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02 Mai 2025

Eger: Von Bischofsgrün nach Cheb

Nachdem wir den Weißmain abgeschlossen hatten, sind wir am nächsten Morgen gleich aus Bischofsgrün aufgebrochen und noch höher gefahren, vorbei an der Kurklinik und dann lange, lange, lange die Straße hoch.

So, puh, das ist jetzt der höchste Punkt. Dann müsste das eigentlich die Wasserscheide vom Rhein zur Elbe sein.

Und kurz dahinter bogen wir ab zu

Quelle Nr. 5: Egerquelle

Wahrscheinlich haben viele von der Eger noch nie gehört. Die Orte in seinem Tal mögen berühmt sein, aber kaum jemand kennt den dazugehörigen Fluss. Außer natürlich, seit Kurzem, wir.
Die Quelle wurde einerseits von der Elbquelle inspiriert: Ein steinerner Ring, und rundherum die Namen der Städte an der Eger, wobei der Ring viel älter aussieht als an der Elbquelle. Dazu passt, dass die Namen noch alle auf Deutsch sind.
Andererseits wurde die Quelle aber auch von der Fulda inspiriert, denn sie hat ein Gedicht:

Als der Knabe kam zur Eger: "Eger sprich, wo eilst du hin?"
"Zu der Elbe", rauscht es reger, "Zu der Elbe muss ich ziehn."
Als der Kabe kam zur Elbe, war die Antwort inhaltsschwer,
donnernd braust zurück dieselbe: "Und ich muß ins Deutsche Meer!"

Als wir zwei Knaben zur Eger kamen, bekamen wir also gleich das Ende gespoilert. Na supi.

Die Eger verschwindet erstmal in ihr eigenes helles Tal und möchte nicht verfolgt werden. Um ihre Verfolger maximal zu verwirren, lässt sie ihren Anfang so ähnlich aussehen wie den Fluss Eder in NRW/Hessen.

Anfangs bestand der Waldweg noch aus demselben losen Kies wie an der Saalequelle, die ganz in der Nähe liegt, aber nach ein paar Dorfstraßen konnten wir dann asphaltiert direkt ans Wasser. Die Eger wird ein klarer brauner Felsbach wie der Weißmain, nur weniger wild.

In Weißenstadt wird die Eger zum größten See im Fichtelgebirge gestaut. Sogar, als die Eger den See verließ, rauschte sie noch sehr gesittet den Betonkessel runter.
Der See dient weder der Energieerzeugung noch dem Hochwasserschutz, sondern dem Nixenschutz. Der Sage nach wohnte vorher eine Nixe am Flusslauf, die allen Unheil brachte, die sie sahen. Das Unheil sah so aus: Die Ritter wurden traurig, suchten ab da andauernd vergeblich nach der Frauengestalt und fielen später im Kampf. (Ja, das war auch schon die ganze Sage.)
Wir befinden uns im Landkreis Wunsiedel, dem bayrischen Landkreis mit der höchsten Städtedichte. Wie bitte, höchste Städtedichte, in dieser Pampa?
Zu verdanken hat der Landkreis das den Hohenzollern, die um 1300 ja noch Grafen von Nürnberg waren und auch das Fichtelgebirge beherrschten. Das kam wirtschaftlich nicht so richtig aus dem Tee, und mit ungewöhnlichem Pragmatismus erkannten die Hohenzollern, dass es wirtschaftlich vielleicht gar nicht mal so gut ist, wenn alle Bewohner als Bauern direkt irgendeinem Kleinadligen untergeordnet sind. Ihre Lösung folgte dem Gießkannenprinzip: Du kriegst das Stadtrecht, und du kriegst das Marktrecht, und du kriegst das Stadtrecht, jeder kriegt das Stadtrecht! Dabei bestand Weißenstadt damals bloß aus einer weißen Kirche mit einer Handvoll Bauernhäusern (Wunsiedel sogar nur aus einer Kneipe und einer Schmiede). Die Menschen lebten zwar trotzdem bis ins 20. Jahrhundert als selbstversorgende Bauern, aber sie konnten unabhängiger wirtschaften und Handwerk betreiben. Das nannte sich Ackerbürger.
An dieser Stelle hätten wir nun fast einen fatalen Fehler gemacht. Ich folgte der Karte blind die Uferpromenade entlang. Erst als ich weiter hinten nochmal in die App schaute, sah ich: Da an der Betonwand beginnt ja ein Radweg direkt am Ufer, den die Karte noch nicht kennt. Kommando zurück!
 

