinsel Schwerin
Wegbeschaffenheit: wilde Waldwege, straßenbegleitende Radwege
Steigungen: eine große und ein paar kleinere am Ostufer
Wetter: Sonnenbrand-Sommer
Wind: leichter Gegenwind
Highlight: Schlossinsel Schwerin
Größte Hürde: steiler Pfad am Ostufer
Zitat des Tages: "Ihr denkt vielleicht: Was ist das denn für ein komischer Stuhl? War der etwa für Leute, die sich überhaupt nicht leiden konnten? Nein, ganz im Gegenteil!"
Zitat des Tages: "Ihr denkt vielleicht: Was ist das denn für ein komischer Stuhl? War der etwa für Leute, die sich überhaupt nicht leiden konnten? Nein, ganz im Gegenteil!"
-Führung für Kinder im Schloss Schwerin-
1. Der Radweg um den Schweriner See nennt sich Blaue Acht. Wie der Krakower See besteht der Schweriner aus einem nördlichen und einem südlichen Seeteil. Nehmen Sie sich ruhig Zeit und fahren Sie beide Teile in zwei separaten, entspannten 35-Kilometer-Runden. Mit welchem Sie anfangen, ist egal.
Der Innensee ist der südliche Teil. Normalerweise wird so was Untersee genannt, aber die Schweriner nennen ihn halt Innensee, wahrscheinlich, weil er an ihrer Innenstadt liegt.
2. Starten Sie in Rampe und biegen Sie links an der Hauptstraße ab. Machen Sie sich bereit für eine Enttäuschung: Der lokale Gebrauchtwagenhändler heißt nicht Resterampe.
Keine Panik, Sie müssen nicht wirklich über eine Rampe fahren, auch wenn das Schild "zur Rampe" so aussieht. Da ist nur ein kleiner Hügel.
Der Außensee wird von einer Reihe Bäume abgeschottet, aber ab und zu schimmert er durch.
Vom Innensee auf der anderen Straßenseite sehen sie deutlich mehr. Seine nördliche Spitze ist blau, wellig und hat diverse weiße Punkte, die sich als Segelboote herausstellen. Also im Prinzip wie der Rest des Sees auch (ups, Spoiler). Aus dem richtigen Blickwinkel könnte man durchaus glauben, das sei eine Bucht der Ostsee.
Die meisten Boote dienen heute dem Freizeitvergnügen, früher hingegen dienten die meisten dem Nahrungserwerb. Damals lebten hier richtig viele Fische, vor allem Barsche und Kleine Maränen. Weil denen der Sauerstoff knapp wurde, sind das heute deutlich weniger und andere Arten.
Suchen Sie lieber nach dem mit Abstand größten See, denn das ist ja schließlich der, den Sie umrunden wollen. Dort vermehren sich die Se(e)gelboote immer mehr und blockieren das ganze Wasser.
Auf der Brücke sehen sie die Vorderseite mit den goldenen Statuen, wie sie die meisten Reiseführer zeigen. Sie werden das Schloss während der heutigen Tour aber noch aus vielen verschiedenen Richtungen, Blickwinkeln und Entfernungen sehen, von denen die Reiseführer keine Ahnung haben.
7. Folgen Sie dem Uferweg immer weiter nach links. Mit den saftigen Wiesen und Strandvillen erinnert er an die Müritz.
Bewundert Sie eine Statue, die vollständig aus Müll besteht, der aus dem Schweriner See gefischt wurde.
Verzichten Sie auf einen Besuch in diesem etwas heruntergekommenen Freizeit- und Erlebnispark.
8. Unternehmen Sie eine Badepause in Zippendorf, dem Schweriner Strand-Stadtteil.
Auf dieser Insel stand schon vor mehr als 2000 Jahren eine slawische Burg. Das einzige, was man von der noch sieht, ist die Ringform. Das gelbe Gebäude, das heute auf diesem Ring steht, wurde 1857 fertiggebaut, also quasi gerade erst neulich. Deshalb sieht es auch so neu aus. Die Herzöge von Mecklenburg schmiedeten hier drin Intrigen gegen die Emporkömmlinge und Händler in Rostock, die sich mehr Unabhängigkeit wünschten, und herrschten ansonsten als altmodische Adlige über ihr eher hinterwäldlerisches Argarland.
