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01 August 2023

WHH: Von Hann. Münden nach Göttingen

Zwischen der Leine und der parallelen Weser gibt es mehrere Querverbindungen, von Elze nach Hameln zum Beispiel oder am Steinhuder Meer.

Die erste und möglicherweise schönste Querverbindung verläuft auf dem Weser-Harz-Heide-Radweg zwischen Göttingen und Hann. Münden. Diese Strecke von etwa 40 Kilometern sind wir hin- und zurückgefahren, um die Weser kennenzulernen. Wir erkundeten die Stadt einige Stunden lang und radelten dann zurück, bevor es dunkel wurde. Hann. Münden und die Weser gefielen uns ausgesprochen gut, und daher beschlossen wir: Irgendwann fahren wir auch mal den Weserradweg.

In Hann. Münden aus folgten wir kurz dem rechten Werra- und Weserufer entlang der Hauptstraße, vorbei an der Jugendherberge und der niedersächsischen Polizeiakademie. An der dicken Dorfkirche von Gimte bogen wir rechts ab.

Dort wurde es erstmal ein bisschen steil. Wir müssen die erste Hügelkette überwinden, um das Wesertal zu verlassen. Der Radweg und die Hauptstraße folgen dabei einem schmalen Einschnitt, den die Schede geschaffen hat, ein Bach, der zur Weser plätschert.

Dann begegnen wir einer ehemaligen Bahntrasse. Hier wurde sie mit glatten Betonplatten belegt. Sogar alte Signalanlagen stehen noch daneben. Schnurgerade zieht sich der Weg durch Wälder in ein enges Tal. Einfach ein fabelhafter Radweg, besonders für Bahnliebhaber.

Das ist der Weser-Harz-Heide-Radweg von seiner besten Seite!

Bei Scheden führt der Weg an einem Reiterhof vorbei, dessen Eigentümer bei Verfassen von Verbotsschildern ihrer kreativen Ader freien Lauf gelassen haben.

Hier erreichten wir eine hügelige Zwischental-Landschaft aus braunen Äckern. Die könnte man eigentlich auch weglassen und gleich zum nächsten Bahnradweg übergehen, aber ich mache die Landschaften ja nicht.

Leider kann der Radweg nicht die ganze Zeit auf der alten Bahntrasse verlaufen. In verschiedenen Dörfern mussten wir ordentlich auf und ab strampeln, während uns alte Menschen auf Bänken zusahen. Wir passierten unter anderem einen heruntergekommenen Bauernhof mit Ziegen.
Irgendwie wirken Bereiche in Niedersachsen, die keine Bahnanbindung haben, gleich viel ausgestorbener.

In der Mitte des Zwischentals liegt Dransfeld, die einzige Stadt zwischen Göttingen und Hann. Münden. Die Skyline Dransfelds besteht aus dem winzigen spitzen Türmchen der Kirche (links im Bild) und fetten gelben Quadern, in denen sich ein Haus- und Gartenmarkt befindet.

Die Innenstadt ist etwas idyllischer. Ich glaubte plötzlich, ich sei aus Versehen im Harz gelandet - die Fachwerkhäuser mit Schiefer und das eingerückte Rathaus mit Grünanlage davor erinnerten mich ganz stark an die harzigen Städtchen, vor allem an Clausthal-Zellerfeld. So weit entfernt sind die ja auch nicht.
Dransfeld ist überraschend lebendig - an der Hauptstraße waren viele Geschäfte und Imbisse, womit ich nach den ausgestorbenen Dörfern ringsherum gar nicht gerechnet hatte. Es mangelte nur an Fußgängern, die in die Geschäfte hineingingen. Das lag wohl auch an der gewaltigen Hitze.

Gegen die Hitze hilft das putzige kleine Freibad. Es liegt eine Etage höher am Campingplatz, die Straße dorthin führt steil bergauf. Dafür wartet oben eine schöne Aussicht und sehr kühles Wasser (fast schon zu kühles Wasser, aber bei dem Wetter will ich mich nicht beschweren).