Dieser Weg war dermaßen nagelneu, dass noch nicht mal die Bänke und Infotafeln fertig waren. Nur ihre Skelette standen schon. Wir radelten zuerst über supersonnige Wiesen, dann durch eine abgeholzte Waldruine und schließlich tauchten wir in den wohltuenden Schatten des Waldes ein. Die echte Eger entfernte sich von uns (am linken Bildrand), dafür zweigte ein Graben ab, um uns Gesellschaft zu leisten. Hmm, der sieht ja fast aus wie der am Radau-Wasserfall im Harz. Ich habe da so eine Ahnung, was als nächstes kommt...

Trotzdem hätte ich es fast übersehen. Ganz unauffällig schmuggelt sich ein Teil des Grabens unter dem Radweg durch (ganz oben im Bild) und läuft durch ein Gatter. Wer den Schlüssel fürs Vorhängeschloss hat, kann dem Thußfall das Wasser abdrehen, doch der Rostschicht zufolge hatte die unbekannte Thusi, die den Schlüssel besitzt, wohl schon länger keinen Grund gesehen, das zu tun.
Und wo ist jetzt der Wasserfall? Ja, da rauschte irgendwas runter, aber richtig viel konnten wir durch die Bäume nicht erkennen. Erst als wir ein Stück querbeet durch den Wald runterkraxelten, konnten wir die ersten Stufen erkennen.

Die andere Hälfte lag unter uns und strömte die Felsplatten runter in die Eger. Um den Thußfall wirklich gut zu sehen, nimmt man eigentlich den Wanderweg am anderen Ufer, der für Fahrräder aber ungeeignet ist. Aber die Perspektive von oben (bzw. aus der Mitte) ist auch mal was anderes. Die feuchten Steine wollten wir dann aber nicht runterkraxeln, diese Tour soll ja nicht vorzeitig mit einem Unfall enden.

Wonach sieht dieses Bild hier ganz und gar nicht aus? Nach dem Ruhrgebiet.
Und trotzdem war das Fichtelgebirge das "Ruhrgebiet des Mittelalters"... aber Mist, seit dem Dreißigjährigen Krieg ist der Bergbau unrentabel, dann weben wir halt Flachs... ach verdammt, die Industrialisierung ging ja mit der Textilproduktion los, dann produzieren wir jetzt Porzellan... och nö, die Globalisierung zerschlägt es, jetzt müssen wir uns schon wieder was Neues ausdenken...

Erst nächsten Dorf gibt es eine Aussichtsplattform - an einer ganz normalen Stelle, an der die Eger absolut nichts Ungewöhnliches tut. Hmja, die wäre am Wasserfall besser aufgehoben gewesen.

Röslau ist auf den ersten Blick ein unauffälliges Dorf, auf den zweiten fanden wir hier aber ein paar ungewöhnliche Fotomotive. Schon dass sich mitten Dorf ein verstecktes kleines Amphitheater als Versammlungsplatz befindet, ist eher untypisch. Und auch, dass ein schwarzes Eichhörnchen furchtlos durch die Bäume turnt und dann, weil es feststellt, dass der nächste Baum zu weit entfernt ist, geschmeidig über die Wiese hüpft. So nah habe ich noch nie eins gesehen - geschweige denn fotografiert.

Die Johanniskirche ist, ganz ungewöhnlich hierzulande, eine evangelische. Immer wieder wurden Empore, Altar und das ganze Gebäude vergrößert und verlängert, eigentlich erstaunlich, dass man keine Dehnungsstreifen sieht. Andere Teile wurden aber auch vernichtet und verbrannt, zum Beispiel der Taufengel. Er musste brennen, angeblich, weil der Pfarrer mit seinem Talar ständig an den Flügeln hängen blieb.

Dann war da ein sehr auffälliges Gebäude, das dekoriert war mit allerhand... ja, was ist das eigentlich?Soll das nach Halloween aussehen, oder einfach nur Kunst sein? Am auffälligsten ist eine besonders alte Hexe namens Loreley von Röslau, die in einer Badewanne voller Erde und Pflanzen chillt.
Sie sang stets am Zwölfgipfelblick, doch raus kam nur ein lautes "Hick". So sang sie lauter noch beim Baden, jetzt laben sich an ihr die Maden.

