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Flüsse

Noch mehr Radreisen

10 November 2019

Harz: Von Bad Sachsa nach Herzberg

Harz IX: Der Süden

Diese Strecke sind wir eigentlich in die entgegengesetzte Richtung gefahren, damit wir Gegenwind haben, ich beschreibe sie aber trotzdem in derselben Fahrtrichtung wie alle Harzetappen.

Auf dieser Straße überquerten wir eine Hügelkette. Noch befanden wir uns auf dem regulären Harzrundweg.

Am Glasmuseum von Steina gerieten wir dann auf abenteuerliche Irrwege. Wobei der Unterschied zwischen dem regulären Harzrundweg und abenteuerlichen Irrwegen auf dieser Etappe auch nicht so irrsinnig groß ist.

Hurra, mal wieder ein Radweg! Mist, schon zu Ende. Verdammt, wie kommen wir jetzt auf die Straße zurück? Dann schieben wir halt durch den Graben.

Die folgenden Kilometer waren anstrengend. Sie boten allerdings auch einige schöne Ausblicke.
Wir irrten auf und ab, die Autobahn im Blick, mal auf Radwegen, aber meist auf größeren Straßen.
 
In Barbis schoben wir die Räder an der gesperrten Brücke am DämonenDomänenweg vorbei. Nach wenigen Sekunden erkannte ich: Hier war ich schon mal. Damals stieg ich am Bahnhof Barbis aus, um die Stadt Bad Lauterberg im Harz zu erkunden. Allerdings sagte mir Google Maps, bis nach Bad Lauterberg wäre es noch über eine Stunde Fußmarsch.
Bei den meisten Harzstädten kann man relativ eindeutig sagen, ob sie im oder nur am Harz liegen. Bad Lauterberg kann sich da aber nicht so richtig entscheiden und liegt so halb im Harz. Der Vorort Barbis mit dem Bahnhof liegt noch außerhalb der Berge, das Zentrum jedoch verbirgt sich schon in einem Tal, wo keine Bahn mehr hinfährt.

Nur meine alte Karte behauptet steif und fest, ein abzweigendes Bahngleis würde bis ins Ortszentrum im Tal fahren. Diese Bahnstrecke sieht inzwischen so aus.

Bei meinem ersten Ausflug nach Lauterberg dachte ich mir: Na, dann geh ich mal los. Oh, und Google schlägt eine Alternativstrecke vor, an irgendeiner blauen Linie, also einem Bach, das ist sicher schöner als an der großen Hauptstraße. Was soll ich sagen: Es war schöner. Wesentlich schöner. Der sogenannte Philosophenweg ist eigentlich sogar das Beste an Lauterberg. Das Flüsschen Oder, das Radfahrern den Weg abschneidet, zeigt sich für Wanderer von einer freundlicheren Seite.

Für Radfahrer ist der Philosophenweg allerdings nicht geeignet. Bei unserer Radtour sind wir also auf dem gepflasterten Radweg an der Hauptstraße entlanggesaust. Huhu, Autobahn! (Das ist nicht das letzte Mal, dass wir uns sehen!)

Und das ist das Zentrum von Bad Lauterberg. Es kuschelt sich in grüne Berge, welche aus Vulkanen entstanden sind. Zum Bergbau sind die nicht so geeignet.

Deshalb ist Lauterberg schon lange eine Kurstadt, also gibt es logischerweise einen Kurpark mit Fontänen, Statuen, Bänken und Büschen.

Ganz hinten im Tal liegt das Schwimmbad Vitamar. Dieses Bad möchte nicht überfüllt sein und wünscht daher keine Berichterstattung, die zu große Publicity bringt. Aber da dieser Blog ja nun nicht von soo vielen Menschen gelesen wird, schreibe ich hier trotzdem einfach mal: Dort gibt es die beste Wasserrutsche im Harz und eine der stärksten Wellenmaschinen Deutschlands.

