Vechteführung Tag 3: Nordrhein-Westfalen
Diese farbenfrohen Zeichnungen der Rauschenden Vechte lassen den Fluss noch bunter erscheinen, als er ist. Auf den ersten Blick sind die flachen Terrassenstufen im Wasser (rechts) als Spuren menschlicher Zähmung leicht zu übersehen.
Der dritte Abschnitt beginnt mit zwölf besonderen Skulpturen von Tamara Grcic. Auf einem ungewöhnlich exponierten Hügel am Flussufer steht ihr Beitrag zum konstwegen namens
anderswohin. Eigenartige Gefäße aus Metall stehen herum, und in jedes einzelne sind Zahlen eingraviert.
1:3. Was mag das bedeuten?
Um die Gefäße zu erreichen, müssen wir zunächst ein Neubaugebiet bis zur hintersten Ecke durchqueren. Beim Hausbau erwies sich der Boden als archäologische Schatzkammer - der Eschboden war schon in der Jungsteinzeit beliebt, auch wenn man ihn trotzdem wie ein Moor abplaggen musste. Es wurden Gefäße der Trinkbecherkultur gefunden. Nicht, dass diese Menschen mehr getrunken hätten als andere, man nannte die Kulturen einfach nach dem, was man von ihnen fand. Genug zu trinken hatten sie jedenfalls, der Fluss war ja gleich nebenan - aber nicht zu nah, ein bisschen Sicherheitsabstand war natürlich nötig. Tamara Grcic hat die steinzeitlichen Gefäße auf das Dreifache vergrößert und aus Metall und Styropor nachgebildet. Dennoch finden sich darin die typischen Rillen von Ton. Trinken kann man daraus nicht, dafür darf man sich draufsetzen - sofern man es denn wagt aus Respekt gegenüber der Geschichte, die hier einfach, aber eindrucksvoll in Szene gesetzt wurde.
Die zerbrochenen Schalen eines Ostereis im Vordergrund beziehen sich zweifelsohne auf heidnische Fruchtbarkeitsrituale.
Am alten Schüttorfer Rathaus hängt ein metallener Stab: Die Schüttorfer Elle ist 68 Zentimeter lang und diente in der Region als anerkannter Maßstab für Handelswaren.
Anfang der 80er bekam wurde Schüttorf ein Stück moderner, als die ganze Stadt kugelförmige Lampen bekam, die damals Fortschritt ausstrahlten. Doch was der Fortschritt heute fördert, lässt er morgen fallen: Das neue Jahrtausend brachte neue Energiegesetze, und auf einmal waren die Rademacher Kugelleuchten schrecklich veraltet und verschwendeten Strom. Der Künstler Marco Lulic rettete 34 der Lampen vor der Schrottpresse, in dem er sie im Park am Flussufer zur Lichtung anordnete: Auf einem erhöhten Podest zum Sitzen und mit genügend Abstand, damit Kinder dazwischen spielen können. Die Schüttorfer stimmen demokratisch über die Zeiten ab, zu denen sie leuchten sollen. Touristen sind an der Entscheidung nicht beteiligt - doch nach der Enttäuschung am Caprimoon können wir bereits froh sein, die Lampen zumindest im ausgeschalteten Zustand zu sehen.
Der
Schüttorfer Kran gibt an, er habe acht Arme und drei Herzen. Mensch und Maschine, Organisches und Anorganisches verschmelzen hier zu sympathischer Prahlerei, die mal eine nette Abwechslung zu den üblichen Kranaufschriften (etwa
MV Werften) bietet.
Von Schüttorf aus können wir auch einen Abstecher nach Bad Bentheim unternehmen. Zwar liegt die Stadt nicht an der Vechte, doch bildet sie das Zentrum der ganzen Region Grafschaft Bentheim (die auch in Zeiten der Republik noch so heißt), die wir nun fast vollständig durchquert haben. Es ist eine überraschend bergige Stadt, deren steile Straßen sich um die Burg Bentheim gruppieren. Zu ihren Füßen erstreckt sich ein großzügiger Park mit viel Wasser, Grün und Sandstein.