Womit wir bei der letzten und höchsten Sehenswürdigkeit von Röslau wären. Hinterm Dorf traten wir eine Wiese hinauf, die zu einem besonderen Hügel gehört. Was wir daran erkennen konnten, dass überall verstreut Bänke, Hütten und sogar eine Wippe standen. Was man von hier oben aber nun sehen kann, verrät wie am Ochsenkopf nur eine sehr minimalistische Metalltafel.
Der Zwölfgipfelblick ist der Mittelpunkt des Fichtelgebirges und zugleich die Stelle, an der man die zwölf wichtigsten Berge sehen kann. Die bilden das Fichtelgebirgs-Hufeisen. Ursprünglich war das gar nicht so hoch, bis sich vor 30 Millionen Jahren die Erdkruste gehoben und ein paar Vulkane ausgekotzt hat.
Der Ochsenkopf gehört gar nicht mehr zu den zwölf Gipfeln, er ist von hier aus gesehen verdeckt. Aber da ist zumindest sein direkter Nachbar, der Schneeberg (ganz rechts hinten), den wir schon vom Ochsenkopf aus gesehen haben. Das Ding auf seinem Gipfel sieht mir verdächtig nach einem alten Nato-Militärturm aus, denn ähnliche Dinger habe ich schon an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste gesehen.

Die Eger hat die angehobene Erdkruste wieder ein bisschen abgetragen.
Ein Rätsel blieb uns, warum an diesem einen Ast überm Wasser eine Holzkiste von unten drangenagelt wurde. Wenn ihr euer Bier dort kaltstellen wollt, muss die Kiste ein bisschen tiefer, so wird das nix!

Der neue Radweg folgte kurz der Straße, dann wieder in Flussnähe, aber auf jeden Fall nicht mehr so steil - eine wahre Wohltat. Erste Felsen krochen wieder zaghaft hervor.

Marktleuthen ist die erste Stadt mit Bahnanschluss an der Eger. Aufgeheizt holten wir uns in der zartblauen Eisdiele ein Eis - gerade noch rechtzeitig, bevor zwei große elektrische Radreisegruppen den Laden überfluteten. Wir liefen lecken hinüber zum zartgrünen Rathaus und lernten an den Aushängen, womit sich die Stadtvertretung zur Zeit so beschäftigt.

Ergebnis: Hauptsächlich mit dem Ausbau dieser Stromtrasse, den wir beim Verlassen des Ortes bewundern durften.

Wie diese Holzlok andeutet, verläuft der Eger-Radweg auch ganz kurz auf einer Bahntrasse, aber eigentlich bloß für eine Kurve.

Aber was für eine Kurve! Das hat Selketalbahn-Vibes.

Jetzt wird's eng. 80 Meter eng, um genau zu sein - vorher war das Tal noch 300 Meter weit. Das Gestein ist so hart, dass die Eger das nicht einfach so abtragen kann. Stattdessen folgt sie einfach den Stellen, wo die Erdkruste damals durchgebrochen ist, und schleift sich rein in den Granit.

Kein Wunder, dass immer mehr Granitfelsen rausgucken, die auch auf einschlägigen Kletterseiten aufgelistet sind. Wir hatten unsere Kletterausrüstung und -erfahrung zu Hause vergessen, aber zumindest sind wir über die Steine ins Wasser geklettert. Die nachmittäglichen Temperaturen waren so in die Höhe geschossen, dass selbst das kälteste Bergflusswasser an den Füßen die Snackpause angenehmer machte. Die Stromschnellen waren trotz all der Steine immer noch relativ zahm.
Auf den Felsen wachsen wieder einmal diese grellen Flechten in Neongelb. Das hat Kirnitzschtal-Vibes!

Mitten in diesem felsigen Naturschutzgebiet Egertal liegen zwei kleinere Stauseen. Die wurden in den 1920ern und 30ern reingebaut, um Strom zu erzeugen, unter anderem für die Porzellanfabriken.

Die Staumauern sind kaum mehr als eine kleine Bodenwelle im Gras.

Wer bei diesem Wetter sein Zeug kühl lagern will, geht am besten runter in diesen historischen Felsenkeller. Falls er sich traut. Bei einem der Keller war die Tür tatsächlich offen, aber ich verzichtete darauf, diese Kiespiste runterzurutschen.

