Filahne! Den letzten Tag hatte ich mir nach Betrachten der Karte lahnsinnig bergig und Tandem-ungeeignet vorgestellt, aber tatsächlich wäre er wahrscheinlich auch mit Tandem klargegangen. Der schöne Uferweg ab Weilburg geht nämlich noch weiter.
Die Tetra Pak AG (ja, das schreibt man so) zeigt stolz, dass sie seit 77 Tagen unfallfrei ist. Ist das wirklich ein guter Wert, sind Tetrapacks so gefährlich?
Die nächste Fachwerkstatt ist sehr auf Fahrräder eingestellt. Zumindest kommuniziert sie vor dem Brückentor auf der Alten Lahnbrücke ein ganz strenges Verbot, Zweiräder zu überholen. Über diese Brücke lief die Handelsstraße von Antwerpen nach Byzanz/Istanbul. Die Limburger wurden reich, indem sie für diese Brücke neben Überholverbot auch Zölle anordneten, obwohl der König das gar nicht erlaubt hatte.
Und auf der Radstätte vom Radweg Deutschen Einheit läuft sogar das Display und zeigt genau das Startmenü an, das es zeigen soll. Mehr als dieses Menü zeigt es leider nicht, denn der Bildschirm reagiert weder auf Berührung noch auf Mausklicks. Trotzdem ist das die am besten funktionierende Radstätte auf dem RDE.
Selbst in manchen der engen Altstadtgassen darf man Rad fahren, wenn die Situation es zulässt. Anfangs ließ es die Situation zu, denn die Gassen waren leer bis auf eine etwas abgehalfterte Frau, die umherirrte, Gott und die Welt beschimpfte und dem Haus der Sieben Laster die Zunge herausstreckte.
Das Haus streckte ihr die ebenfalls die Zunge raus.
Genau genommen hatte das Haus sogar damit angefangen. Denn an den Köpfen der Fachwerkbalken glotzen sieben bunte Gesichter auf die Straße und stellen die sieben Todsünden dar (im Bild von links nach rechts: Wollust, Unmäßigkeit, Zorn und Trägkeit). Welche Art von Zungeausstrecken, Schnauzbart und dämlichem Gesichtsausdruck nun genau für welche Todsünde steht, ist auf den ersten Blick nicht so ganz eindeutig. Bei der Limburgerin, die im Clinch mit diesem Haus lag, lag die Sache schon klarer: Das sah stark nach Zorn aus.
Genau wie in Wetzlar war die Stadt erst sehr wichtig und dann plötzlich nicht mehr so, was eine super Voraussetzung ist, um viel Altstadt zu erhalten. Alles ist krumm und schief und süß und trotzdem frisch wie aus dem Ei gepellt. Auf dem Fischmarkt prangen noch immer Metallfische an den Fassaden.
Genau wie in Frankfurt heißt der zentrale Platz in der Altstadt einfach nur Römer. Wobei ich bei der Enge gar nicht so leicht erkennen konnte, wo da jetzt der Platz sein soll. Mittendrin steht nämlich nochmal ein Fachwerkblock: Römer 2-6. Hinter diesem eher stumpfen Namen verbirgt sich das älteste freistehende Haus Deutschlands (von 1289). Obwohl, wieso ist das freistehend, wenn sogar der Name sagt, dass das eigentlich fünf Häuser sind? Wann zählt etwas als Haus und nicht als Häuserblock?
Der Vergleich mit Wetzlar war natürlich nicht ganz fair, denn erstens ist Limburg schon eine Nummer größer und zweitens kam Limburgs Einfluss nicht aus der Justiz, sondern aus dem Handel und der Kirche. Womit wir beim Thema wären.
"Erinnerst du dich noch an Tebartz van Elst?", fragte ich.
"Na klar."
"Und war er auch das erste, woran du bei Limburg denken musstest?"
"Jap."
