gefahren im: August 2019
Start: Rostock, Altstadt
Ziel: Warnemünde, grüner Leuchtturm am Pier
Länge: 15 km
Warnowquerungen: 0
Ufer: links
Landschaft: Gewerbegebiete, Wohnblocks, 1 große Wiese
Wegbeschaffenheit: meist straßenbegleitender Radweg
Steigungen: keine
Wetter: heiß (kurz Regen auf der Rückfahrt)
Wind: leichter Gegenwind
Größte Hürde: Menschenmenge am Alten Strom
Highlight: IGA-Park
Zitat des Tages: "Achtung, Lebensgefahr! Baden verboten!"
Wir sind noch nicht ganz an der Mündung. Die Unterwarnow ist sehr breit und kann schon Überseeschiffe tragen. Gemächlich windet sie sich aus der Altstadt in Richtung Meer.
Am Stadthafen führt ein Fahrradweg weiter am Fluss entlang, zwischen Segelbooten, Kränen und einem Theater.
Später fahren wir neben der Straße und an der Schokoladerie vorbei.
An diesem, ähm, wunderschönen DDR-Matrosendenkmal verabschieden wir uns dann leider vom Wasser.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, nach Warnemünde zu fahren. Nehmen wir den Radweg an der Stadtautobahn, suchen wir die zugewucherte Fahrradstraße in Bramow oder fahren wir weiter oben durch den schönen Lichtenhagener Park hinter den Wohnblocks? Nö, wir sind einfach am Neptun-Einkaufszentrum rechts abgebogen und der Straße die ganze Zeit gefolgt. Dieser Weg ist wahrscheinlich am kürzesten, wenn auch nicht am schönsten.
Dort fuhren wir durch Gewerbegebiete an den Stadtteilen Evershagen und Marienehe vorbei. Oft gibt es an dieser Straße einen Radweg, manchmal aber auch nicht.
Am Wegesrand ragt ein unauffälliges weißes Haus mit dem Namen HCC auf. Als ich mal mit der Schule da war, enthielt es bloß einen Haufen Sporthallen. Inzwischen ist es ein großes Stück teurer und interessanter geworden und beinhaltet Haufen Escape Rooms, ein U-Boot-Simulator zum Selberfahren und Schwarzlicht-Minigolf. Dabei sollen die Golfbälle unter Drachenschwänzen und durch Pyramiden geschlagen, von Minenaufzügen und mit Raumschiffkanonen abgeschossen werden. Das wird auch nicht gerade leichter, wenn die 3D-Brille zwischendurch behauptet, man stünde bis zu den Knöcheln in Fischen.
Nachdem wir die Stadtautobahn zum Warnowtunnel überquert hatten, erblickten wir in der Ferne einen merkwürdigen modernen Turm neben der Hansemesse.
Mittlerweile entfernen sich Radweg und Straße ein klein bisschen voneinander und die Fahrt wird angenehmer. Beide durchqueren nun den IGA-Park.
Hier fand mal die Internationale Gartenschau (IGA) statt, mit Seilbahn und allem. Inzwischen hat sich Rostock für die ähnliche Bundesgartenschau (BUGA) beworben. Die soll aber am Stadthafen an der Altstadt stattfinden, und dabei soll eine neue Fußgängerbrücke über die Warnow errichtet werden.
Nun, auch wenn die Seilbahn nicht mehr steht, so ist von der alten IGA doch ein hübsches Gelände übrig, dass man für wenige Euro betreten kann. Ein zentraler Bestandteil sind dabei Holzstege durchs Schilf.
Und die witzigen Spielplätze sind natürlich auch deutlich interessanter als irgendwelche nachgestellten chinesischen Gärten mit Bambus-Gartenhäuschen, Teich und Steinplatten.
Nach den Gewerbegebieten folgen nun Stadtteile, die vor allem aus Wohnblocks bestehen. Sie heißen Schmarl, Lütten Klein (plattdeutsch für Klein Klein, da ist der IGA-Park) und Groß Klein (komischer Name, ich weiß). Der bekannteste Stadtteil ist aber sicherlich Lichtenhagen. Und der bekannteste Wohnblock darin ist sicherlich der mit Sonnenblumen drauf, wo die schlimmsten rassistischen Angriffe der Nachkriegszeit stattfanden, denn da wurden 1992 Wohnungen mit Asylbewerbern drin angezündet, während Nachbarn applaudierten und die Polizei sich zurückhielt.
Tja, mindestens letzteres hat sich seitdem in Rostock geändert. Wenn heute ein angemeldeter AfDemonstationszug durch eine unangemeldete Blockade aufgehalten wird, akzeptiert die Rostocker Polizei die Blockade als Spontanversammlung und stoppt die AfD.
Hinter Lichtenhagen folgen ein paar Kleingärten und der einzige Abschnitt auf dem Weg nach Warnemünde, der nicht mit irgendeinem Stadtteil bebaut ist. Hier wachsen Büsche und dahinter eine große Wiese, aus der manchmal geheimnisvoller Nebel aufsteigt, sodass sie vom Meer kaum mehr zu unterscheiden ist.
