Ich bin ein Radfahrer auf der Suche nach Antworten, nach denen niemand gefragt hat: Welcher Radweg hat die süßesten Gänse? Wo gibt es die lobbyistischsten Achterbahnen und die salzigsten Berge? Warum verläuft die Grenze ausgerechnet auf diesem Fluss - und wieso sollte ich sie auf keinen Fall in Jogginghose überqueren? Finden Sie es jetzt heraus! (Oder auch später, mein Geschreibsel läuft Ihnen ja nicht weg.)
06 April 2011
Donau: Von Ulm nach Günzburg
Die nächste Tagesetappe betrug nur 30 Kilometer, denn auch heute stand ein spektakuläres Ziel auf dem Plan.
Kurze Pause und gleich weiter, los jetzt!
Wir zischten nur so durch den Wald. Wenn man sich so abhetzt, geht natürlich alles schief. Man verfährt sich, und das Fahrrad bekommt eine Platten. Wir hatten keine Zeit zum Reparieren, also wurde das Rad einfach alle zwei Kilometer neu aufgepumpt.
Wozu die Eile? Das haben die Eltern lange verheimlicht, es sollte eine Überraschung bleiben. Unser Ziel war das Legoland, ein genial gestalteter Freizeitpark und zugleich eine geheime Exklave der tschechischen Republik. Landessprache ist tschechisch. Busladungen tschechischer Touristen reisen täglich an.
Zunächst ein paar Kritikpunkte, denn bei unserem Besuch lief nicht alles glatt.
In jedem einzelnen Busch befindet sich ein lauter Lautsprecher. Die permanente Beschallung ist echt anstrengend. Auch beim Kauf des Online-Tickets gab es Probleme, und das Personal war da nicht sehr freundlich. Die Fahrgeschäfte schließen schon um 17 Uhr, der Park um 18 Uhr. Das ist viel zu früh - besonders, wenn man vorher noch aus Ulm herfahren muss. Die Eintrittspreise sind auch gesalzen, da bekommt man in anderen Freizeitparks mehr für weniger geboten.
Genug gemeckert. Wenn man mit Kindern da ist, muss man nun mal trotzdem rein, da hilft ja nix.
Im Legoland besteht alles, einfach alles aus Legosteinen. Zum Beispiel dieser musizierende Brunnen. (Ob die vom Musikbrunnen in Donaueschingen inspiriert wurden?)
Die Legosteine sind mit irgendeinem Klebstoff verbunden, man kann sie also nicht einfach so abbauen.
Ja, das sind wirklich alles ganz normale Legosteine.
Dieses Foto ist einfach nur lustig.
Auch in den Aquarien im Sealife treiben sich Lego-Taucher herum.
Man kann natürlich auch selber etwas bauen.
Die Fahrgeschäfte des Freizeitparks sind nicht sonderlich extrem, aber auch ganz nett. In diesen Dingern saust man immer im Kreis übers Wasser.
Diese Wasserbahn bietet natürlich auch Lego-Piraten.
Hier spritzen sich die Mitfahrer gegenseitig mit Wasserkanonen ab.
Danach sahen wir ungefähr so aus.
Es gibt eine Achterbahn, bei der man in riesigen Lego-Autos sitzt, und zwei Achterbahnen mit Legodrachen.
Der Eingang zur besseren, größeren Drachenbahn verbirgt sich in einer Burg.
Nachdem die Fahrtattraktionen geschlossen wurden, haben wir uns noch das Lego-Miniland angesehen, das eigentliche Highlight. Dort wurden echte Städte nachgebaut, zum Beispiel Berlin.
Es verkehren Züge und Schiffe aus Lego. Durch Knöpfe kann man bestimmte Effekte auslösen.
Auf diesem Bild sieht man einen Reisenden, der wohl sehr lange auf seinen Flug warten musste. Wer findet ihn?
Unsere Unterkunft in Günzburg war ein Bio-Bauernhof, auf dem auch Pizza gebacken wird.
Die Reste der Pizza werden an die Tiere verfüttert. Die Ziegen sind niedlich und nuckeln gegebenenfalls auch Milch vom Finger.
05 April 2011
Donau: Von Blaubeuren nach Ulm
Am nächsten Morgen führte uns die Strecke neben der Blau wieder aus dem Blautal heraus.
Der Vater hat sich eine neue, entspiegelte Sonnenbrille gekauft und beeindruckte uns damit, wie er damit im Wasser Fische sah, die unseren blinden brillenlosen Augen verborgen blieben.