Was sind schon über tausend Jahre Geschichte gegen einen Bischof, der sich am Haus der sieben Laster von der Gier inspigieren ließ und verheimlichte, dass seine neues Bischofshaus 31 Millionen statt 2 kostet? Das Bauprojekt, das vor einer Ewigkeit in den Schlagzeilen stand, steht längst fertig direkt neben dem Dom, ein seltsames Ensemble aus Stadtmauern, einem Limburger Fachwerkhaus (diesmal wirklich freistehend) und einer eigenartigen Black-Box-Kapelle (rechts im Bild). So groß sieht das Ding gar nicht aus (was vielleicht ein Grund war, warum der Bischof sich noch eine Extrawohnung unten in den Fels fräsen ließ). Bei der schlechten Presse ist es kein Wunder, dass der neue Bischof Bätzing nicht darin wohnt, sondern alles als Museum für Reliquien und Archäologie freigegeben hat. Das Schlafzimmer ist nun ein Lagerraum. Und wo schläft nun der arme Elst? Keine Sorge, dem geht's gut, er ist jetzt Kurienbischof in Rom.
Am Dom mussten wir kurz warten, es fand eine Messe statt. Kein Wunder, denn hier findet noch
jeden Tag um 10 eine statt. Und kaum war sie vorbei, starteten sofort die Domführungen. Na, hier ist ja richtig Betrieb.
Der Dom hat sieben Türme, keine Kirche in Deutschland hat mehr (oder gleich viele). Von außen ist der Dom weiß mit roten Streifen, also im Prinzip genau wie ein Limburger Fachwerkhaus. Und von innen... also, ich habe mich noch nie in einer Kirche so sehr wie in einem Innenhof gefühlt. Die vielen Fenster mit Gängen dahinter, die ganze Helligkeit und die Kreuzung aus zwei Kirchenschiffen, da musste ich mich doch einmal mehr daran erinnern, dass ich in einem Gebäude war und nicht auf der Straße.
Der Dom ist so wahnsinnig hell, weil 1968 ein paar Restauratoren vier Jahre lang sehr vorsichtig, aber intensiv dran rumgeschrubbt haben. Es waren nicht allein die Abgase des Industriezeitalters, die sie abkriegen mussten, sondern auch jede Menge Kerzenruß aus den Jahrhunderten davor. In einem Seitenraum (unten links) haben sie mit Absicht ein paar Bögen schwarz gelassen, damit mit man auch einen authentischen Eindruck hat, wie hart sie geschuftet haben wie die Kirche während des Großteils ihrer Geschichte aussah.
Dabei wurden auch jede Menge Bilder aus dem Mittelalter freigelegt. Einige haben sie neu ausgemalt, aber andere hatten noch genug Farbe, dass man sie so lassen konnte. Wo hat man sonst Gelegenheit, ganz locker an 800 Jahre alten Bildern vorbeizugehen, so nah, dass man sie anfassen könne (aber nicht sollte).
Vor diesem Bild liegt das Grab von Konrad Kurzbold. Dieser kurze Graf hat kurzerhand vor über tausend Jahren kurzentschlossen das St.-Georg-Stift gegründet, der Ursprung der Stadt und gleichzeitig der Grund, warum ihre Geschichte (sogar bis heute in unseren Köpfen) so eng mit der Kirche verknüpft ist.
Wir wechselten von Hessen nach Rheinland-Pfalz, fuhren in Diez über die erste Steigung drüber und kurz an der Straße, dafür aber mit Blick auf das Grafenschloss und (zur Abwechslung mal nicht rote) Fachwerkhäuser. Eigentlich bietet Diez das schönste Stadtpanorama auf der Radstrecke, in Limburg war der Blick vom anderen Ufer immer etwas verdeckt. Die Grafen hier hatten einen besonderen Draht zu den Niederländern und haben ihnen beim Zurückerobern von den Spaniern geholfen. Mit Auswirkungen bis heute: Die damalige Familie sind direkte Vorfahren des heutigen niederländischen Königs, und die Niederlande haben die Sanierung von Schloss und Museum kräftig mitbezahlt.
Dann wurde es wieder still in der Lahndschaft. Sogar das Wasser war außergewöhnlich ruhig. Fließt da überhaupt noch was? Im Wasser war kaum noch Bewegung zu sehen, und als uns in der nächsten Kurve der Wind entgegenblies, sah es aus, als würde die Lahn
rückwärts fließen.
Sogar Seerosen überleben in diesem stillen Wasser. Da muss gleich definitiv ein Stauwehr kommen. (Es kam eins.)