Und die nächste seltsame Figur: Ein Scheiterhaufen einschließlich Hexe. Die hatte sich anscheinend schon ihrem Schicksal gefügt und hing mucksmäuschenstill auf ihrem Stock ab.

Das hier ist ein Denkmal für die Deutsche Wiedervereinigung. Sehen Sie es auch nicht? Na gut: Die Buche steht für Westdeutschland, die Kiefer für die DDR und die Eiche für das wiedervereinigte Deutschland (und die Hexe auf dem Bild darüber vermutlich für Margot Honecker). Die Baumkronen des Baumdreiecks sollen zusammenwachsen als Symbol für das, nun ja, Zusammenwachsen Deutschlands halt.
Bisher halten sie aber noch reichlich Abstand.

Inzwischen war die Strecke wieder richtig hügelig und schweißtreibend. Auf dem Hügel ragen die Burg und der Zwiebelkirchturm von Hohenberg in den Himmel. Bei dem Namen waren wir nicht traurig, dass der neue Radweg den höchsten Punkt der Stadt im Bogen umrundet.
Obwohl Hohenberg immerhin die letzte deutsche Stadt ist.
Auf dem anderen Ufer (hinten links) beginnt schon Tschechien.

Die Grenze folgt nicht haargenau der Eger, sondern wurschtelt sich irgendwie in Flussnähe durch - anscheinend ist ihr die Eger zu klein für einen richtigen Grenzfluss.  Auf diesem Foto zum Beispiel beginnt Tschechien laut Karte schon vor dem Fluss, gleich hinter dem Pavillon mit der 

Quelle Nr. 6: Carolinenquelle

Diese Quelle ist noch deutsch, was man daran erkennt, dass sie nach einer bayrischen Königin benannt wurde.
Viele hundert Meter tiefer befindet sich Glimmerschiefer und Marmor (nicht im Bild). Der Marmor stattet das Wasser mit Calcium und Magnesium aus, und aus noch tieferen Klüften steigt Kohlensäure hoch. Das Ergebnis plätschert schließlich ans Tageslicht - ein "eisenhaltiger Säuerling". Dafür, dass das Wasser hart und sauer ist, schmeckt es ganz gut, wozu der Sprudel beiträgt. Das Wasser hat 2638 Milligramm Kohlensäure pro Kilo, das ist mehr als das Doppelte vom Minimum (1000 mg). Schon seit 1600 kannten die Menschen diese heilsame Quelle, und lange wurde in Hohenberg Trinkwasser abgefüllt. Aber das rechnet sich schon lange nicht mehr, und so sind heute sogar die Trinkbecher gratis.
Noch.
Aber gleich kommen wir in ein Land, in dem die Trinkbecherpreise nach oben schießen.

Als die Eger-Grenze zieht ihre letzten Schörkel durch einen hellen Sumpf und überquert den Radweg. Woran erkennt man das? In Tschechien steht neben dem üblichen ovalen Schild noch so ein seltsamer Obelisk mit Reliefs. Auf deutscher Seite steht wie immer recht wenig. Genau auf der Grenzlinie stehen ein paar Grenzsteine im Sumpf und die granitenen, etwa kniehohen Buchstaben
EU
Die Skulpturen sind ein Überrest der einzigen grenzüberschreitenden Landesgartenschau, die mal hier stattgefunden hat.

Das heißt, hier müsste auch irgendwo der Iron Curtain Trail sein, oder? Wo genau, da scheiden sich die Geister: Laut Bikeline nimmt er diesen komplett schnurgeraden Radweg über die Hügel, der bloß einmal kurz Eger und Egerradweg kreuzt. Wegweiser und App dagegen zeigen auf eine viel verschnörkeltere Route, die eine ganze Weile auf dem Eger-Radweg verläuft und dann sogar noch in die nahe Kurstadt Františkovy Lázně.

Die Eger heißt ab hier Ohře, und ich weiß gar nicht, welchen Namen ich lieber benutze - ehrlich gesagt finde ich beide nicht besonders klangvoll. Der Radweg heißt jetzt Cyklostezka Ohře (ausgeschildert mit der Nr. 6) und der kleine Rest vom Fichtelgebirge heißt Smrčiny.
Auf jeden Fall empfängt Tschechien die Ohře erstmal auf traditionell tschechische Weise mit einem Stausee, der vodní nadrž Skalka. Auf den ersten Metern hat sie noch einen Radweg mit blühenden Bäumen und Kirchenblick, aber größtenteils geht es die Straße hoch, ohne dass etwas von der Burgruine zu sehen wäre. Schade.

