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Fulda: Von Morschen nach Hann. Münden

01 Juli 2023

Gera: Von Schmücke nach Geraberg

GIPFEL DES GLÜCKS

Ich durchquere mein zweites Gebirge mit dem Rad und stelle fest: Der Thüringer Wald ist ganz anders als der Harz. Erster Teil meiner Tour auf dem Gera-Radweg

Achtung, waldverherrlichender Inhalt! Schmucker Waldweg bei Schmücke

Wacht am Waldweg:
Waldschrat
Ein Baum starrt mir entgegen. Sein Blick ist alt, weise und skeptisch. Ich starre skeptisch zurück. Ist das wirklich der Weg auf den Gipfel? Kann doch nicht sein, der sieht viel zu leicht aus. Zögerlich radle ich los. Hier soll in gerade mal 1,4 Kilometern der zweithöchste Berg Thüringens folgen. Aber dann müsste es doch viel steiler hochgehen, oder?
Das geschnitzte Gesicht gibt keine Antwort. Anscheinend soll die Figur einen Waldschrat darstellen. Sein kleiner Kollege ist etwas mitteilsamer: Schrati der Waldschrat hüpft über die Infotafeln und erklärt den Kindern, welche Vorteile der Wald hat: Er speichert Trinkwasser und CO2, bietet Erholung, schützt vor Bodenerosion... recht schnell vergisst Schrati im Eifer des Gefechts die kindgerechte Sprache und spricht in trockenen Stichpunkten weiter.
Ein Stück weiter schildert Schrati völlig jugendfrei, wie sich Fichten vermehren: Die männlichen und weiblichen Blüten lassen einfach solange Staub aufeinander rieseln, bis daraus Zapfen entstehen. Auf diesem Berg standen ursprünglich überall Kammlagenfichten, bis der große Sturm von 1946 und der Borkenkäfer sie alle abmähten. Was nun? Nach dem Krieg wurde Holz dringend gebraucht, also pflanzten die Thüringer alles mit Fichtenarten voll, die mit dem Klima so weit oben eigentlich nicht so gut klarkommen. Und heute kommt noch ein gewisser Klimawandel dazu, der Monokulturen mit seinen Stürmen besonders gern niedergemetzelt. Trotz dieser widrigen Umstände sieht der Wald noch recht fit aus. Damit das so bleibt, pflanzt Thüringen in einem 10-Jahres-Modellprojekt einen stabileren Mischwald an.
Nebenan ragt ein Tisch in die Höhe, auf ihm die traurigen Stümpfe abgebrochener Bäume aus Metall. Das waren hoffentlich nur zu wilde Kinder beim Spielen und keine Stürme, Vandalen oder Borkenkäfer, die Geschmack an Metall gefunden haben.
Gipfelgebäude (von vorn nach
hinten): Gasthaus, Funkturm,
Aussichtsturm
Und noch immer ist der Weg ziemlich leicht zu fahren. Tja, denke ich, das dicke Ende kommt bestimmt gleich.
Es kommt tatsächlich. Aber erst ganz kurz vor dem Ziel, und es handelt sich eher um ein dickliches Endchen. Ob man diese letzten steilen Meter nun schiebt, fährt oder das Rad abstellt und zu Fuß geht, spielt im Grunde auch keine Rolle. Meine Energiereserven reichen für das Fahren.
Es ist ein Kreuz mit
den Gipfeln, außer mit
diesem: Schneekopf-
Gipfelkreuz
Willkommen auf dem Schneekopf! Schnee liegt hier im Mai nicht mehr. Wer Glück hat, entdeckt eine Schneekopfkugel. Das sind unscheinbare Steine, in denen sich glitzernde Kristalle verstecken, quasi Ü-Eier für Geologen. Das Gipfel-Gebäudeensemble besteht aus einem geschlossenen Berggausthaus, einem noch viel geschlosseneren und absolut abweisenden Funkturm und einem Aussichtsturm. Dahinter verbirgt sich noch das Gipfelkreuz, an einem Punkt, der nicht erkennbar höher zu sein scheint als der Rest der Wiese. Aus irgendeinem Grund glaubt das Kreuz, ich hätte Geburtstag, denn es wünscht mir Viel Glück und viel Segen auf all meinen Wegen. Okay, das kann ich eigentlich auch an allen 364 anderen Tagen im Jahr gebrauchen. Und rückblickend betrachtet: Glück und Segen wurden mir an diesem Tag definitiv zuteil. Auf allen - na gut, fast allen - Wegen.
Der echte Höhepunkt ist aber sowieso die Betonsäule, welche sich Schneekopfturm nennt. Der Berg selbst misst 978 Meter, was in Thüringen nur für den zweiten Platz reicht. Aber mit dem Aussichtsturm kommt er auf satte 1001 Meter und kann sich stolz nicht als höchster Berg, aber als höchster Punkt Thüringens bezeichnen.
Ist der Turm etwa geschlossen? Nein, es ist nur niemand drin. Ein Vorraum, vollgestellt mit Flyern und Broschüren, alten Schlitten und hölzernen Ski und einem geheimnisvollen löchrigen Stein, der aussieht, als litte er unter Holzwurmbefall. Was mag das sein?
Stein des Anstoßes: Die
Turmzinne des alten Turms
im neuen Schneekopfturm