Das nächste Stück war bis vor Kurzem lebensgefährlich: Auf der steilen Serpentinenstraße nach Holzappel (der offiziellen Route) gab es schwere Unfälle, und auf dem abbröckelnden Pfad am Ufer stürzte ein Radfahrer sogar tödlich ab. Die Bürgerinitiative empfahl einen (auch sehr steilen) Schleichweg über Privatgrundstücke, mein Reiseführer rät, einfach eine Station Zug zu fahren.
Zum Glück ist das alles Vergangenheit, denn die Lücke wurde geschlossen mit der sogenannten Zwei-Brücken-Lösung.
"Klingt das für dich auch nach Nahostkonflikt?"
"Jap."
Naja, ich hoffe für alle Beteiligten, dass die Lösung nicht
ganz so schwierig war. An den felsigen Hängen des Gabelsteins (hinten im Bild) wechselten wir auf besagten zwei silbrigen Brücken kurz ans linke Ufer und zurück, und fertig war der Lack.
Der Gabelstein war übrigens der letzte Fels, der auf -stein endet. Ab jetzt gibt es Allerley-Felsen: Wolfslei, Liebeslei, Kux-Lay... ein klares Zeichen, dass wir uns dem Mittelrhein (inkl. Loreley) nähern. Die Burgen obendrauf sind Privatbesitz.
Aber nun ließ unsere Leystung allmählich nach. In Limburg hatten wir noch keinen Hunger, jetzt schon. Nach ein paar Kilometern straßenbegleitendem Radweg kehrten wir in Obernhof in den erstbesten Campingplatz-Imbiss mit dem genderqueeren Namen Tante Horst ein und erwarteten nichts Besonderes. Auf jeden Fall keinen so netten Herrn, der ein frisch geklopftes und ungewöhnlich gutes Schnitzel brachte.
So, nun kam eigentlich der einzige wirklich schwierige Abschnitt, wo es mit dem Tandem kritisch geworden wäre. Wir hechelten und schoben den schlimmsten Anstieg zum Kloster Arnstein hoch, danach lief der Kiesweg die ganze Zeit an den Felswänden auf und ab. Einmal war sogar ein Stück des Weges abgestürzt und abgesperrt. Aber selbst das ging noch.
Dieser Bereich ist eine der wenigen Stellen, wo noch die superseltene Würfelnatter lebt, eine komplett harmlose Wasserschlange mit quadratischen Flecken auf dem Kopf, die kleine Fische frisst.
Die Lahn hat schon einen seltsamen Aufbau: In der Mitte ist sie eher flach, und das klassische enge Lahntal mit den berühmten Städtchen, Weinbergen und Badeorten kommt gegen Ende. Ein bekanntes Städtchen ist sicherlich Nassau - ganz sicher nicht wegen seiner Größe, sondern deshalb, weil wichtige Adlige ein
Nassau im Namen hatten. Sie zogen im Laufe in der Zeit von der hohen Burg runter in die Stadt und irgendwann in die Niederlande und Luxemburg, wo ihre Nachkommen noch heute wichtig sind.
Auf der nächsten Infotafel behauptete ein Soldat namens Astericus Flavius, wir würden jetzt schon wieder eine Grenze überqueren: Von GERMANIA LIBERA ins IMPERIUM ROMANUM (Provinz GERMANIA SUPERIOR).
Aus den Bergen des Taunus kommt der Limes inklusive Limes-Radweg, der einzige andere Grenzradweg neben dem Eisernen Vorhang. Genau wie an der Innerdeutschen Grenze sollen da oben immer noch Wachtürme stehen, so nah, dass ich den ersten eigentlich hätte erkennen müssen. Konnte ich aber nicht, alles, was ich sah, war ein mutmaßlicher Solebohrturm. In Wahrheit sind von den Römertürmen nur Nachbauten oder Fundamente übrig. Ab jetzt ist die Lahn mit der Grenze des Römischen Reichs identisch, aber weitere Wachtürme aus der Antike tauchten nicht auf. Trotzdem reichte schon die theoretische Anwesenheit des Limes aus, um meine "Wann hast du das letzte Mal an das Römische Reich gedacht?"-Uhr erfolgreich auf 0 zurückzusetzen. (Besser das als die Unfalluhr bei der Tetra Pak AG.)