Hier verabschieden wir uns wieder von der Oder. Ein paar Kilometer weiter wird sie von einem grasgrünen Wall gestaut. Dieser moderne Stausee erinnert an den Sösestausee. Viel interessanter ist der zweite Stausee weiter oben.
Der Oderteich stammt von 1715, da waren Stauseen gerade erst erfunden worden. Dafür ist er ziemlich raffiniert gebaut, zum Beispiel mit Steinsäulen, die gefährliche Eisschollen rechtzeitig zerschlagen sollen. Die Staumauer erinnert eher an eine Burgruine, aber sie hält immer noch und bietet obendrauf auch noch Platz für eine Bundesstraße. Der Teich ist von farbenfroher Heide umgeben und hat sogar einen Badestrand. Das Wasser schimmert rötlich, als wäre der Grund irgendwie verrostet.
Kurz dahinter entspringt die Oder im Bodebruch.

Die eigentümliche Geographie von Bad Lauterberg hat für Radler, die um den Harz herumwollen, leider gewisse Nachteile. Es führt zwar von Westen ein Radweg komfortabel in das Tal hinein, doch wenn man wieder hinaus und weiter nach Osten möchte, hat man die Wahl, zurückzufahren und die stark befahrene Hauptstraße zu nehmen - oder man überwindet einige Bergrücken auf matschigen Waldwegen. So ist das halt bei einer Radtour um ein Gebirge: Manchmal lässt es sich nicht vermeiden, auch in die Berge hineinzufahren. (Bei einer Tour um einen See hingegen ist es mir bislang noch nicht passiert, dass ich in den See hineinfahren musste.)

Okay, wir müssen also einen matschigen, steilen Waldweg aus Bad Lauterberg hinaus nehmen. An sich ja nicht so schlimm. Nur: Matschiger steiler Waldweg aus Bad Lauterberg ist nicht gleich matschiger steiler Waldweg aus Bad Lauterberg. Wir wählten die Abzweigung zum komplett falschen matschigen Waldweg.

Das wurde uns jedoch erst klar, als wir viel weiter oben waren und einer alten Bekannten begegneten: Der Autobahn. Der wir laut Karte eigentlich überhaupt nicht begegnen sollten. Und die laut Karte eigentlich auch erst in Planung und noch gar nicht fertiggestellt war. Wie alt ist diese Karte bitte?

Es war nicht der einzige Verfahrensfehler an diesem Tag, auch westlich von Barbis unterlief uns einer.
Dort führte der Radweg an der Oder (die nun über die Ruhme in die Leine fließt) entlang und wurde immer wilder und schmaler...

...und dann war auf einmal Ende Gelände. Meine veraltete Karte stellte diese Ecke irgendwie ganz anders dar, als sie war. Zum einen zeigte sie ein abzweigendes Bahngleis, das gar nicht existierte. Vor allem sollte es aber einen Radweg unter den Gleisen hindurch geben. Davon war nichts zu sehen.
Vor uns: Wasser. Rechts: Wasser. Links: Mehrere Bahngleise, im Hintergrund der Turm eines Stellwerks, aus dem uns jemand misstrauisch beäugte. Die Gleise illegal überqueren war also definitiv keine Option.

Notgedrungen quetschten wir uns unter dieser Brücke durch. Auf der anderen Seite fanden wir nach wenigen Metern den richtigen Radweg.

Ist denn der Harzrundweg gar nicht beschildert? Doch, mit einer Hexe auf einem Fahrrad, allerdings relativ lückenhaft - außer in Scharzfeld auf dieser verhexten Kreuzung, da ist es eher zu viel des Guten. Hier hängen gleich drei Hexenschilder, die alle in verschiedene Richtungen weisen. Danke.

Auf den drei Harzhügeln zwischen Scharzfeld und Barbis befinden sich drei besondere Sehenswürdigkeiten. Von der Straße ist es ein kurzer Fußmarsch auf die Hügel, wir haben aber alle drei Hügel zu einer längeren Wanderung verbunden. Zwischen den Hügeln führen Pfade aus raschelndem Laub auf und ab.