Nun verlässt man die Berge endgültig und nähert sich einer Großstadt, die mit dem Fahrrad über Tunnel und mehrspurige Radwege gut zu erreichen ist. Nur in einem Vorort war der Radweg gesperrt, sodass wir einen Umweg machen mussten.
Und schon waren wir in Ulm, an Ulm und um Ulm herum.
Unsere Tagesetappe nach Ulm betrug nur etwa 20 Kilometer. So waren wir früh da und konnten uns die Stadt ansehen.
Das Museum der Brotkultur widmet sich einer für uns ganz selbstverständlichen Sache: Brot.
Dort wird aber auch anderes Gebäck ausgestellt, etwa diese knusprigen Masken...
...und die sogenannten Ulmer Spatzen. Der Legende nach hat ein Spatz den Ulmern beim Bauen geholfen. Die Ulmer haben einen Balken nicht durch das Tor bekommen und der Spatz hat ihnen mit einem Strohhalm vorgemacht, dass man ihn einfach längs und nicht quer durch die enge Öffnung tragen muss. Seitdem ist der Spatz das Maskottchen der Stadt. Deswegen gibt es ihn auch aus Teig.
Kleine Modelle zeigen, wie in verschiedenen Epochen gebacken wurde. Das Faszinierende für mich waren damals die Audioguides des Museums, denn so etwas war mir völlig neu. Man tippte die Nummer des Modells ein, und plötzlich erklangen aus den Kopfhörern geschäftige Geräusche einer Bäckerei und eine Stimme sagte: "Hallo, ich bin Cornelia, eine Sklavin im Alten Rom. Siehst du mich? Ich stehe gerade neben dem Ofen..."
Dieses Bild nennt sich Das letzte Mahl. Es hängt als Denkanstoß am Ende der Ausstellung. Das auf dem Teller ist übrigens kein Hummer.
Der Ulmer Münster ist 161 Meter hoch und damit der höchste Kirchturm unseres Planeten. Die gotische Kirche besteht aus Säulen, Bögen und Strebepfeilern und sieht aus wie ein architektonisch höchst raffiniertes Gerippe.
Auch von innen ist die Kirche typisch gotisch: spitze Bögen und hohe Gewölbe.
Hier kann man Kerzen anzünden und in einen Sandkasten stellen.
Spannend wird es, wenn man sich vornimmt, die Aussicht von ganz oben zu genießen. Denn einen Aufzug gibt es nicht.
Nach oben gelangt man durch ein Labyrinth aus engen Wendeltreppen mit insgesamt 768 Stufen. Das haben sich nicht alle Familienmitglieder zugemutet.
Die Wände sind voller eingeritzter und gekritzelter Daten und Unterschriften.
Schwindelfreie Wasserspeier weisen den Weg.
Das sieht doch schon ganz schön hoch aus... dabei ist das nur ein kleiner Balkon über dem Kirchenportal. Oben sind wir noch lange nicht.
Immer wieder gelangt man zu Zwischenetagen, auf denen man herumirren und die nächste Wendeltreppe finden muss. Schilder mit der Aufschrift Aufstieg, Abstieg, Kein Aufstieg oder Kein Abstieg helfen dabei.
Irgendwann waren wir höher als das Kirchenschiff. Bei jeder Zwischenetage wähnten wir uns am Ziel und machten eine Menge Fotos - doch dann entdeckten wir ein neues Aufstieg-Schild.
Schließlich verjüngt sich der Turm und es gibt nur noch eine Wendeltreppe. Da muss man sich irgendwie an denen vorbeiquetschen, die von oben kommen.
Und dann ist man endlich an der Spitze. Dort ist alles vergittert. Die Höhe ist beeindruckend, aber nur für eine gewisse Zeit auszuhalten.
Das Fischerviertel von Ulm bietet schattige Bäume, rauschendes Wasser, Fachwerk und Restaurants, in denen Teller klappern und aus denen man schon die Spätzle riecht... wunderbar.
Wie in Blaubeuren schlängelt sich auch in Ulm die Blau durch die Stadt. Dabei ist sie oft nicht zu sehen, denn sie unterquert Stege, manchmal sogar ganze Häuser und dicke Brücken,...
...um schließlich in die Donau zu münden. Auch die Iller fließt bei Ulm in die Donau.
Wir haben im Schmalen Haus übernachtet. Es ist gerade mal sechs Meter breit. Unser Zimmer liegt ganz unten.