Der konstwegen ist auch in dieser Stadt präsent, aber nicht einfach so zugänglich: Mit einem Ölgemälde der Burg in der Burg und dem bad bentheim schwein im Park. Dabei soll es sich um eine Schweineskulptur in einer Rüstung handeln, dazu eine Drehorgel, die "Ich schieß den Hirsch im wilden Forst" spielt. Aber so einfach kommt man nicht in den Genuss dieses nicht sehr veganen Kunstwerks! Was der Reiseführer verschweigt: Das Schwein befindet sich in einem kleinen Gebäude, einer Art Überraschungsei aus Sandstein. Und dieses wiederum steht auf einer Insel im Schlossteich, die nur bei speziellen Bootsfahrten besucht werden kann. Immerhin ein eingemeißelter Schweinskopf über der Tür ist vom Festland zu erkennen. Worin liegt der Sinn, das Schwein so schwer erreichbar zu machen? Womöglich ein Apell für bewussten und selteneren Fleischkonsum.
Nun empfiehlt es sich, von der empfohlenen Route abzuweichen und die kürzere, sehr angenehme Nebenstraße an der Vechte zu nehmen. Hier warten die letzten Kunstwerke in Niedersachsen.
Die Grenzschaukel ermöglicht es, von Niedersachsen nach Nordrhein-Westfalen hinüberzuschaukeln. Damit bietet sie einen noch spielerischeren und ungezwungeneren Umgang mit der Grenze als der Klettergarten an den Niederlanden - nur angemessen, schließlich ist das nur eine föderale Grenze.
Beide gehören zu den fünf Erlebnisstationen, mit denen die Grafschaft Bentheim das Dreiländereck Niederlande/Niedersachsen/NRW bunt und sichtbar machen will.
Erneut kreuzt die Vechte die Grenze, ohne ein richtiger Grenzfluss zu sein - es reicht gerade so aus, dass die Künstler in der Kurve ihr Werk von einem Ufer und von einem Staat zum anderen spannen können. Dieser besondere Standort ging an Hans Schabus, der die
Laßnitz installierte. Die Laßnitz ist eigentlich ein Fluss in der österreichischen Steiermark. Als die Graz-Köflacher Bahnbetriebe eine alte Eisenbahnbrücke über den Fluss ausrangieren wollten, bat Schabus um die Brücke, und das private Bahnunternehmen überließ sie ihm sowohl gratis als auch leicht irritiert. Sie hätten wohl kaum gedacht, dass ihre alte Brücke in Deutschland derart viel Wirbel veranstalten würde.
Schabus wollte die Brücke in der Gemeinde Samern aufstellen, scheiterte aber an einem Grundstückbesitzer. Erfolg hatte er im letzten Dorf Niedersachsens, dessen Name nicht passender sein könnte: Ohne. Aber auch hier ist das Objekt derart umstritten, dass
Extra3 - Der reale Irrsinn mit Kameras anrückte. Diese Kameras brauchen einen guten Zoom, um die Brücke überhaupt einzufangen, so weit entfernt von der Straße steht sie, inmitten von Äckern.
Schabus wollte eine Brücke pur darstellen, indem er alles entfernte, was nicht nach einer Brücke aussieht. Eine Brücke in Ohne ohne alles, ohne Wege, Leitern und Rampen zum Hinaufkommen, ohne Zweck - und ohne Akzeptanz in der Bevölkerung. Zumindest bei den handverlesenen Interviewten von Extra3. Laut der Informationstafel dagegen wurde die Gemeinde ganz demokratisch in die Entscheidung einbezogen. Wie immer: Jeder weiß das Volk gern hinter seiner Meinung, ob das Volk nun davon weiß oder nicht. Mit "Die Leute verstehen eben die Kunst nicht." lässt sich jedenfalls nicht so leicht argumentieren, solange eine sechsstellige Summe an Steuergeldern hineinfließt.
Mit diesem vielleicht berühmtesten all seiner Kunstwerke endet der konstwegen: NRW wollte sich offenbar nicht an der Freiluftgalerie beteiligen. Doch der Vechtetal-Radweg geht weiter, und wie sich herausstellt, weiterhin mit jeder Menge Kunst. Der größte Unterschied besteht im Grunde nur darin, dass wir von nun an auf die kunterbunten runden Walzen mit sehr, sehr viel Informationstext verzichten und stärker selbst interpretieren müssen.
Der Klimawandel schreitet schneller voran als gedacht: Am Ufer des Vechtetal-Radwegs schießt bereits Bambus in die Höhe.
Die Bleistiftzeichnung setzt eine der zahlreichen Vechte-Holzbrücken in Szene, und zwar eine Doppelbrücke, auf der Radler und Kraftfahrzeuge getrennt fahren dürfen. Obwohl der Landschaft all ihr Grün, Blau und Braun entzogen wird, büßt sie dank der feingliedrigen Linienführung nichts an Lebendigkeit ein.