Scharzfelder Harzhügel Nr. 1 beinhaltet die Burgruine Scharzfels. Sie scheint tatsächlich direkt aus dem Felsen gewachsen zu sein. Leider war die große, breite Treppe nach oben gesperrt.

Scharzfelder Harzhügel Nr. 2 beinhaltet die Einhornhöhle. Dort fand man einst Tierschädel, welche angeblich Einhörnern gehören sollten - tatsächlich handelte es sich jedoch um eine Bärenart. Führungen durch die Tropfsteinhöhle wurden zur kühlen Jahreszeit gerade nicht angeboten.

Scharzfelder Harzhügel Nr. 3 beinhaltet die Steinkirche. Dieser Hügel ist springt direkt ins Auge, weil fast keine Bäume darauf wachsen. Sehr ungewöhnlich im Harz.


Aus dem Gras schauen nämlich große Felsgebilde heraus, auf denen kein Baum Halt findet. Die Felsen bilden hohe Wände, Spalten, Löcher und kleine Höhlen. Und hier konnten wir endlich nach Herzenslust Klettern und Erkunden, ganz egal, welche Jahreszeit herrschte.

Weiter hinten am Waldrand befindet sich eine besonders große Höhle, die irgendwann zu einer Kirche ausgebaut wurde. Das ist die eigentliche Steinkirche. Als Kirche wird sie offenbar schon länger nicht mehr genutzt. Nur ein Kreuz und eine Kerze weisen auf die religiöse Bedeutung hin.

Eine Weile folgten wir der Autobahn, unserem hartnäckigen Begleiter, dann überquerten wir sie.

Schnurgerade entfernte sich der Kiesweg von den Bergen und hielt auf das Gewerbegebiet von Herzberg am Harz zu.

09 November 2019

Harz: Von Niedersachswerfen nach Bad Sachsa

Harz VIII: Der Südosten

Niedersachsen ist das Ostseebad Binz vom Harz, zumindest was die Eisenbahn angeht. Es gibt zwei Gleise und zwei Bahnhöfe, die ein gutes Stück auseinanderliegen: Niedersachswerfen Ost für die Harzer Schmalspurbahn, Niedersachswerfen West für die normale Regionalbahn. Bei den Preisen der Schmalspurbahn haben wir uns lieber für den Extra-Kilometer zur normalen Regionalbahn entschieden. Für diese Strecke haben wir auf andere Weise bezahlt: Wir wurden patschnass.
Im Hintergrund wird der Gips ganz professionell in großen Stufen abgebaut.

So ein Örtchen wie Niedersachswerfen ist natürlich nicht das Ziel der beiden Bahnen. Die wollen noch eine Station weiter nach Nordhausen.
Dort kann man eine Stadtmauer auf Stahltreppen erklimmen, um oben herumzuspazieren.

In dieser Mauer liegt eine vielfältige und freundliche Stadt. Zwar ist Nordhausen längst nicht so groß wie Berlin, aber in einer Hinsicht kann diese Stadt absolut mit der Hauptstadt konkurrieren: Pfefferminzlikör. Denn das grüne Zeug, das zuverlässig Hemmungslosigkeit und Kopfschmerzen verursacht und auf den meisten Partys einfach "Pfeffi" genannt wird, wird hier hergestellt und ist der Spirituose namens Berliner Luft hinsichtlich des Konsums unter jungen Leuten eigentlich sogar überlegen.
Die Nordhäuser Brennereien überstanden sämtliche Erdbeben der Geschichte, ganz egal, ob Weltkriege, kommunistische Verstaatlichung, die Treuhandanstalt oder (das Schlimmste) wenn man keine Söhne kriegt und deswegen den Betrieb an den Schwiegersohn vererben muss. Alkohol wird einfach immer nachgefragt! Genau genommen sind Weltkriege oder die Treuhand ja sogar ein Grund, noch mehr zu trinken.

Vor der Kirche läuft ein Mönch herum.