Und dann ist da noch Bad Ems, das in vielerlei Hinsicht aussieht wie das Karlsbad Deutschlands. Es besteht im Prinzip aus einer Kette von Kurhotels auf einer endlosen Promenade an der grauen Ufermauer. Darüber Felsen, Wald und eine steilsten Standseilbahnen der Welt. Weil dort gerade alles für eine Sportveranstaltung oder so abgesperrt war, haben wir uns das Ganze nur vom anderen Ufer aus angeguckt. In einem der ältesten Heilbäder nördlich der Alpen fühlten sich unter anderem der Hochadel, Russen (für die extra eine orthodoxe Kirche gebaut wurde) und Glücksritter (bis die Preußen ihr Casino verboten) wohl.
Aber wenn so hohe Tiere hier unterwegs sind, dann passiert eben auch mal mehr, als dass sie bloß baden, rumlaufen und Wasser trinken: Richard Wagner hat hier eine Oper fertiggeschrieben und König Wilhelm während seiner Kur einen Krieg begonnen und sich selbst zum Kaiser gemacht, also quasi. Am 13.7.1871 spazierte der Kur-Kaiser über die Promenade, als der französische Botschafter aufkreuzte und verlangte, er sollte versprechen, nie wieder einen Deutschen zu unterstützen, der Anspruch auf den spanischen Thron haben könnte. Der verdutzte Willi erklärte, so was könne er ja jetzt nicht einfach so Hals über Kopf versprechen. Als Bismarck in Berlin den Bericht bekam, kürzte er den Großteil weg, damit es so aussah, als hätte der Kaiser ganz provokant die kalte Schulter gezeigt und bloß gesagt, dass er ihm nichts zu sagen habe. Bismarck fragte nochmal nach, ob Deutschland auch gut gerüstet für einen Krieg sei, dann schickte er der Presse die Emser Depesche und wartete ab, bis Frankreich den Krieg erklärte. Den Krieg, der das Deutsche Kaiserreich vereinigen würde. Aber gut, letztendlich waren damals beide Regierungen scharf auf Krieg, also wäre es Quatsch, einem Blatt Papier oder Bad Ems die Schuld zu geben.

Der Bahnhof von Bad Ems hat die kleinste Bahnhofshalle Deutschlands - als hätte man diese riesigen Stahl- und Glasbögen aus Frankfurt Hbf, Hamburg Hbf & Co. zu heiß gewaschen und dann einem Dorfbahnhof übergestülpt. Eigentlich sollte die Halle schon längst restauriert sein, aber... naja, das hier sieht ganz und gar nicht fertig aus. Die ganze Lahntalbahn ab Limburg ist immer noch eine Baustelle bis werweißwann, weshalb wir nachher für die Rückfahrt über Frankfurt fahren müssen. Theoretisch sollte alles Anfang Mai öffnen, und sogar die Bahnapp hat wenige Tage vorher alle Züge in der App angezeigt. Die DB hat nicht mal ihrer eigenen App mitgeteilt, dass sie die Bauarbeiten nicht rechtzeitig fertigkriegen, geschweige denn der Öffentlichkeit.
Immer wieder teilt sich die Ems in zwei Arme mit einer Insel in der Mitte: Der eine Arm hat ein Stauwehr, der andere eine kleine Schleuse. Aber in den Schleusen herrschte gähnende Leere, und wir sahen nichts, das größer war als ein Paddelboot. Wer große Pötte sehen will, muss noch ein paar Kilometer bis zum Rhein durchziehen.
Aber Moment, wir sind super in der Zeit, vorher machen wir noch eine kleine Wanderung. Denn jetzt mündet der Ruppertsbach in die Lahn. Glaube ich. Die Mündung habe ich nicht gefunden, die letzten Meter sind komplett unterirdisch. Aber als wir ein Stück über einen Pfad und an der Bundesstraße liefen, fanden wir endlich die Stelle, wo er in einem groß gemauerten Tunnel verschwindet. Und laut dem hölzernen Torbogen beginnt dort die
Wildromantische Rupprechtsklamm.