Von innen ist das Schloss rotbraun und beinhaltet neben einem Parlament auch ein Museum. Auf diesem Bild ist es noch verschlossen. Sollte es inzwischen geöffnet sein, besichtigen Sie den prunkvollen Thronsaal der Mecklenburger Herzöge und den seltsamen Doppelstuhl für Verliebte, die darauf mit voneinander abgewandten Gesichtern unauffällig flirten konnten.Sollte das Schloss geschlossen sein - macht nix, Sie haben ja immer noch den Schlosspark, und der ist noch schöner und dazu kostenlos. Die Schlossinsel ist mit einer komplexen Flaniermeile aus Kieswegen, Treppen und Springbrunnen ausgestattet. An warmen Tagen sollten Sie Ihr Rad schieben, zum Fahren ist da zu viel los.
Natürlich ist das im Grunde nur ein künstliches Paradies, mit dem mittelalterliche Despoten angeben wollten - aber es sieht halt trotzdem toll aus.
Auf der herzförmigen Liebesinsel leben Weiden und Schwanenküken. Wenn Sie die Küken von Wasservögeln beobachten wollen, gibt es nirgendwo in Deutschland einen besseren Ort (abgesehen von der Rheinpromenade bei Oestrich-Winkel).
Zu einer Runde ums Schloss gehört natürlich auch die Durchquerung der leicht unheimlichen Grotte, in der das Seewasser schwappt.
6. Eine weitere Brücke bringt Sie zurück zum Festland, was aber nicht heißt, dass Sie weniger Wasser oder weniger Parks sehen werden.
Denn jetzt durchqueren Sie das Gelände der Bundesgartenschau. Neben alten Statuen und ein paar modernen Betonecken wurden die Gärten vor allem mit viel Wasser gestaltet.
Radeln Sie durch die drei Tunnel von Schwerin:
Der Gruselgrottentunnel Der Pflanzenrankentunnel Der Weißrahmentunnel
Keine Sorge, die Vulkane auf dem Gelände sind nicht mehr aktiv. Nur die Kinder, die darin toben.Gegenüber vom edlen Schloss stehen die schilfgedeckten Bootshütten des einfachen Volkes. Wobei das heute auch eher der vermögende Teil des einfachen Volkes sein dürfte.
Der Bogen aus Strandsand befindet sich am Ende einer Bucht. Der See hat hier eine Bucht nach der anderen, und immer mehr Landzungen schieben sich vor das Schloss. Trotzdem können Sie die Türme immer noch über den Baumwipfeln leuchten sehen.
Die zweite Besonderheit ist der akute Freiheitsdrang der Erdmännchen. Die haben sich schon öfter aus ihrem Gehege gegraben und solche Löcher hinterlassen. Selbst mitten auf einer angrenzenden Verkehrsinsel sind sie schon aus der Erde aufgetaucht.
Das Lächeln der Nilpferde kritisieren manche Besucher als etwas hölzern.
10. Folgen Sie den Straßen durch die letzten Schweriner Vororte.
9. Auch dem Schweriner Zoo können Sie gleich hier einen Besuch abstatten. Der ist nicht so groß wie in Rostock, hat aber zwei Besonderheiten: Zum einen gibt es hier Giraffen. Ihr Hals ist kürzer als erwartet.
In Mueß finden Sie noch ein Freilichtmuseum, das laut manchen Besuchern ein echtes Mueß sein soll. Es zeigt alte Bauernhäuser und wie das landwirtschaftliche Leben darin früher so war, was ja im Prinzip das Thema der allermeisten Freilichtmuseen ist.
An der Bundesstraße in Raben Steinfeld (was für ein faszinierender, bildlicher Name) befinden Sie sich ganz in der Nähe von Pinnow an der Warnow, weshalb eine Seite des Warnowtal-Rundwegs hier entlangführt.