Weil Thüringens höchster Berg, der Große Beerberg, zu moorig ist, standen die ganzen Gebäude schon immer nebenan auf dem Schneekopf. 1772 entstand die erste Hütte und 1824 der erste schlichte Holzturm. Doch der Schneekopfturm hatte das Pech, im Kalten Krieg gleich von beiden Weltmächten in die Luft gejagt zu werden. 1945 zerstörten ihn die Amerikaner zusammen mit den militärischen Anlagen. Ab 1950 entstand ein neues Ausflugsziel inklusive neuem Turm, doch dann entschied die Sowjetarmee, dass sie den Berg doch lieber für sich haben wollte und sprengte auch den neuen Bau. Mann, so viel Pech kann man doch gar nicht haben, also als Turm. Nur eine traurige Turmzinne ist übrig geblieben, die jetzt zwischen den historischen Wintersportgeräten ausgestellt ist.
Echt einladend:
Turmtreppenhaus
Um den Turm heute zu betreten, muss man drei Euro in ein Drehkreuz werfen. Es folgt ein düsteres Treppenhaus aus Beton, in dem die automatischen Lampen entweder gar nicht angehen oder erst dann, wenn ich die Zwischenetage bereits verlasse. Mit anderen Worten: Im Vergleich zum Bayernturm von Zimmerau der reinste Luxus! Immerhin habe ich kein einziges Mal Angst, gleich aus einem zusammenbrechenden Bauwerk in den Tod zu stürzen, insofern klare Empfehlung.
Und wem der Aufstieg auf den Berg viel zu leicht war, der kommt hier trotzdem auf seine Kosten, denn er kann die Kletterwand außen am Turm mieten und wird auf den letzten Metern doch noch zum Bergsteiger.
Nordsicht: Auf der
Aussichtsplattform
Oben erwartet mich ein Panorama aus grünen Bergen und orangefarbenen Fensterrahmen. Die Tür zum Balkon ist verschlossen, aber das macht nichts, denn (im Gegensatz zum Bayernturm) sind die Scheiben durchsichtig. Und sogar die beschrifteten Bilder, die mir erklären, welcher Berg welcher ist, kann ich gut entziffern! (Okay, eventuell hat der Bayernturm meine Messlatte wirklich weit nach unten gelegt.)
Wild im Wald: Tal der Wilden
Gera vom Schneekopf gesehen
In der Ferne grummeln Gewitterwolken vor sich hin und hüllen den Horizont in schwarze Schleier, aber netterweise wirklich nur den Horizont ganz hinten, damit kann ich leben. In Richtung Norden öffnen sich die Täler des Thüringer Waldes, und seine Flüsse ergießen sich ins Hügelland. In der anderen Richtung blockieren Grüne Bergrücken die Sicht - ich bin vielleicht am höchsten Punkt des Bundeslandes, aber so viel höher ist als seine Nachbarn ist der dann doch nicht. Direkt vor der Blickblockade senkt sich das grüne Nadelmeer ganz leicht ab, bildet eine kleine Schneise und wird tiefer und tiefer - dort entsteht das Tal der Wilden Gera. Niemand hat ihre Quelle in Stein gefasst oder einen Radweg dorthin gebaut, es scheint einfach nur ein Fluss zu sein, der irgendwie aus dem wilden Waldboden kommt. Das erklärt natürlich den Namen.
Bahnblick: Mit der
Südthüringenbahn im Tal der
Wilden Gera
Nach drei Kilometern ist allerdings nichts mehr mit Wildnis. Die Regionalbahn kriecht aus Thüringens längstem Bahntunnel raus, und auch die Landstraße quetscht sich zwischen die engen Waldwände. Das einzige Verkehrsmittel, das auch dort nicht vorgesehen ist, ist das Fahrrad.
Heute morgen bin ich dort mit der Bahn durch das Wilde Geratal gedüst. Der Fluss sah dort bereits alles andere als wild aus, ein friedliches schwarzes Band mit grünen Punkten, Seerosenblätter oder irgendwas in der Art.
Und das ist im Grunde auch schon alles, was ich heute von der Wilden Gera gesehen habe. Laut Bikeline hätte ich in diesem Tal am Bahnhof Gehlberg aussteigen und in Richtung Schneekopf hochfahren sollen. Aber ich hatte mir etwas anderes in den Kopf gesetzt: Ich wollte den kompletten Thüringer Wald durchqueren. Also stieg ich erst ein paar Stationen später in Grimmenthal aus und startete auf dem Haseltal-Radweg. Mit dem Harz hat das Durchqueren zweimal geklappt, also wird das schon.
Und nun, acht Stunden später, kann ich sagen: Jup, es ist geworden. Und zwar viel einfacher, als der Harz jemals sein könnte. Mittlerweile habe ich ein Gebirge fast durchquert und unterwegs sage und schreibe drei Berggipfeln einen Besuch abgestattet, darunter dem höchsten und dem zweithöchsten! Alles, was ich noch zu tun habe, ist die Abfahrt zu genießen. Ach ja, und etwas von der Gera sehen sollte ich auch noch, schließlich bin ich ja nun auf dem Gera-Radweg.