Der Radweg entlang der Hauptstraße durch Dransfeld ist kürzer, aber auch steiler. Der Weser-Harz-Heide-Radweg verläuft mit Abstand im Bogen um die Stadt herum. Von dort aus sieht Dransfeld so aus wie auf diesem Bild - die gelben Klötze sind auch aus der Ferne zu erkennen. Wer in der Stadt nicht essen oder schwimmen will, muss entscheiden, ob er lieber mehr Strecke oder mehr Höhenmeter zurücklegen will. Ich glaube, ich würde tatsächlich die Höhenmeter empfehlen.
Auf den Bergen hinter Dransfeld steht der Gaußturm. Er erinnert an den Mathematiker und Landvermesser Carl Friedrich Gauß, der in Göttingen gewirkt hat. Der Aussichtsturm ist jedoch dauerhaft geschlossen.

Im Wald bei Ossenfeld beginnt dann der zweite Bahntrassen-Abschnitt. Der besteht zwar nur aus Kies, macht aber wirklich Spaß, vor allem in Richtung Göttingen. Denn dann hat der Weg ein leichtes, unsichtbares, aber doch spürbares Gefälle, sodass es sich fast wie von selbst fährt. In der Gegenrichtung fühlt es sich eher wie ein normaler ebenerdiger Weg an, vielleicht mit einem minimal Widerstand als sonst.
So tauchten wir ins Leinetal ein, und zwischen den Hecken öffneten sich weite Blicke auf die Göttinger Vororte.

Dann wurde es schattiger, und wir drehten eine Schleife um ein Dorf und unterquerten die Straßen in merkwürdigen Tunneln aus Wellblech, die an übergroße Abwasserkanäle erinnerten.
Von der Luftlinie her wäre es eindeutig kürzer, die Bahntrasse zu verlassen und quer durchs Dorf zu radeln. Aber ich bezweifle, dass man dadurch auch nur eine Minuten Zeit spart - es ist so viel unkomplizierter, sich einfach immer weiter durch den Kies abwärts ziehen zu lassen.

Schnurgerade zieht der WHH-Radweg zwischen aktiven Bahngleisen und dem Friedhof hindurch, überquert zwei Hauptstraßen und kommt schließlich am Ufer der Leine in Göttingen raus.

07 September 2021

Weser: Von Porta Westfalica nach Nienburg

Weser-Tag 6: Sprühregen auf Spargelstraßen

gefahren im: Juli 2020
Start: Nienburg, Bahnhof
Ziel: Porta Westfalica/Hausberge, gemütliches Familienzimmer mit Netflix
Länge: 65 km
Weserquerungen: 2 (Brücken)
Ufer: meist links, außer bei Nienburg
Bundesländer: Niedersachsen, NRW
Landschaft: ach, so flach
Wegbeschaffenheit:
 erst Radwege, dann Haupt- und Nebenstraßen
Steigungen: keine
Wetter: grau und stürmisch
Wind: starker Südwestwind
Highlight: Altstadt Nienburg
Größte Hürde: Gegenwind
Zitat des Tages: "Veronika, der Spargel wächst." - Comedian Harmonists -


1. Fahren Sie diese Etappe keinesfalls in die entgegengesetzte Richtung! Der Wind wird Sie dafür bestrafen.


2. Unterqueren Sie auf dem Radweg ungefähr zwölftausend Brücken. Die Berge hinter Ihnen werden immer kleiner, denn die Porta Westfalica hat Sie ins Norddeutsche Flachland entlassen. Im Reiseführer finden Sie dazu Beschreibungen wie Endlich können Sie den Blick weit und ungestört schweifen lassen, aber das ist nur ein Code für Keine Berge mehr, jetzt ist alles platter und langweiliger.

3. Finden Sie Minden. Durchqueren Sie den schönen Park am Schloss. Biegen Sie an der Uferpromenade in die Stadt ab, falls Sie Lust auf einen Döner in beklemmender Atmosphäre haben.
Minden stand früher in starker Konkurrenz zu Bremen. Die norddeutschen Backsteinhäuser haben sich hier ungewöhnlich weit in den Süden verirrt, von denen steht aber nur noch eins.

Die Großstädte an der Weser waren zwar einst ebenso blühende Handelsstädte wie ihre kleinen und mittleren Kollegen und sahen wahrscheinlich ganz ähnlich aus wie Hameln oder Bodenwerder. Aber was Sie schon in Bad Oeynhausen vermutet haben, bestätigt sich hier: Weil die Großen im Zweiten Weltkrieg größere Ziele abgaben, ist davon nicht mehr viel zu sehen. Nur eine Handvoll Fachwerk und der Dom von Minden wurden restauriert. In der Fußgängerzone ist es nicht sonderlich gemütlich: Sie sitzen inmitten von hohen, kahlen Gebäuden in einer vollkommen stillen, menschenleeren Straße. An einem Samstagabend.