Dieser Kanal hingegen bringt Sie nicht zur Warnow, sondern zur Elde. Das ist doch ein Kanal, oder? Jein. Früher war das ein Fluss namens Stör, über den das ganze Seewasser in Richtung Elbe abfloss. Heute ist das der Elde-Stör-Kanal, in dem nur noch ein Teil des Wassers abfließt. Sein Bau ließ 1842 den Wasserspiegel ordentlich sinken.
Sollte der Pfad in einer Sackgasse zwischen Baumwurzeln verschwinden,...
...dann hätten Sie vor wenigen Metern auf einen anderen Pfad eine Etage höher wechseln sollen.
11. Dann dürfen Sie endlich in die Natur. Hier folgt ein wilder Waldweg dem Ufer, kleine Lichtungen sind inklusive. Vorsicht, wenn Sie ins flache Wasser laufen: Die spitzen Steine fühlen sich nicht direkt angenehm an. Indirekt auch nicht. Wenn Sie in den See wollen, ist es angenehmer, einen der umgestürzten Bäume zu besteigen und weiter hinten reinzuspringen.
Hierfür empfehle ich aufgrund seiner besonders lustigen Geräuschkulisse den Furzenden Baum. Die Wellen schwappen auf eine bestimmte Art durch ein Astloch in den hohlen Stamm, sodass jedes Mal die Luft mit einem absurden Pupsgeräusch herausgedrückt wird. Mit Kindern ist dieser Baum ein besonderes Highlight.
Wellen sind ja mehr als genug vorhanden, dank der vielen Segel- und Motorboote, die mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten über den See heizen.
Der See ist nämlich 37 Meter hoch, den Wald hingegen haben die Gletscher der Eiszeit 60 Meter hoch aufgetürmt. Deshalb ist das Ufer sehr steil, trocken und naturbelassen. Moment, wieso trocken? Weil der Wind vom See kommt und das Steilufer trockenpustet. Zum Glück kommen genügend Tier- und Pflanzenarten locker damit klar. Suchen Sie im Boden also nicht nach Trinkwasser, die Chancen sind stehen schlecht. Und wieso naturbelassen? Weil es einfach zu schwierig ist, am Steilufer massenhaft Bäume zu fällen. Versuchen Sie also auch das nicht.
Lesen Sie auf den Texttafeln zwei merkwürdige Schweriner Sagen, die an diesem Ufer passiert sein sollen:
Zwei Schiffer nehmen zwei komisch angezogene Jungs als Anhalter mit, die sich plötzlich in zwei Truhen verwandeln, die Gold und eine grüne Glocke enthalten. Die Glocke schenkten Sie dem Schweriner Dom, das Gold den Armen (abzüglich einer kleinen Provision).
Ein Typ entdeckt einen Geheimgang unter dem See zum Schloss, der früher dem lokalen Schlossgeist namens Petermännchen gehörte. Als er einen gedeckten Tisch entdeckt, wird ihm das zu unheimlich und kehrt er nach wenigen Metern wieder um. (Entweder der Typ hatte sehr schwache Nerven oder dem Geschichtenerzähler sind die Ideen sehr schnell ausgegangen.)
a) dieser Bootshütte mit eigenem Kanal
b) einem versifften Bunker, den der Kindermund zutreffend folgendermaßen beschreibt: "Erst dachte ich, das sei gruselig, aber am Ende war es einfach nur ranzig."
d) einer gelben Kapelle oben auf dem Hügel
e) diesem Klotz, der heute nicht mehr dem Geheimdienst, sondern einer Gedenkstätte gehört.
Sollten Sie oder Ihre Vorfahren vor 1989 im Bezirk Schwerin der DDR gelebt haben, lesen Sie darin nach, was für blödsinnig banale Dinge das Ministerium für Staatssicherheit über Sie notiert hat und dass der Nachbar, der schon immer so komisch war, Sie tatsächlich ausspionieren sollte.
13. Schließlich folgen Sie dem Radweg an der Hauptstraße durch extrem viele Rapsfelder. Genießen Sie den Geruch von Raps und Abgasen, bevor Sie wieder in Rampe ankommen.
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