Better Safe than sorry wäre ein passender Name für diese Installation in einem Holzschuppen. Statt Marmelade und Kartoffeln wird an dieser Verkaufsstation Schnickschnack, Tineff und Dekokram feilgeboten. Die reinlich weißen Objekte stehen im deutlichen Kontrast zu den schmuddelig-braunen Bretterwänden. Was die Installation jedoch vollends absurd macht, ist die Kasse des Misstrauens, in welcher das Geld landet. Wirkt hier die Nähe der Niederlande, in der solche Kassen eher üblich sind? Kann es wirklich sein, dass sich bei solchen Staubfängern schneller eine stehlenswerte Menge Geld ansammelt als bei Grundnahrungsmitteln? Übt der Safe womöglich versteckte Kritik, dass wir in unserer Gesellschaft den falschen Dingen einen einen zu hohen Wert zubilligen - Geld und Schmuck statt dem, was wir eigentlich zum Leben brauchen?
Die Antwort folgt einige Kilometer später. Der
Eisrahmen macht eine aufwendig gestaltete Raststätte zu einem dreidimensionalen Kunstwerk und beantwortet die Frage, was wirklich einen Wert haben sollte in dieser Gesellschaft: Softeis. Genauer gesagt: Softeis-Waffeln. Denn nur für diese bezahlt man streng genommen an diesem Verkaufsautomaten, das Eis füllt der zweite Automat dann ganz ohne Münzeinwurf hinein. Wer das passende Münzgeld dabeihat, erhält an diesem Bauernhof eine wirklich schmackhafte Erfrischung.
Da wir von Kunst sprechen, sollten auch die verschiedenen lyrischen Ergüsse an der Vechte nicht unerwähnt bleiben. Von Neuenhaus, das stolz sein plattdeutsches Katasteramt besingt, über Liebeslyrik und Lokalpatriotismus im Münsterländer Platt ("Dit is gewiss kin Prahlerei" - neein, aber natürlich nicht)...
...zu einem meisterhaft pointierten Achtzeiler gegen Einritzungen in Bäume und nicht zuletzt (naja, in dieser Aufzählung schon zuletzt) berechtigter Kritik am Nachwuchsmangel im Handwerk, die aber aus unerfindlichen Gründen nur die Politik statt auch die Arbeitgeber in die Verantwortung nimmt.
Ein weiteres Kuriosum ist die Bernhard-Blutbuche, die ausschließlich von vielen Anwohnern namens Bernhard gestiftet wurde.
Auf dem Bahnradweg zwischen Wettringen und Ochtrup wartet inmitten zweier "Gleise" eine herrlich blühende, weiße Blumeninsel am ehemaligen Bahnhof, die sich jeder noch existierende Bahnhof nur zum Vorbild nehmen kann. Ölig, schmierig, schmuddelig? Diese Assoziationen mit Bahnhöfen und Gleisen werden hier bewusst ins Gegenteil umgekehrt.
Auch andere Stellen des Radwegs bei Welbergen sind, anders lässt es sich nicht sagen, Kunst. Die Rede ist von den Punkten, an denen der Bahnradweg eine Straße kreuzt. Normalerweise bedeutet dies: Drängelgitter, Abbremsen, mindestens aber irgendein Hinweis, dass man gefälligst der kreuzenden Straße Vorrang zu gewähren habe.
In Welbergen aber ist die Realität vollständig auf den Kopf gestellt, widerspricht den Gesetzen des Universums. Die erhobenen Kreuzungen lassen den Radweg erhöht verlaufen, ohne jedes Hindernis. Stattdessen hat der Motorverkehr abzubremsen, Warnschilder zu beachten und eine Bremsschwelle zu überqueren. Es ist, als würde Wasser aufwärts fließen oder Regen aus dem Boden in den Himmel fallen.
Fast so prächtig wie das Augustinerinnenkloster Stift Langenhorst kommt auch das
Baumhaus für Erwachsene am Vechteufer daher. Endlich ein Baumhaus, in dem jeder aufrecht stehen kann! Baumhäuser sind Kinderkram? Derartige kleinliche Regeln werden von diesem Bauwerk bewusst gebrochen. In diesem lässt sich bequem mit Freunden und Kollegen grillen und feiern.