4. Fahren Sie neben der Weser unter den tonnenschweren Wassermassen des Mittellandkanals durch. Eine grüne Trogbrücke ermöglicht Ihnen das. Über Ihnen fahren Lastschiffe nach Westen zur Hase und nach Osten zur Leine. Die Weser versorgt den Kanal mit Wasser: Einige leistungsstarke Pumpen schaffen es nach oben.


5. Schlängeln Sie sich durch ein kleines Hafenlabyrinth und bestaunen Sie die historische Schachtschleuse. Jap, das ist eine Schleuse, keine Burg. Das dürfte die eindrucksvollste Stelle von Minden sein. Folgen Sie nun der Weser.


6. Machen Sie einen Spaziergang durch den Mindener Nordfriedhof. Er hat beeindruckende Kaskaden, die fast schon Kassel-Wilhelmshöhe Konkurrenz machen. Beinahe.


7. Passieren Sie den alten Bahnhof von Petershagen. Der ist schonmal etwas gemütlicher als Minden, aber noch ausbaufähig. Das sah wohl auch der Bischof von Minden so: Im 14. Jahrhundert ist er aus Minden hierher abgehauen, weil ihm die Bürger so ungemütlich auf die Pelle rückten. Er baute sich dann erstmal eine Burg. Die sollte 1544 zum Schloss ausgebaut werden. Dabei wurde möglicherweise der Brauch erfunden, fertiggestellte Bauabschnitte mit Bier zu feiern. Das Schloss hatte mehr Pech als der BER und wurde nie fertig. Das lag aber nicht daran, dass zu viel Bier konsumiert wurde, sondern an Religionskriegen.


Sie haben zwei Optionen:
Entweder fahren Sie am Weserufer bis Petershagen, schlängeln sich durch die Innenstadt und am Alten Bahnhof kommen Sie auf den Radweg.
Oder Sie... ups, Sie bereits früher auf diesem Radweg gelandet, weil Sie dem Schild gefolgt sind, egal.
In jedem Fall landen Sie auf einem schnurgeraden Bahnradweg, der hinter den Dörfern entlangführt. Die Weser sehen Sie nicht, fahren lässt es sich hier super. Lassen Sie sich von Rudi der Reiherente (unten links) die Natur erklären und vergessen Sie auch nicht, die Windmühlen zu bewundern, zum Beispiel die Pottmühle (oben rechts).
Falls Sie rechts abbiegen, gelangen Sie per Solarfähre ans andere Ufer. Das klingt zwar cool, ist aber ein großer Umweg.


8. Leider ist dieser Weg irgendwann zu Ende. Den Rest der Strecke müssen Sie auf Straßen im Zickzack hin- und herfahren. Dabei sehen Sie zahlreiche Baggerseen. Der Wind peitscht ihr Wasser auf, sodass Sie wie stürmische Baggermeere aussehen.


Falls Sie in einem der Seen baden möchten, nehmen Sie gleich die erste kleine Badestelle. Später ist es verboten.


Immerhin liegen zahlreiche Schutzhütten auf dem Weg. Verkriechen Sie sich darin vor dem miesen Wetter.


Außerdem können Sie erstaunlich bunte Schottergärten mit Storchennest und Fahrrad beobachten.


Passieren Sie Rußland. Sie benötigen dazu kein Visum.


9. Erreichen Sie auf einem weiten Bogen nach Osten eine russische Stadt: Schlüsselburg. (Ja, eine Stadt dieses Namens gibt es wirklich bei St. Petersburg.) Hier stehen historische Scheunenviertel aus dem 17. Jahrhundert und die Schlüsselburg, für deren Besichtigung Sie vermutlich einen Schlüssel benötigen. Bewundern Sie die alten Bauten aus Holz und Ziegeln im Vorbeifahren. Fahren Sie an einem Haus vorbei, in dessen Tür jemand tatsächlich einen Schlüssel hat stecken lassen.

Außerdem führt hier eine Variante zum Steinhuder Meer.


Auf dem Bogen durch Schlüsselburg überqueren sie zweimal einen kleinen Kanal. Das erste Mal auf der Hauptstraße, beim zweiten Mal hat die Straße einen Radweg. Ja, dieser lange Bogen nach Osten war unvermeidbar, ich habs überprüft. Erst jetzt sind Sie zurück in Niedersachsen.