"Wie Fichten aussehen? Dafür gibt es hier jede Menge Beispiele, schaut euch doch mal um! [...] Die Nadeln umgeben die Zweige spiralförmig, und die Äste gehen in Quiriform vom geraden Stamm ab." 

-Schrati der Waldschrat, kann kindgerecht erklären-

Ein sehr kurzer Tag und ein sehr langer Tag: Karte meiner Geratal-Tour

Nicht so schmuck wie die
Berge: Straße in Schmücke
Wenn nicht von der Wilden, dann zumindest von der Zahmen Gera. Also lasse ich mich von Schwerkraft zurück auf die Straße befördern und nach Schmücke ziehen. Dieser Stadtteil von Gehlberg ist die höchste Ortschaft am Rennsteig-Wanderweg. Das nützte Schmücke nur nichts: Solange es kein Herbergsrecht hatte, blieb es ein unbedeutender Häuserhaufen an einer bedeutenden Kreuzung. Erst seit Schmücke 1812 das Herbergsrecht bekam, hat es... eine Herberge. Ein leicht abgewetztes Gasthaus steht in der Kurve herum, ansonsten ist es immer noch recht still. Ein Paar kommt mir entgegen: Die Frau auf dem Rennrad hält geduldig Schritt mit ihrem Mann. Er stößt sich mit Stöcken ab und steht auf - sind das Skier mit Rollen dran? Tatsächlich, ein Rollskifahrer.
Auf dem Holzweg droht
Gefahr: Das einzige schlechte
Wegstück des Tages
Die sommerliche Sehnsucht der Thüringer nach ihren Skiern muss echt groß sein, wenn sie sich so was ausdenken. Nicht überraschend, schließlich stehen an allen Ecken und Enden Warnschilder: Betreten der Skispur VERBOTEN! Ihr niederen Fußgänger, wagt es bloß nicht, unsere Skifahrer zu belästigen! Diese Skiwege bestehen im Sommer aber nur aus Rasen in Wegform, mit Rollskiern kommt man da ebenso wenig durch wie mit Fahrrädern.
Muss man ja auch nicht, ich nehme einfach den wunderbaren Waldweg nach unten. Zufrieden schlängle ich mich um die Berge herum, absolut begeistert von einer Strecke, die auf der Karte viel kniffliger aussah. Und vor lauter Euphorie rase ich prompt in eine Falle: Kurz vor der nächsten Kreuzung haben Waldarbeiter auf dem Weg ein rutschiges Kies-Chaos hinterlassen, und mit ordentlich Tempo in den Rädern verliere ich das Gleichgewicht. Naja, nichts passiert, und das waren wirklich nur wenige Meter. Merke: In der Nähe von Holzstapeln aufpassen.
Verfolgen verboten! Die junge
Zahme Gera
Keine Kerben, kein Holz, aber
immerhin ein Brunnen:
Kerbhölzerbrunnen
Als nächstes folge ich einem ähnlichen Waldweg ein Stück bergauf, denn dort soll die Zahme Gera entspringen. Am Wegesrand plätschert ein schwächlicher Wasserschwall aus einem steinernen Rohr auf steinerne Stufen. Das ist der Kerbhölzerbrunnen, der trotz seines Namens ausschließlich aus Moos und Mauersteinen besteht. Woher der Name kommt und was diese Quelle alles auf dem
Macht heute blau:
Jüchnitzteich
 Kerbholz hat, erfahre nicht. Die 
Sogleich ein Teich: Beginn des
Jüchnitztals
Steintafel verrät nur, dass der 
Brunnen 1998 erbaut wurde. Oder 1988? Nicht einmal die Zahl kann ich mit absoluter Sicherheit erkennen. Die Zahme Gera verhält sich wirklich eher zahm und schüchtern. Nach ein paar Metern im grünen Graben fließt sie unter dem Waldweg durch und verschwindet in einer verborgenen Schneise im Wald - nicht einmal ein
Klarer Abwärtstrend:
Die Jüchnitz und der Weg
durch ihr Tal
 Trampelpfad darf ihr folgen. Also 
Bergbau verbergen:
Ehemaliger
Manganerzgang im
Jüchnitztal