Deutschland ist den Niederlanden um einige Jahrzehnte voraus: An der Mühle von Metelen ist die Vechte schon so lange begradigt, dass bereits die Entgradigung und Entschlammung von Altarmen vollzogen wurde.
An der
Pionierbrücke, die 1973 von Bundeswehr-Pionieren errichtet wurde, wurde ein rätselhaftes Schild genagelt:
illegalevecht.org. Der Website zufolge setzt die Gruppe Ideen um wie zum Beispiel die Zuschüttung einer Straße, Blockade eines Kreisverkehrs oder Eindickung der Vechte ("ein alchemistisches Experiment"). Ganz legal klingt das in der Tat nicht. Aber dass sich ausgerechnet die Bundeswehrpioniere mit ihrer scheinbar so legalen Brücke daran beteiligen, hätte ich nicht erwartet.
Impressionistisch und farbenfroh präsentiert dieses Gemälde den Vechte-Hohlweg durch den Wald und zeigt, dass der Fluss zunehmend er selbst sein darf. Aus nächster Nähe betrachtet wirken die Wurzel-Ufer beinahe wie kleine Klippen.
Die Installationen von Schöppingen werfen Fragen auf. Fragen wie: Warum? Die graue Kieselsteinwand lässt sich wohl noch damit erklären, dass ein Baumarkt mit seinen hässlichen Wänden wirbt. Doch warum hängen Schuhe am Ortseingangsschild? Ein Wegweiser für Wanderer, womöglich sogar eine Pilgerroute? Ah, nee, Google sagt Bauernprotest.
Jesus verkündet uns: Wir befinden uns nunmehr im katholische Münsterland. Doch diese katholische Region setzt weniger auf Kreuze oder Marienstatuen als vielmehr auf Heiligenstatuen, die in ihrer eckigen Nische über fast jede Vechtebrücke wachen. Mit gütig-besorgtem Gesicht aus Sandstein betrachtet der
Heilige Nepomuk - nicht etwa den Fluss, sondern seine Schäfchen, welche die Brücke überqueren. Nun, als Naturschützer sind schließlich die wenigsten Heiligen in die Geschichte eingegangen, sie kümmerten sich größtenteils um eine gewisse haarlose Affenart.
Dürfen auch weibliche Heilige auf den Brücken stehen? Nein, die Frauenstatuen haben gefälligst in geschlossenen Räumen zu bleiben, dürfen sich dafür jedoch bunter anziehen. Die Gegend ist so fromm, selbst die Gedichte in Münsterländer Platt werden auf einmal religiös.
Eggerode hat gleich zwei Anziehungspunkte für Wallfahrer, damit sie sich auch gleichmäßig aufteilen: Die Wallfahrtskirche Mariä Geburt und die Gnadenkapelle Maria Königin. Zweimal Maria als Statue, eine von ihnen soll der Sage nach einfach so in einem Brunnen aufgetaucht sein. Hätte Gott nicht etwas mehr Energie in auftauchende Nahrung statt in auftauchende Statuen investieren sollen? Ach was, dann wären sämtliche Beweismittel für die Wunder längst aufgegessen und die vielen Wallfahrer würden in die Röhre gucken.
Die Wallfahrtswände der Wallfahrtskirche sind gesäumt von weiteren weiblichen Heiligen. Unter jeder Statue hat ein Kind die Heilige gezeichnet und ihre Geschichte angenehm kurz und knackig (und sogar leserlich) aufgeschrieben. Hier sehen wir zum Beispiel die Heilige Anna, Mutter der bereits erwähnten Doppelmaria und damit Oma von Jesus. 20 Jahre lang hatte sie keine Kinder mit Jesus' Opa, Joachim von Nazareth, bis ein Engel den positiven Schwangerschaftstest überbrachte und schon einmal andeutete, dass ihre Tochter für die nächsten 1500 Jahre die einzige Frau sein würde, die von mächtigen Männern respektiert würde. (Wenn auch nur deshalb, weil sie tot war und eh nicht widersprechen konnte.)