Die hinteren Straßen der Altstadt bestehen aus Fachwerk und vielen Eisdielen.
Napoleon lieferte sich mit Preußen ein Katz-und-Mausspiel in den Straßen von Nordhausen. Die Franzosen schafften es zwar in die Stadt, aber nicht, die deutsche Armee richtig einzukreisen und auszuschalten, es blieb ihnen nur Frustplündern. Eine Art Unentschieden quasi, also außer für die Zivilisten.

Nordhausen hat außerdem einen großen Park mit alten Mauern, die unter Tonnen von Schlingpflanzen ächzen.

Und was verbirgt sich in diesem schicken Haus? Etwa ein Museum? Nein, eine Schwimmhalle - oder besser gesagt, ein Badehaus. Es wurde im Jahr 1907 gebaut, und im alten Teil des Gebäudes bekommt man heute noch einen Eindruck, wie die Vorfahren unserer Schwimmbäder vor hundert Jahren ausgesehen haben. Damals gab es rechteckige, warme Becken ohne eingezeichnete Schwimmerbahnen, dafür aber mit schöner Jugendstil-Architektur und einem plätschernden Brunnen. Ob die Whirlpools und Solarien neben dem Becken da 1907 auch schon standen, wage ich zu bezweifeln.

Weniger schick sind diese Ruinen an der Zorge.

Aber genau genommen liegen weder Nordhausen noch Niedersachswerfen liegen direkt am Harz. Was liegt denn dann direkt am Harz? Die Gemeinde Harztor, oder noch genauer genommen: Ilfeld.
Zunächst schien Ilfeld nur aus Einfamilienhäusern und Solaranlagen zu bestehen. Aber dann tauchte das auf, was wahrscheinlich mit Harztor gemeint ist: Vor dem Eingang ins Gebirge thront thront wie ein Wächter ein Hügel mit der Burgruine Ilfeld obendrauf (wieder nur ein paar verfallene Mauern).

Dies ist die einzige Stelle im Südharz, wo die Harzer Schmalspurbahn in die Berge eintaucht. Die Dampfloks sind so teuer, dass ich lieber ein paar Jahre gewartet habe, bis sie im 9-Euro-Ticket inkludiert sind. Dann stieg ich ein und stellte fest:
Das Harztor ist kein richtiges Tor.

Die Bahn taucht ganz allmählich ins Tal ein, sodass ich nicht wirklich sagen konnte, wo genau die Berge beginnen. Was aber egal ist, denn wow! Sobald die Bahn im engen Tal drinsteckt, wird die Fahrt großartig. Der erste Halt im Gebirge, Netzkater, liegt direkt neben einem Bergwerk namens Rabensteiner Stollen.
Nach einer Weile erreicht man dann den Umsteigebahnhof Eisfelder Talmühle und muss entscheiden, ob man Richtung Brocken/Sorge/Elend/Wernigerode oder Selketal/Quedlingburg weiterfährt.

Selbst Füchse gucken fasziniert zu und wollen mitfahren.

Die Nebenstraße wird schmaler und anstrengender. Sie zwängt sich durch Hügel und einen kleinen Wald hindurch. Dort haben wir einen Waldspaziergang eingeschoben.

Drei Wälder liegen an der südöstlichen Schwelle zum Harz. Der eine ist himmlisch schön, der andere höllisch gruselig, und der dritte ein wenig seltsam. Finde ich jedenfalls. Und ich bin sicher, dieser Eindruck liegt nicht nur am Wetter an den jeweiligen Tagen, als ich diese Wälder besucht habe.

Beginnen wir mit dem seltsamen Wald. Niemand scheint dort hinzugehen, außer ein paar Leuten, die unten im Tal irgendwann mal ein paar Bäume gefällt haben. Die Pfade sind zugewuchert, riesige Waldameisen und verdammt viele Spinnen krabbeln aus alten Baumstümpfen und am Waldrand schweben schwarze Wolken merkwürdiger großer Fliegen.
Wäre dies eine Fantasygeschichte, wären das beunruhigende Anzeichen, die zweifelsfrei auf ein paar sprechende Riesenspinnen in 500 Metern rechts schließen lassen. Aber in der Realität sieht so nun mal ein Wald aus, in dem sich wenige Menschen aufhalten.