Direkt hinter unserem Fenster rauscht die Blau.
04 April 2011
Donau: Von Zwiefaltendorf nach Blaubeuren
Der jüngste Mitreisende streichelt gern herumlaufende Katzen.
Die Mutter interessiert sich eher für die Natur und alte Häuser.
Der Vater hingegen mag die zahlreichen Solarzellen.
Auf der nächsten Tagesetappe gibt es außerdem Industrie,...
...seltsame Brunnen,...
...und noch seltsamere Brunnen,...
...sowie rostige Brücken mit Briefkästen.
Hier hat jemand nahe am Wasser gebaut.
Mit solch einer Treppe kommen Fische an einem Stauwehr vorbei.
In Algershofen sprudelt warmes Wasser aus dem Boden.
Im 19. Jahrhundert kamen viele Menschen hierher, deren Krankheiten angeblich im Thermalwasser geheilt wurden - bis eines Tages ein paar Wissenschaftler feststellten, dass die Quelle gar keine besondere heilende Wirkung hat. Dann ging es wieder bergab mit dem Heilbad.
Trotzdem steht da auch heute noch ein kleines Badehaus.
Das Wasser ist konstant 16 Grad warm. Als wir mit den Füßen reingingen, stellten wir ernüchtert fest, dass 16 Grad doch recht kalt ist - besonders, wenn man sich schon geistig auf eine "warme Quelle" eingestellt hat.
Faszinierend ist die Tierwelt der Quelle. Karpfen, Kaulquappen und Bienen sind offenbar weniger empfindlich als wir und nutzen das warme Wasser aus. Sogar Schildkröten fühlen sich hier wohl.
Am Morgen gab es noch ein paar schwere Steigungen, aber schließlich hat sich das Tal komplett geöffnet. Die Berge lagen nun fast hinter uns - aber noch nicht ganz.
In Ehingen haben wir uns durch das hektische Gedränge auf dem Markt gedrängelt, um vom Brunnen zu trinken. Trinkwasser - aber kehret auch noch ein, stand auf einem Schild am Brunnen. Nun, richtig eingekehrt sind wir in der Stadt nicht, aber immerhin haben wir noch ein Eis gegessen.
In unserem Bikeline-Radführer gibt es hin und wieder Strecken, die in oranger Farbe eingezeichnet sind: Varianten oder Ausflüge. Mal sind sie total kurz, mal viele Seiten lang. An dieser Stelle gibt es eine Variante durch das sogenannte Blautal. Um da hinzukommen, muss man in Ehingen abbiegen und die Donau kurzzeitig verlassen.
Der Hauptradweg von Ehingen nach Ulm sieht auf der Karte gar nicht so schön aus und führt nicht an der Donau entlang. Die Blautal-Variante hingegen erschien recht verlockend. Also haben wir uns entschieden, blau zu machen.
Die Donau ist vor Millionen Jahren durch das Blautal geflossen, doch irgendwann hat sie ihren Lauf geändert. Heute fließt dort nur noch das Flüsschen Ach.
Das Blautal wird schon seit 50000 Jahren besiedelt. Beweisstück A: Eine Steinzeit-Höhle, die man besichtigen kann. Die war aber schon geschlossen. In der Nähe wurde auch die Venus vom Hohle Fels gefunden. Das ist eine kleine Frauenfigur aus Mammut-Elfenbein mit gewissen grotesk überbetonten körperlichen Merkmalen und eine der ältesten Darstellungen des menschlichen Körpers. Sie wird heute noch im Blautal ausgestellt und ist als Maskottchen auf fast allen Schildern und Infotafeln zu sehen.
Mitten im Blautal liegt Blaubeuren.
Diese Stadt kuschelt sich gemütlich in die Berge und Wälder ein. Blaubeuren hat einiges zu bieten, zum Beispiel ein großes Kloster. Im Mittelalter wurde die Stadt durch den Markt und das Kloster reich, das sieht man heute noch an den schicken Häusern.
Die Hauptattraktion aber ist der Blautopf. Das ist eine riesige Karstquelle, die zweitgrößte Deutschlands. Und ja, der Blautopf ist wirklich sehr, sehr blau.
Der Sage nach lebt darin eine traurige Nixe namens Lau.
Auf einem Schild steht ein Psalm, der den Blautopf recht treffend beschreibt.
Direkt daneben liegt eine nachgestellte Hammerschmiede, die mit Wasserkraft betrieben wird.