radle ich zurück.
An der nächsten Kreuzung steht ein Gasthaus, und ich habe die Wahl: 6 Prozent oder 8 Prozent? Also nicht Alkohol, sondern Steigung. Zwar geht die Steigung in beiden Fällen bergab, trotzdem entscheide ich mich für die mildere Variante.
Sie bringt mich ins Tal der Jüchnitz, einem bezaubernden Nebenbach der Zahmen Gera, der gefühlt alle fünf Meter einen grasgrünen oder himmelblauen Teich bildet. Dazwischen ringelt er sich durch eine unberührte, enge

 Blätterschlucht. Obwohl, ganz so unberührt ist sie dann doch nicht: Wie eine gut verheilte Narbe verbirgt sich im Moos eine Linie aus Geröll. Bevor dieser Gang zugeschüttet wurde, haben die Bergleute darin Manganerz abgebaut und ihren steinernen Abfall mitten im Jüchnitztal entsorgt.
Zahme Gera an der
Braunsteinmühle
Heute wird daran gearbeitet, die Jüchnitz barrierefrei zu machen, damit alle tierischen Bewohner freie Fahrt haben. Das heißt nicht nur, dass sie irgendwie durch die Rohre und Schleusen schwimmen können, auch der Grund 
Zusammenfluss von Jüchnitz
und Zahmer Gera
Im Hintergrund: Ende des
Thüringer Waldes

muss überall natürlich sein, sonst ist für Tiere, die sich da drin verstecken, 
Endstation. Und unnatürliche Stauseen sind auch ein Problem, die Nährstoffe und der Sauerstoffgehalt da drin sind für ganz andere Tierarten geeignet. Was das angeht, hat die Jüchnitz mit ihren Teichen wohl das größte Problem, Schleusen dagegen habe ich keine gesehen.
Schließlich trifft die Jüchnitz auf ein Dorf, und am Ende des Tals zeigt sich eine massive Waldwand: Die Zahme Gera ist wieder da.
Letzte Felswand vor
der Zivilisation: Gera
bei Geraberg
Sie sprudelt immer noch recht zahm dahin, was aber ausreicht, um auch heute noch das Mühlrad der historischen Braunsteinmühle (die tatsächlich aus braunem Stein besteht) zu drehen. Als sie sich mit der Jüchnitz vereinigt, beginnen die Waldwände an der Seite bereits zu schrumpfen, und kurz darauf
 verlasse ich die grüne Umarmung des Thüringer Waldes. Och, schade. Die Zahme Gera will das Gebirge auch noch nicht so recht hinter sich lassen und schmiegt sich an eine Felswand. Doch Widerstand ist zwecklos: Schon an der Felswand wartet ein Wehr, und direkt danach wird das Wasser zwischen zwei Mauern kanalisiert.