Aber Eggerode ist auch offizieller Startpunkt der Vechte. Sie entsteht am Ortsrand neben einem Findling, zugewachsen und unauffällig, aus dem Zusammenfluss von Rockeler Mühlbach und Burloer Bach. Diesen Umstand heben die 21
Vechte-Steine hervor. Sie tragen die 21 Namen der Orte an der Vechte, und zwischen ihnen sprudelt manchmal Wasser hervor. Diese Blöcke gehören zur Euregio-Kunstroute, von der wir jedoch keine weiteren Werke zu Gesicht bekommen. Als höchst weltliches und weltanschaulich neutrales Kunstwerk stehen sie in Reih und Glied unmittelbar vor den Mauern des Wallfahrtsareals. Ähnlichkeiten mit dem Denkmal an den Völkermord an den Juden Europas sind vermutlich nicht beabsichtigt.
Ist die Reise nun zu Ende? Nicht ganz, denn einer der beiden Quellbäche ist länger und hat eine eindeutige Quelle.
Es geht katholisch weiter mit dem
Kreuzweg am Flussufer.
Sohn, sieh deine Mutter -
Mutter, sieh deinen Sohn. Oma Anna findet keine Erwähnung im Sandstein-Ensemble. Aber da sie eine Heilige war, macht ihr das in ihrer Bescheidenheit vermutlich nichts aus.
Die Liebe zur Landschaft und zum Radfahren zelebrieren diese
Zerbrochenen Mauerbilder direkt am Radweg. Knallige Farben und klare Linienführung rufen geradezu in die Welt hinaus: Mensch, guck ma dat Wetter, wird auch mal wieder Zeit für ne Radtour.
Auf die Gefahren dieses Entschlusses weist mit zarter Entschlossenheit das Schild
Schutzengelweg hin, eine außergewöhnliche Bezeichnung für einen Radweg, die womöglich auf vergangene Unfälle hindeutet, ehe es den separaten Weg gab. Das zarte Pathos des inoffiziellen Verkehrsschilds steht im deutlichen Gegensatz zur pragmatischen Wegemarkierung
Fahrrad im Kreis.
Diese Statuen erinnern an die
Darfelder Frauen, die in der Vechte Wäsche waschen mussten. Obwohl ihr Leben wohl auch nicht weniger hart war, wurden sie nicht weltberühmt wie die Heiligen nebenan, da ihre Kinder nicht ganz so überraschend kamen.
Dann verdickt sich der Rockeler Mühlenbach ein wenig zu einem klaren Teich. Dieser gilt als offizieller Quelltopf. Es sieht tatsächlich ganz danach aus, als würde dort Wasser aus dem Boden strömen.
Gesäumt wird die Quelle von einer kleinen Alltagsinstallation, den Drei Quellkerzen. Sie strahlen eine gewisse Trauer aus und sind zwar nicht völlig abgebrannt, aber erloschen - so wie ich, der ich zwar noch weiterfahren könnte, aber gleich das Ende der Reise erreichen werde.
Womöglich erinnern sie auch an das tragische Ende eines fränkischen (oder sächsischen, weiß man nicht genau) Prinzen aus dem 4. Jahrhundert, der im Fluss ertrank. Sein Name? Vechte! Der Vorname mag ausgestorben sein, doch als Fluss lebt der Prinz fort.
Ein wenig zieht sich der Bachlauf noch an einem Bauernhof entlang, ohne dass darin eine nennenswerte Menge Wasser fließt.
Wenig später verrät die lustige Skulptur einer Schweinerutsche, welche Tiere diesen schlammigen Boden lieben.
Unklar bleibt dagegen, worum es sich bei diesem gewundenen Wurmgeschöpf handeln soll.
Der nächste Bahnhof befindet sich in Billerbeck. Auch hier sprudelt eine Quelle, die jedoch von konzentrischen Sandsteinkreisen umgeben und zum Liudger-Brunnen gefasst wurde. Das Muster erinnert etwas an Wasser, in das jemand einen Stein geworfen hat - dabei ist es umgekehrt, viel Stein mit ein klein bisschen Wasser inmitten der Kreise. So wie der Brunnen zieht auch unser Leben Kreise, und ebenso das Leben von Bischof Liudger a.k.a. Ludgerus.
Er war der erste Bischof von Münster und so etwas wie der damalige Joe Biden des Münsterlandes - auch er hatte Schwierigkeiten zu erkennen, wann Schluss war. Schwerstkrank hielt er in Billerbeck eine Messe. Kaum war er fertig, brach er tot zusammen. An seiner Todesstelle entstand zuerst eine Ludgerus-Kapelle und dann der 100 Meter hohe Ludgerus-Dom. Eine Ehre, die Biden vermutlich eher nicht zuteil wird - mal sehen, ob er überhaupt einen kleinen Brunnen bekommt.