10. Machen Sie Mittagspause in Stolzenau. Gegenüber vom Rathaus gibt es leckere Nudeln - an der Hauptstraße, aber dennoch gemütlich von Bäumen umgeben und direkt neben dem Radweg. Darauf kann Stolzenau stolz sein.


Folgen Sie der bunten Wesersteinschlange, die angeblich (laut einem laminierten Zettel, also muss es stimmen) Weltkulturerbe ist. Um sich während der Coronazeit zu beschäftigen, sollte jedes Kindergartenkind einen Stein finden, bemalen und hinlegen.


11. Leider müssen Sie noch einmal auf der Hauptstraße fahren. Überqueren Sie die Weser. Oben auf der Brücke können Sie einen letzten Blick auf die fernen Berge erhaschen. Sehnen Sie sich nach dem Weserbergland und seinen tollen Radwegen.


12. Immerhin bekommen Sie jetzt noch einmal einen Radweg an der Weser. Um den Fluss zu sehen, müssen Sie den Deich erklimmen. Dort schleusen die Schleusen gerade Schiffe.


13. Tja, aber kurz darauf ist der Schleusen-Radweg schon wieder vorbei - willkommen zur nächsten Zickzack-Strecke in den Nienburger Vororten. Durchqueren Sie ein weiteres Scheunenviertel und einen Wald namens Nienburger Bruch.


14. Jetzt haben Sie vermutlich schon erraten, wie das heutige Ziel heißt. Richtig: Nienburg. Im Stadtgebiet können Sie wieder an der Weser radeln. Spaziergänger und blaue Brücken begleiten Sie.
Nienburg bedeutet "Neue Burg". Besagte Burg ist inzwischen nicht mehr neu, sondern wurde längst abgerissen, vorher konnte sie aber eine ziemlich krasse Leistung verbuchen: Die kaiserliche Armee hat es im Dreißigjährigen Krieg nicht geschafft, sie zu erobern.


Sollten Sie Lust auf frisches Gemüse haben, schieben Sie Ihre Räder durch den (laut einer Jury) schönsten Wochenmarkt Deutschlands. Sehen Sie den langsamen Wandel von Fachwerk zu Backstein, der Ihnen anzeigt, dass Sie nach Norden unterwegs sind.
Berühren Sie die Statue der Kleinen Nienburgerin. Auch dem Spargel hat Nienburg eine Statue gewidmet, hinzu kommt ein Spargelmuseum (in dem es aber auch um Landwirtschaft allgemein geht). Schon der heutige Radweg verlief teilweise auf der Deutschen Spargelstraße. All dies lässt nur den Schluss zu, dass hier sehr viel Spargel angebaut wird.
Eine richtig große Stadt ist Nienburg dann doch nicht. Das erkannten wir, als wir auf einer kurzen Runde durch die Stadt zufällig die einzige Nienburgerin getroffen haben, die wir kennen.




06 September 2021

Weser: Von Vlotho nach Porta Westfalica

Weser-Tag 5: Porta Desperata

gefahren im: Juli 2020
Start: Porta Westfalica/Hausberge, gemütliches Familienzimmer mit Netflix
Ziel: Vlotho, Bahnhof
Länge: 15 km
Weserquerungen: 1 (Brücke)
Ufer: links, außer zur Unterkunft
Bundesländer: nur NRW
Landschaft: vom Westwesertal durch die Hügellücke ins Flachland
Wegbeschaffenheit:
 Asphaltradwege
Steigungen: nur innerhalb von Vlotho und Porta
Wetter: grau mit ekligem Regen
Wind: Westfälischer Westwind
Highlight: Westfälische Pforte
Größte Hürde: Wind, Regen und Steinschlag
Zitat des Tages: "Peng!" - Schützenverein an der Westfälischen Pforte -


1. Fahren Sie diese kurze Etappe meinetwegen in die entgegensetzte Richtung, das ist eigentlich egal. Auf der Hälfte (am Werre-Kuss) wechselt die Weser die Richtung. So oder so haben Sie also zur Hälfte Gegenwind.

2. Wieder einmal stehen Sie vor der Frage: Linkes oder rechtes Ufer? Haben Sie Lust auf Natur und ein paar Badeseen, nehmen Sie das rechte. Ist das Wetter nicht so toll und Sie wollen einfach nur direkt am Fluss vorwärtskommen, bleiben Sie links an der Straße.