Der Torbogen erinnerte mich an die Drachenschlucht, also hatte ich etwas Ähnliches erwartet. Ganz so wurde es dann aber nicht: Zunächst folgten wir dem Bach einen ausgetretenen Pfad hinauf. Der Pfad war dermaßen staubig und ausgetreten, dass der Schlucht trotz des Wassers, der Farne und Buchen ein bisschen die Frische fehlte. Komisch, es waren zwar einige Koblenzer Familien mit Kindern unterwegs, aber voller als die Drachenschlucht ist dieser Pfad nicht.
Die ersten Felsen schauten aus dem Staub, und wir wechselten ans rechte Ufer. Und dann ans linke. Und dann ans rechte. Und dann... immer wieder verlor sich der Pfad und wir mussten überlegen, wo genau man jetzt nach drüben treten soll.
Dann vereinigten sich die Steine zu Felswänden, in die sogar Drahtseile reingehämmert wurden. Anders als in der Drachenschlucht regnet es nicht von diesen Felsen, aber immerhin wurden die Felsen immer grüner, die Luft immer feuchter, der Staub verzog sich. Und schließlich zog sich die ganze Klamm zu einer engen Rinne zusammen, in der wir die Felsstufen hochstiegen. Herrlich, so habe ich mir das vorgestellt!
Das heißt aber nicht, dass die ständigen Uferwechsel aufhören.
Die typische Stelle der Ruppertsklamm kommt aber erst dahinter: Ein kastenförmiges Tal, dermaßen rechteckig, dass ich nicht weiß, ob ich der Natur das abkaufen soll. Während der Ruppertsbach durch einen Haufen Holz und Geröll rauscht, fallen an den Seiten gewaltige Wasserfälle aus Efeu runter. Und ganz am Schluss ein Wasserfall aus Wasser.
Dort befindet sich auch eine Brücke. Die Platzierung von Brücken in der Ruppertsklamm ist etwas komisch. Es gibt insgesamt zwei. Die eine auf dem Wasserfall (hinten im Bild) ist quasi nur eine Aussichtsplattform, denn an der Stelle wechselt man ausnahmsweise mal
nicht das Ufer. Und die andere steht weiter unten im Staub an einer von ca. 986 Stellen, wo man das Ufer wechselt, wobei völlig unklar bleibt, warum ausgerechnet diese Stelle so schwierig sein soll, dass sie eine Brücke erfordert.

Lahnstein (bei Koblenz) kannte ich schon vom Rheinradweg. Die Stadt war lange geteilt in Ober- und Niederlahnstein. Oberlahnstein (im Süden) fand ich schon auf der Rheintour wegen des starken Verkehrs nicht so knülle. Das Schöne am Lahnradweg ist: Man muss nur durch Niederlahnstein. Und in Niederlahnstein konnten wir einfach auf dem Uferweg bis zur Mündung in den
Rhein durchfahren: Eine Steinspitze mit einer rotweißen Stange und Gras, eher unspektakulär im Vergleich zur Moselmündung (fast) gegenüber. Aber das gelbe Schloss Stolzenfels und das Mittelrheintal an sich sorgen für Kulisse. (Lahnstein hat außerdem Burg Lahneck und Schloss Martinsburg, die sind nicht im Bild. Um alle Burgen am Mittelrhein zu fotografieren, habe ich nicht genug Urlaub.) Und so hatten wir hier einen der schönsten Momente des Tages, indem wir uns einfach bloß in die Gänseblümchen legten und... absolut nichts taten. Muss auch mal sein.
Zwei Nilgänse sahen das jedoch gans anders. Wir haben diese Art schon den ganzen Tag über gesehen, sie sind leicht zu erkennen an den rotbraunen Flügeln und den heftigsten Augenringen im Tierreich, als hätten sei drei Nächte lang durchgemacht. Viele Gänse ließen ihre jugendlichen Küken das Gras rupfen und stellten sich wachsam daneben. Eindeutig das Lahn-Äquivalent zu den Graugänsen an Rhein, auch wenn sie ursprünglich aus Afrika kommen. Bei dem Paar an der Mündung waren die Kleinen anscheinend schon aus dem Haus, aber die Beschützerinstinkte immer noch da. Sie watschelten auf uns zu und fauchten, bis... wir absolut nicht reagierten und sie sich zurückzogen, nur um zwei Minuten später wieder anzukommen.