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Noch mehr Radreisen

07 Mai 2022

Eiserner Vorhang: Von Heringen nach Vacha

Die Werragrenze V

Länge: 15 km
Grenzquerungen: 1
Bundesländer: Hessen/Thüringen
Seite: Ost, außer am Anfang
Erkenntnis: Die DDR schleift gründlicher als alles, was im Baumarkt erhältlich ist.

Sogar dem Iron Curtain Trail ist die Werragrenze zu bekloppt. Egal, wie viele Ehrenrunden der Eiserne Vorhang durch die Hügel dreht, die Radroute verläuft unten im Tal, zusammen mit dem Fluss, den Straßen, Gleisen und dem gesunden Menschenverstand. 
Es gibt nur eine Ausnahme: Die letzte Schleife der Werragrenze macht der Radweg mit. Also, zumindest so ungefähr. Das ergibt auch Sinn, denn dieser Weg ist echt gut ausgebaut. Natürlich ist es da steiler als an der Werra, aber mal ehrlich: Wer es flach will, hat sich den falschen Radfernweg ausgesucht (aber den richtigen Blog, wie dieser Witz beweist).
Hinter Heringens Hinterhöfen geht es einen Bach hinauf bis nach Thüringen und weiter durch offenes Hügelland. Wow, so viel... Aussicht. Und so viel Gras.

Zwischendurch verschluckte mich der Wald und schubste mich wenige Minuten später auf der anderen Seite wieder aus. Jetzt gehts bergab!
Selbst für den Iron Curtain Trail ist diese Strecke erstaunlich leer. Das hat einen Grund, den die grasige grüne Leere nicht preisgibt. Nur eine vergilbte Tafel erzählt die Geschichte vom Heiligenroda, einem seit über 800 Jahren vom Pech verfolgten Dorf - vom Kaiser ans Kloster Hersfeld verschenkt und weiter ans Kloster in Phillipshal verkauft, von Napoleons Truppen beim Rückzug abgefackelt, komplett an einen Berliner Akademiker verkauft, der den Gutshof runtergewirtschaftet hat und in der Weltwirtschaftskrise pleiteging, an ein anderes Ehepaar versteigert, das gleich darauf von den Sowjets enteignet wurde. Die haben den Gutshof in fünf Bauernstellen aufgeteilt, nur um das Dorf dann doch für eine "sichere Grenze" zu schleifen.
Wieder mal ist ein geschleiftes Dorf in der Karte eingezeichnet, so als könnte man sich da irgendwas ansehen. Ich weiß auch nicht, mit was für riesigen Bulldozern, Abrissbirnen oder Schleifgeräten die DDR hier zugange war, aber fest steht, sie hat absolut nichts Sichtbares hinterlassen. Es sei denn, Heiligenroda bestand zufällig aus Kuhmist, dann hat die DDR einen ziemlich großen Haufen Mist hinterlassen. Wobei, das hat sie ja sowieso.
Die heutigen Einwohner von Heiligenroda äußerten sich zu dieser Frage folgendermaßen: "Muh!"

Die Grenze verläuft im Wald (links im Bild), wo sich zwei weitere geschliffene Dörfer befanden.

Es folgt noch ein kurzes Stück Werra von Vacha nach Philippsthal. Dann beginnt ein besonders schöner Abschnitt des Grünen Bands.

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