3. Überqueren Sie eine Flussmündung mit einem höchst romantischen Namen: Weser-Werre-Kuss. Nach dem Weserkuss von Hann. Münden ist das nun schon der zweite Flusskuss - ganz anders als am Rhein, wo alle Zusammenflüsse nüchtern-technisch als Eck bezeichnet werden.
Hier landet ein Drittel des Wassers des einzigartigen Nebenflusses Hase in der Weser.

Achtung, nicht verwechseln: Hier fließt die Werre in die Weser, nicht die Werra. Erstere kommt aus dem dicht besiedelten, industrialisierten Norden von NRW, letztere aus den Tiefen des Thüringer Waldes. Was ein kleiner Buchstabe doch für einen großen Unterschied machen kann.



4. Der Weserradweg führt am Randgebiet einer Großstadt namens Bad Oeynhausen entlang. Falls Sie da reinwollen, nehmen Sie den 3,5 km langen Radweg an der Werre am Casino vorbei. Für Bahnreisende ist die sogenannte Märchenstadt etwas unpraktisch: Sie erstreckt sich zwischen einem Nord- und einem Südbahnhof. Wer zwischen den beiden Bahnstrecken umsteigen will, muss die ganze Stadt durchqueren.

Dabei sieht er einen prächtigen Kurpark mit Fontänen und weißen klassizistischen Palästen. 1745 entdeckte ein verblüffter Bauer Salzkristalle in den Borsten seiner Schweine, die sich im Matsch gewälzt hatten. Das teilte er dem Amtmann mit, zack, fünf Jahre später stand die erste Saline. Daran erinnern verschiedene Schweinestatuen.
Am Jordansprudel sprudelt das Salzwasser bis zu 42 Meter in die Höhe. Die Innenstadt selbst ist halt weiß und nichts Besonderes, deswegen heißt die Stadt auch nicht Bad Schoeynhausen. Lassen Sie die Stadt also ruhig weg, wenn Sie an Parks und Salz nicht so interessiert sind.
Sollten Sie einmal abends am Nordbahnhof stranden und eine Stunde auf den letzten Zug warten müssen - keine Panik! Gegenüber ist ein leckerer Waffelladen.


5. Folgen Sie dem Radweg, der nun wieder gen Nordosten führt. Achtung! Da sind Poller!! Viele Poller!!!
Hier stoßen Sie endlich auf den langen Bergrücken, dem die Weser so lange ausgewichen ist: Das Weser- und Wiehengebirge beziehungsweise die östlichsten Ausläufer vom Teutoburger Wald. Das ist keine Hügelkette, auf der es immer auf und ab geht, nein, dieser Wald erstreckt sich gerade und gleichmäßig quer über den Horizont. Wie soll die Weser da bloß durchkommen?


Sie nimmt die einzige Lücke, die es gibt. Es gibt drei Theorien, wer für die Entstehung dieser Lücke verantwortlich ist. Suchen Sie sich die aus, die Ihnen am besten gefällt.
a) Es war die Weser. Sie hat sich rechtzeitig reingegraben, während sich das Gebirge gehoben hat.
b) Es war eine kleine namenlose Quelle am Berghang. Sie hat durch rückschreitende Erosion langsam alles kaputtgemacht, erst dadurch hat die Weser diesen Weg genommen. ("Oh, eine Lücke, wo kommt die denn her?")
Dass es am Hang früher Quellen gab, beweist die Wittekindsquelle. Sie wurde in Stein gefasst, aber dann haben Bergarbeiter ihre Wasseradern zerstört, deshalb ist sie ausgetrocknet.
c) Es war Gott. Der Teufel hat die schmale Schlucht verstopft, um die Leute mit Überschwemmungen zu ärgern, woraufhin der Herrgott mit Blitz und Donner eine noch breitere Lücke gesprengt hat, weil es damals noch kein Bundesamt für Hochwasserschutz gab und er alles selbst machen musste.
Fest steht nur: Weil diese Lücke weit und breit die einzige ist, fällt sie sehr auf, insbesondere, wenn da auch noch so ein breiter Strom drin ist. Deshalb wurde ihr im 19. Jahrhundert der eindrucksvolle Name Porta Westfalica gegeben - die Westfälische Pforte.