Die Elgersburger Elgersburg
in Elgersburg, im Vordergrund
der Bahnhof Elgersburg
Da habe ich es leichter: Wenn ich Lust auf noch mehr
Wild White Water: In Goethes
Frauenschlucht am Körnbach
 Mittelgebirge habe, kann ich einfach einen Abstecher nach Elgersburg machen und gucken, wo ich auf der anderen Route (der mit den 8 Prozent) herausgekommen wäre. Eine Burg ragt in den Himmel, von dort kommt die 8-Prozent-Straße hinunter. Da quäle ich mich jetzt nicht wieder rauf. Doch gleich nebenan rauscht eine interessante Schlucht aus den Bergen. Wie sie heißt? Gute Frage. Ich weiß nur, dass der Felsen am Eingang Goethefelsen heißt und die Quellen darin alle nach irgendwelchen Frauen benannt sind. Nennen wir Sie also einfach mal Goethes Frauenschlucht. Jo, das passt.
Dieser Bach speist sich aus den Namen von Damen, mit denen Goethe eventuell etwas hatte oder auch
Steht auf dem Schlauch:
Jenny-Quelle
nicht: Paulinenquelle, Carolinenquelle, Clementinenquelle, Luisenquelle, Liebfrauenmilchquelle und wie sie alle heißen. Milch kommt da aber nirgendwo raus, sogar das Wasser tropft nur zögerlich von rostigen Rohren oder moosigen Felswänden. Damit überhaupt irgendwas Sichtbares rausläuft, wurde an einer der Felswände mit einem Gartenschlauch nachgeholfen und etwas Wasser runtergeleitet. Nein, die Quelldamen der Schlucht sind nicht mehr die jüngsten, also schauen wir mal lieber, was Goethe zu bieten hat.
Über allen Wipfeln ist... es relativ
ruhig, obwohl der Bach
ganz schön laut rauscht:
Blick vom Goethefelsen
Der Goethefelsen ist ein großer, moosbewachsener Stein. Jeder halbwegs trittsichere Wanderer kommt dort in drei Minuten hinauf, sobald er den verwaschenen hölzernen Wegweiser entdeckt, welcher auf einen versteckten Serpentinenpfad im Moos verweist. Kein Sicherheitsgeländer hält den (hoffentlich nicht allzu weit nach vorn) geneigten Bergsteiger davon ab, in die Schlucht zu stürzen, der Goethefels verlangt eben ein kleines Minimum an Hirn und Fitness - ein kleiner Preis für den Ausblick. Ein vollkommen weißes Band rauscht zielstrebig aus der Felslandschaft hinaus, ganz natürlich und doch so ordentlich,
Betreten auf eigene Gefaaah...
Uralte Steinbrücke am
Goethefelsen
 dass die menschengemachten Überreste alter Mühlsteine und verfallener Steinbrücken daneben geradezu chaotisch erscheinen, als wären sie schief aus der Erde gewachsen. Die Mühlsteine stammen von der Massemühle, die in Elgernsburg Porzellanmasse herstellte.
Je höher hinauf ich dem Bach folge, desto mehr ziehen sich die Felsen zurück, bis Schlucht und Bach an einem Goldfischteich enden, auf dem eine mäßig idyllische Betonplattform schwimmt. In diesem Tal war eindeutig der Weg das Ziel, vor allem der Anfang des Weges. Jetzt habe ich allerdings sowohl Weg als auch Ziel erreicht, also kehre ich zurück zum Gebirgsrand.
Meine erste Gera-Etappe endet in Geraberg. Der Fluss rauscht zügig durch sein Betonbett, weil er diese unscheinbare Ansammlung von Schiefer und weißer Farbe möglichst schnell hinter sich lassen möchte. Das Wasser aus Goethes Frauenschlucht kommt über einen unterirdischen Kanal dazu. Am Sportplatz verkündet ein gigantisches hölzernes Thermometer nicht nur die Temperatur (in
Mannometer, was für ein
Thermometer! Es
herrschen 40% Luftfeuchte,
18 Grad Celsius und
 😊 Luftqualität
 Grad), sondern auch Luftdruck (in Bar), relative Luftfeuchte (in Prozent) und Luftqualität (in Emojis). Rund um Geraberg wurden die ersten gewerblichen Thermometer hergestellt, direkt in Geraberg
Fontänen im Grauen: Die Gera
in Geraberg (ohne Berg)
 entstand aber erst 1959 ein staatliches Thermometerwerk. Das lieferte immerhin in die ganze Welt, das ist sicherlich Grund genug für ein Riesenthermoter-Denkmal. Inzwischen wurde das Werk abgerissen. Mehr gibt es über das graue Geraberg wirklich nicht zu sagen, außer das folgende: Der Thüringer Wald ist zu Ende, aber die Gera hat gerade erst angefangen.

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