Auf diesem Kran stand mal Warnow Werft, aber der Name wurde mittlerweile zu MV Werften geändert. Hier werden Schiffe gebastelt.
Warnemünde empfängt uns mit mehreren riesigen Kreuzfahrtschiffen. Diese spucken zusammen mit der S-Bahn und den Parkplätzen eine Menge Touristen aus. Bald war der Weg so voll, dass wir schieben mussten.
Außerdem geht es noch an den Skulpturen der Warnemünder Sandwelt vorbei. Die Künstler, die so etwas bauen, verwenden aber einen speziellen Sand mit eckigen Körnern. Mit Strandsand geht so was nicht.
Am anderen Ufer liegt Hohe Düne, aber wir bleiben in Warnemünde, denn als Abschluss der Warnowtour erscheint das dem Namen nach passender. An Wohnmobilen und Reisebussen vorbei steuert der Radfahrer aufs Meer zu und denkt sich, er wäre gleich an besagter Mündung. Da hinten ist sie auch schon zu sehen, aber nix da - zuerst muss er noch einen Bogen fahren und die letzte Hürde nehmen, deren Überwindung mehr Kraft kostet als die Crivitzer Berge.
Denn hier zweigt ein Arm der Warnow ab, der heute in einer Sackgasse endet. Er wird Alter Strom genannt und ist das pulsierende, im August sogar eher überquellende touristische Herz Warnemündes. Und weil es weiter hinten keine Brücke gibt, muss der Radfahrer das ganze Stück zurück und über die Alte Drehbrücke (die sich nicht mehr dreht). Am Alten Strom stehen Kapitäne, die klingelnd und rufend für ihre Hafenrundfahrt werben, denn die Konkurrenz ist groß. Restaurants, Geschäfte, Eisdielen, ein tschechisches Restaurant und ein McDonalds werben um Kundschaft. Naja, eigentlich ist es schon ganz nett, da entlangzuschlendern, nur vielleicht nicht zur Hochsaison im August, während man ein Fahrrad mit sich schiebt.
Nebenan beginnen enge Gassen mit Fachwerkhäuschen und phantasievollen Namen wie Querstraße V. Die führen weiter zur Kirche. Dort ist es im Sommer auch noch voll, aber nicht mehr ganz so... das wahre Zentrum ist eben doch der Alte Strom.
In einem der Häuschen verbirgt sich das kleine Heimatmuseum. In meiner Schulzeit musste ich da mal an einer Führung teilnehmen, an die ich mich noch vage erinnere: Die alten Fotos und Gegenstände darin beweisen, dass die Menschen hier schon seit 1821 Urlaub machen. (Okay, an die Jahreszahl erinnere ich mich nicht mehr, die hab ich gegoogelt.) Damals haben die auch ihre Möbel und alles mögliche in den Urlaub mitgenommen. Die Warnemünder fanden schnell heraus, dass sich mit Touristen mehr Geld machen lässt als mit Fischen.
Anfangs war Warnemünde unabhängig von Rostock. Erst 1321 kaufte Rostock das Seebad dazu, also über 100 Jahre nach Gründung der Stadt. Trotzdem sahen sich die Warnemünder nicht so richtig als Teil von Rostock (manche sagen, das ist bis heute so). Auch der Baustil ist anders.
Die bekanntesten Gebäude Warnemündes sind ein mehr oder weniger normaler Leuchtturm und das merkwürdige Restaurant namens Teepott. Es soll angeblich wie eine Teetasse aussehen. Ich hätte es ja eher "Ufo" oder so genannt. So ein Name wäre aber vermutlich nicht mecklenburgisch genug.
In der Nähe der Warnow ist die Menschendichte am Strand etwas geringer, was an diesen Schildern liegen könnte, auf denen irgendwas mit Lebensgefahr steht. Angeblich besteht die Gefahr, dass man vom Wasser gegen die Steine am Pier geschleudert wird. Naja, ich bin als Kind auf denen rumgeklettert, habe direkt daneben gebadet und überlebt, aber sicher ist sicher.
Warnemünde hat ein Pier mit einem grünen Leuchtturm, Hohe Düne hat ein identisches Pier mit einem roten Leuchtturm. Die Türme sind gewissermaßen größere, leuchtende Bojen, denn die kleinen Bojen hinten im Meer setzen die Farben fort: links grün, rechts rot. Hier müssen alle durch, vom kleinsten Motorboot über Hafenrundfahrten, Ausflugsshiffe, Speedboote, die Küstenwache bis hin zu den großen Fähren und den gewaltigen Kreuzfahrtschiffen. Für sie alle bedeuten diese Türme: Da geht's rein nach Rostock.
Für die Warnow und uns bedeuten die beiden Türmchen: Geschafft! Dahinter beginnt die Ostsee.
Und wo fahren wir als nächstes lang? Wieder an einem Fluss oder... das Meer da hinten sieht doch ganz einladend aus. Wie wärs, wenn wir uns als nächstes die Ostsee vornehmen?
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