6. Stellen Sie Ihr Rad an einem Parkplatz ab und folgen Sie dem steilen Pfad nach oben. Lauschen Sie dezent beunruhigt den Schüssen des Schützenvereins und dem Rascheln des Laubs. Nach mehr als der Hälfte der Wanderung versperrt Ihnen das Land Nordrhein-Westfahlen den Weg, weil der Wald wegen Steinschlags gesperrt ist. Kehren Sie um. Danke, Nordrhein-Westfahlen! Wie wäre es mit einem Schild unten am Anfang des Weges?
Kehren Sie zwei Jahre später zurück und finden Sie endlich die richtige Route - nicht geradewegs hoch, sondern etwas länger seitlich am Berg hoch.



Was war eigentlich das Ziel?
Oben am Berg steht ein dickes steinernes Baldachin-Dings mit einer großen Statue drin. Eigentlich wollte der Architekt es noch viel, viel größer bauen, aber dafür reichte das Geld nicht.
Es handelt sich um das patriotische Kaiser-Wilhelm-Denkmal, das ähnlich wie die Wacht am Rhein daran erinnern soll, wie Kaiser Wilhelm I. Frankreich besiegt, das deutsche Kaiserreich geeint und überhaupt sehr kaiserliches, unzeitgemäßes Zeug gemacht hat. Gleichzeitig soll es seinen Enkel, Wilhelm II. ehren, der gerade an die Macht kam, als das Ding gebaut wurde.

Lieb Vaterland, dann gute Nacht,
hier wird geschossen, dass es kracht
zur Weserwacht.

Suchen Sie sich einen Tag mit klarem Wetter, dann ist die Aussicht großartig!
Falls Sie Hunger und viel Geld oder historisches Interesse und kein Geld haben, betreten Sie den Glaskasten und steigen Sie die Treppe runter. Dort finden Sie ein Luxusrestaurant und eine kleine Gratisausstellung über die Pforte, beides mit Panoramafenstern. Interaktive Landkarten zeigen, wie intensiv die Pforte industrialisiert wurde, obwohl sich die Unternehmer nie eindeutig auf eine Branche spezialisiert haben.

7. Wollen Sie noch mehr wandern? Dann laufen Sie ein Stück zurück (also stromaufwärts) auf dem Bergkamm, am sogenannten Wittekindsweg (wo mehrere Fernwanderwege verlaufen). Von der Felswand sehen Sie eher wenig, dafür liegen interessante Bauwerke auf dem Weg:
  • der Moltketurm, ein einfacher grauer Aussichtsturm mit Wendeltreppe zu Ehren eines Generalfeldmarschalls, ähnlich wie die zahlreichen Bismarcktürme
  • die Wittekindsburg, ein Burg- und Berghotel von großartigem Aussehen
  • eine grüne Sprungschanze für Paraglider unter der Wittekindsburg
  • die Kreuzkirche, eine ziemlich genau 1000 Jahre alte Familiengrabstätte, in der eine unbekannte Frau mit Kindern ruht. So ein altes Familiengrab gibt es nur fünfmal in Europa. Deshalb wurde über die verfallenen Mauern zum Schutz ein Glasdach errichtet.
  • die Wolfsgrotte, deren Weg aber geschlossen ist, weil er der Natur überlassen wurde und Äste runterfallen können


8. Auf der gegenüberliegenden Seite fällt der Berg schroff ab. Hier gucken ein paar Felsformationen heraus. Sie haben keine Lust mehr? Dann überqueren Sie die Weser auf der großen Brücke.
Der Name Porta Westfalica steht nicht nur für eine Landschaftsformation, sondern auch für einen Bahnhof. Falls Sie wegfahren möchten: Der liegt gleich links von der Brücke.


Und auch eine Stadt namens Porta Westfalica gibt es, die ist allerdings ein bisschen merkwürdig. Sie besteht aus verschiedenen Stadtteilen, die in der Landschaft verstreut liegen. Nur einer davon befindet sich direkt an der Pforte. Der besteht aus einem Haufen roter Ziegel und ist am ehesten so etwas wie das Zentrum der Stadt. Er heißt aber nicht Porta Westfalica - Zentrum, sondern Amt Hausberge.
Ein anderer Stadtteil heißt Holzhausen, was ein extrem häufiger Name ist. Wir haben auf der Karte bislang sieben Holzhausens in der Nähe der Weser entdeckt.


Falls Sie übernachten möchten, nehmen Sie das Zimmer in der Schneckenstraße. Da können Sie sogar den Lichtschalter mit ins Bett nehmen.