Das letzte Stück macht das wieder ein bisschen wett, denn jetzt ging es durch einen urigen Wald wieder abwärts.

Am Ziel angekommen bestiegen wir erst einmal einen Aussichtsturm, um uns einen Überblick zu verschaffen.

Auch dieses Gebiet gehörte noch zum Sudetenland, in dem mal eine deutschsprachige Minderheit in Tschechien lebte. Kein Wunder, dass die Städte alle mal einen deutschen Namen hatten. Cheb hieß einfach nur Eger, und ich weiß gar nicht, welchen Namen ich lieber benutze - ehrlich gesagt finde ich beide... naja, siehe oben.
Meinen Begleiter interessierte das Retromuseum zur Tschechoslowakischen Kommunistischen Republik, aber die Museen waren ebenso wie die Burg Cheb schon geschlossen, und morgen war Ruhetag. Wir sahen also nur im Vorbeifahren, wie die schwarzbraune Burg in der Flussschleife aufragte, und machten uns gleich auf den Weg ins Zentrum.

Der Marktplatz von Cheb ist richtig, richtig lang. Nach oben wird er immer schmaler, aber vorne erkennt man gar nicht, wie breit er wirklich ist - das auf dem Foto ist nur die Hälfte. Denn mittendrin wird er nochmal unterteilt vom Wahrzeichen der Stadt, dem Špalíček a.k.a. Stöckl (hinten links). Das ist im Prinzip ein Hafen aus elf mittelalterlichen Kaufmannshäusern aus Fachwerk, die ganz eng aneinanderkleben und nur Platz lassen für eine 160 Zentimeter schmale Gasse. Auch andere Städte in der Region scheinen so ein Stöckl zu haben, aber der von Cheb ist besonders groß und gut erhalten. Auf jeden Fall mal eine schöne Abwechslung zum normalen tschechischen Marktplatz, die ich bisher noch nicht kannte.

Wir übernachteten in einer Papierfabrik, die zugleich einen Schreibwarenhandel und ein Café enthält. In dem sollten wir einchecken und schonmal aus drei pauschalen Frühstückspaketen auswählen. (Wie nicht anders zu erwarten, war dermaßen viel Wurst, Käse und Majka-Fleischpastete dabei, dass es locker für ein Lunchpaket reichte.)

Die deutsche Geschichte erklärt jedenfalls, warum auf einer Hauswand alle Nachkommen des Namens Schlick aufgemalt waren, einer von ihnen wurde sogar Reichskanzler.
Dennoch steht im Reiseführer zur Geschichte Chebs absolut gar nichts, und auch die Papierfabrik scheint darauf hinzudeuten, dass das hier bei aller böhmischen Schönheit doch eher ein funktionales Zentrum der Region darstellt. Denn eigentlich ist der Karlovarský kraj (Karlsbader Region), in dem wir uns jetzt befinden, für etwas ganz anderes bekannt.

Und das wird sogar schon in Cheb angedeutet. Es gibt hier einen eigenen Laden für eine der tschechischen Süßigkeiten schlechthin, die Karlsbader Oblaten. Eine supergroße, aber dünne Waffel: Was auf den ersten Blick unpraktisch klingt, ist eigentlich genial: Ich werde gezwungen, das knusprige zuckrige Ding in aller Ruhe auszukosten, gieriges Runterschlingen wird stark ausgebremst. Dass die neuerdings auch eine Version verkaufen, wo viele dieser Oblaten in handgerechten Stücken übereinanderliegen, wie bei so Standardwaffeln, läuft diesem Gedanken natürlich absolut zuwider.
Auch das Konzept, die Dinger einzeln in einer Serviette zu verkaufen, grenzt eher an Touristenabzocke - der einzige Mehrwert besteht darin, dass die Dinger durch eine Metallplatte ganz leicht angewärmt wurden, was sich auf den Geschmack nicht weiter auswirkt.

Da bleibe ich lieber bei der klassischen Oblate aus der Pappschachtel, wie es sie überall in Tschechien gibt.
Aber morgen sehen wir, wo sie herkommt.

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