Im Dorf Werna leben extrem viele exotische Papageien in einer möglicherweise zu engen Voliere.


Dann kommt die letzte Stadt Thüringens: Ellrich. Im Vergleich zu anderen Harzstädten wirkt Ellrich etwas schäbig. (Nein, das gilt nicht für alle Städte in Thüringen - haben Sie bei Nordhausen nicht aufgepasst?) Wohlgemerkt: Im Vergleich zu den anderen Harzstädten, das ist ja auch ein hoher Maßstab.
Außerdem sind die Ellricher nicht imstande, ein Schild aufzustellen, das in Richtung Bahnhof weist. Ob Feuerwehrmuseum oder Infozentrum, alles haben sie ausgeschildert, nur nicht den Bahnhof.

Die Kirche scheint zwar restauriert zu sein, aber das eine Ende wurde trotzdem als Steinhaufen liegengelassen und nur mit einem metallenen Schutzdach versehen. Vielleicht wollten die das aus historischen Gründen so lassen, damit die quasi ihre eigene Gedächtniskirche haben und mit Berlin konkurrieren können. Vielleicht dachten die aber auch nur, dass es so am besten zum Ortsbild passt.

Durch Ellrich fließt die Zorge. An ihrem Ufer kommen die große Straße und die Regionalbahn auf direktem Weg aus Nordhausen dazu. Diese Abkürzung haben wir nicht genommen - diese Etappe ist eh nur 23 Kilometer lang.

Wir sind einfach immer am knallgelben Rapsrand vom Harz geblieben, die grünen Gipfel stets im Blick.

Der höllische Wald erstreckt sich zwischen Walkenried und Ellrich. Den habe ich bereits auf einer Radtour auf dem Iron Curtain Trail durchquert, bei Gewitter, einbrechender Dunkelheit, auf immer schlechtereren Wegen (weil ich falsch abgebogen war), mit Wildschweinen und wachsender Panik, ob ich den letzten Zug noch schaffe.
Aber der Wald ist auch ganz unabhängig davon höllisch, denn er beinhaltet das komprimierte Grauen der deutschen Geschichte: Hier befanden sich auf demselben Gebiet die Außenstelle eines Konzentrationslagers und die Grenzanlagen der DDR. Von ersterem sind nur verfallene Grundmauern übrig, von letzterem gar nichts. Selbst die wunderschönen Gipsklippen wurden Teil dieses Grauens: Die Häftlinge der Nazis mussten den Gips abbauen.

Bei schönem Wetter sieht der höllische Wald trotz seiner Vergangenheit sicher netter aus. Dennoch hatte ich keinerlei Lust auf ein Wiedersehen, also nahmen wir den direkten Weg auf der Straße durch Rapsfelder. Mittendrin überquerten wir die Grenze von Thüringen nach Niedersachsen, zu erkennen wie üblich am braunen Schild ("Hier waren Deutschland und Europa geteilt bis zum...").

Hinter dem höllischen Wald liegt das kleine, feine WaldenriedWalkenried, wo wir auf unseren Harzreisen aus irgendeinem Grund immer wieder durchkommen. Der Ortskern besteht im Prinzip nur aus einem kleinen Straßenkreis. Stadtmauer und Stadttor wurden aus Platzgründen direkt in die Fachwerkhäuser integriert.

Im Zisterzienserkloster von Walkenried lebten fischsüchtige Mönche. Die noch existierenden Mauern sind hoch genug, um sich vorzustellen, wie die Klosterkirche einst aussah.

Am südlichen Rand vom Harz steuert die kleine rote Regionalbahn eine Kette kleiner Bahnhöfe mit geradezu winzigen Bahnhofsgebäuden an, wie zum Beispiel das in Walkenried. ("Liebe Gäste, dieser Fahrkartenschalter ist seit 2017 geschlossen, weil hier eh keine Sau vorbeikommt. Vielen Dank für Ihr Verständnis.") Dorthin hat es uns nun schon mehrmals verschlagen, denn hier befindet sich laut Internet der günstigste Punkt, um von der Bahn in einen Bus umzusteigen, der in den Harz hineinfährt. Heißt: Die Umsteigezeit beträgt nur 45 Minuten. Toll!

An Walkenried fließt ein Bach namens Wieda vorbei. Als wir einmal zu früh abbogen, entdeckten wir einen schönen Spazierweg an ihrem Ufer. Er wurde nach irgendeinem Professor oder Forstmeister benannt, dessen Name mir allerdings entfallen ist.

Der himmlische Wald erstreckt sich zwischen Bad Sachsa und Walkenried und ist voller grünblauer Teiche, die wir umfahren mussten. Dabei entschieden wir uns, nicht den direkten Weg zu nehmen, sondern mehr vom Wald zu erkunden. Zum Glück! Das war der schönste Teil dieser Radtour. Um die Pfade leuchtete es hellgrün und frühlingshaft, und dazu waren die Wege gut befahrbar. Hier leben viele Baby-Nacktschnecken.

Einer der Teiche heißt Priorteich. Das verrät uns, wer die Dinger ausgebuddelt hat: Mönche. Angeblich legten sie 365 Fischteiche an, um jeden Tag Fisch zu essen (außer an Schaltjahren). Fisch hatte für den Prior des Klosters ganz klar Priorität.

In diesem Wald entdeckten wir die Burgruine Sachsenstein. Es handelt sich um die Art Ruine, bei der nicht überall zu erkennen ist, ob das jetzt ein Felsen ist oder eine sehr stark verwitterte Mauer. Kaiser Heinrich IV. ließ solche wehrhaften Burgen bauen und setzte Ministeriale da rein, um den Harz zu kontrollieren. Klappte aber nicht so richtig, und nach ein paar Aufständen musste er sich zum Rückbau der Burgen verpflichten (oder wie man damals etwas dramatischer sagte: die Burgen schleifen).

Die Form des Turms ist immerhin noch erahnen, und sogar ein paar dekorative Muster sind an der Innenseite eingeritzt. Die Feuerstelle in der Mitte ist neueren Ursprungs.
Zum Glück haben wir den Abstecher zur Burg gemacht, sonst hätten wir was verpasst! Und damit meine ich jetzt nicht die Burg.

Denn hier oben entdeckten wir die beste Harzer Gipskarstlandschaft. Sie strahlt in einem hellen Weiß, von dem die Questenberger Klippen nur träumen können. Mittendurch fährt die Bahn. Auch aus dem Bahnfenster ist die Aussicht klasse, aber hier oben zeigte der Gips nochmal viele neue Blickwinkel. Weil ein Grundwasserstrom direkt unter der Erde fließt und am Gips herumlutscht, senkt sich der Boden bis zu 18 Zentimeter im Jahr ab. Die Schienen müssen regelmäßig erneuert werden.
Die graue Klippe gegenüber konnten wir nur über die Gleise hinweg bewundern.

Auf unserer Seite hingegen konnten wir sogar am Rand der Klippe entlangspazieren und den herrlichen Blick über einen Teich und Bad Sachsa genießen.
Der Gips strahlt in der Sonne so weiß wie die Kreidefelsen auf Rügen. Aus der Nähe sieht er körnig und bröselig aus, ist aber überraschend fest. Wäre ja auch mehr als beunruhigend, wenn jederzeit was abbrechen könnte und da weder eine Absperrung noch ein Schild steht.

Dieser tolle Kletterbaum an der Klippe dürfte für Kinder ein Traum, für Eltern hingegen ein Albtraum sein. Dabei besteht doch kein Grund zur Sorge, falls ein Kind in den Abgrund stürzen sollte: Vor Ort gibt's Gips für alle gebrochenen Körperteile.

Um den Wald in Richtung Bad Sachsa zu verlassen, mussten wir einen Schlenker nach Norden machen, über einen Bach namens Uffe.


Die Hauptstraße von Bad Sachsa kuschelt sich halb in ein Tal (allerdings längst nicht so tief wie die ganz spezielle Stadt, die im Mittelpunkt der letzten Etappe steht).